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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 9.1858

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https://doi.org/10.11588/diglit.1202#0084
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67

einer Zeit und unter Verhältnissen aufgekommen zu sein
scheine, in denen man für die ursprüngliche Bedeutung keine
Anschauung gehabt habe. Vor Allem wichtig ist eine Stelle
im Anfang der Bücher des Propheten Ezechiel und die
Uebersetzung derselben. Der Prophet erzählt (I, 4) von
einer Vision, einer großen Wolke voll Feuers und Glanzes:
„und aus der Mitte, nämlich aus der Mitte desselbigen
Feuers, leuchtete es wie eine Art von Ha schmal, und
in dessen Mitte war es gleich vier Thieren", deren wunder-
same Erscheinung dann näher geschildert wird. Das Wort
Haschmal aber, das die hebräische Sprache nicht weiter
kennt, giebt die im dritten Jahrhundert v. Ehr. gefertigte
griechische Uebersetzung der Septuaginta durch Elektron;
ebenso die lateinische Uebersetzung der Vulgata im vierten
Jahrhundert n. Ehr., deren Urheber der h. Hieronymus,
der die Lande des fernen Ostens und ihre Sitte aus eigner
Anschauung kannte, in seinem Commentar hinzufügt, daß
Lleetrmn kostbarer sei als Gold und Silber. Also ein
Bild mit wundersamen Thieren in Mitten des Feuers, ein
leuchtend enkaustisches Bild, der Schilderung eines Mannes
angehörig, der sich (im sechsten Jahrhundert) unter den
Gefangenen des babylonischen Landes befand und von dem,
was er dort sah und kennen lernte, Bilder und Gleichnisse
entnahm; zugleich durch ein Wort bezeichnet, welches seiner
Sprache fremd war, somit ohne Zweifel den altasiatischen
Namen solcher Bildgattung enthält und davon in der That
das im Mittelalter anderweit übliche Linaltuni (Lsinail,
Schmelz) abzuleiten sein mag; (während die Ableitung von
dem plinianischen einer Art Kitt, welche Hr. de
Laborde verficht, sachlich ungleich weniger begründet scheint).
Dann verschiedene Stellen griechischer Dichter, die zum
Theil ebenso auf den orientalischen Ursprung des Elektron
deuten und bei denen, wie Hr. Labarte nachweist, so wenig
an Bernstein, wie an jenes angebliche Mischmetall zu denken
ist. So das aus Sardes kommende Elektron bei Sophokles
(Antigone, 1038); in der Odyssee die orientalische Pracht-
ausstattung der Wohnung des Menelaos mit Gold und
Elektron, Silber und Elfenbein (IV, 73); ein mit Elektron
besetztes Goldgeschmeide, welches Phönicier bringen (XV,
460); ein andres Geschmeide derselben Art, welches wie
die Sonne glänzt (XVIII, 295); eine ähnliche Anwendung
des Elektron auf dem Schilde des Herakles bei Hesiod
(142) u. s. w. Ebenso, noch in römischer Zeit, ein Paar
Stellen der Aene'ide (402 und 624), von denen dasselbe
gilt und die zugleich die enkaustische Natur des Lleeti-nin
bestimmt bezeichnen.
Es ist sonach mit Zuversicht anzunehmen, daß die
Emailmalerei schon frühzeitig einen Gegenstand des orien-
talischen Kunstlurus ausmachte, ebenso wie sie später (und
überall im Verfahren der knuanx eloisonnes) bei Persern,
Indern, Chinesen mit höchstem technischen Geschick geübt
wurde. Den Griechen erscheint das Email als ein kost-
barer Handelsartikel zugeführt; ob sie selbst sich in der
Technik versucht, muß einstweilen wenigstens zweifelhaft
bleiben. Hr. Labarte bemerkt sehr richtig, daß das Ver-
fahren, in seiner handwerklich beschränkten Beschaffenheit,
zu der hohen Freiheit, deren Entfaltung die griechische Kunst
erstrebte, jedenfalls zu wenig gestimmt habe. Einige er-

haltene Schmuck- und Kunstgegenstände griechischer Art zeigen
eine ähnlich unzureichende Nachahmung der Lmanx eloi-
80NN68 wie jene ägyptischen Schmuckstücke in der Samm-
lung des Louvre. Gleichwohl fehlt es nicht gänzlich an An-
deutungen, die der Vermuthung Raum geben, daß es bei
den Griechen gelegentlich doch zur Anwendung dieser Technik
gekommen sei. Der Verfasser gedenkt einer Stelle des
Codinus über eine große silberne, mit Emailschmuck ver-
sehene Statue des Menander, welche sich in Constantinopel
befand, und welche Kaiser Marcian habe einschmelzen lassen;
er bemerkt, daß Codinus, ein einfacher Compilator, hierin
ohne Zweifel den Bericht eines Augenzeugen wiederhole.
Dabei darf in Frage kommen, ob nicht überhaupt die chrys-
elephantine Kunst der Griechen in einzelnen Fällen mit
Emailausstattung verbunden gewesen sei. Bei dem Schmuck
der Goldgewänder derartiger Statuen, z. B. den Thierbil-
dern und den Blumen auf dem Gewände des olympischen
Zeus, ist dies immerhin nicht unmöglich; die etwas räth-
selhafte Ausstattung seines Scepters könnte dadurch eine sehr
zutreffende Erklärung erhalten.. Doch soll dies eben nur
eine leise Vermuthung sein. Im Wesentlichen blieb das
Email der griechischen Kunstübung ohne Zweifel fremd, und
später verschwand es im Bewußtsein der antiken Kunst ge-
wiß völlig. Die Reminiscenz, die sich bei Virgil findet,
mag schon auf dichterischer Nachahmung beruhen.
Im Orient dagegen blieb diese Kunsttechnik, wie eben
angedeutet, in steter Hebung. Zur historischen Kritik der-
artig jüngerer Arbeiten, zur Feststellung und Scheidung der
Epochen, denen sie angehören, bringt Hr. Labarte einst-
weilen nichts bei. Doch hat er schon in der Einleitung
seines früheren Werkes, bei Besprechung der orientalischen
Emaillen, jenes ansehnlichen Gefäßes gedacht, welches sich
auf der Pariser Bibliothek befindet und außer anderm Email-
schmuck in der Mitte das Bildniß des Perserköniges Khosru
Nuschirwan enthält, womit für die sehr beachtenswerthe
Durchbildung dieser Technik in der persischen Kunst des
sechsten Jahrhunderts ein gewichtiges Zeugniß gegeben zn
sein scheint.
Mit der neuen Ausprägung des Orientalismus in
Byzanz und der byzantinischen Kunst kommt das Email auch
hier wiederum zur Anwendung, als kostbarster, vorzüglich
geschätzter Schmuckgegenstand. Hr. Labarte legt die Ver-
hältnisse auf Grund einer sehr sorglichen Durchforschung
der geschichtlichen Quellen dar. Die Erwähnung desselben
beginnt mit dem sechsten Jahrhundert, was eben so sehr mit
der allgemeinen Entwicklungsgeschichte der byzantinischen
Kunst wie mit der Epoche des eben angeführten Werkes
persischer Kunst, deren Meister in diesem Fache ohne Zweifel
die Lehrer der Byzantiner waren, übereinstimmt. Die erste Er-
wähnung findet sich unter Kaiser Justin I., andre unter Justi-
nian. Der Altar der Sophienkirche erscheint als ein überaus
prunkvolles Werk der Goldschmiedekunst, dem auch die Email-
len nicht fehlen; wenn die wenigen Verse, welche Paulus
Silentiarius in seiner dichterischen Beschreibung der So-
phienkirche dem Altartische selbst widmet, hierüber nichts
Näheres enthalten, so ergiebt sich die Thatsache aus späteren
Aeußerungen doch als völlig sicher. Andre Werke, die aus
der Zeit Justinian's erwähnt werden, haben denselben
 
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