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Deutsches Kunstblatt: Literaturblatt des Deutschen Kunstblattes — 1.1854

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https://doi.org/10.11588/diglit.1203#0062
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sirt, welches sich denn mit den sonst mit so treffendem, oft derbem
Realismus geschilverten Personen und Zuständen nicht recht in Ein-
klang bringen lasse. Man irrt darin. Denn erstens ist die höhere
Richtung in beiden Charakteren hinlänglich motivirt, bei Helene durch
eine seine Erziehung und den schon erwähnten Einfluß des Lebens
neben einer geprüften und mit Würde leidenden Mutter, bei Oswald
durch seine ungewöhnlichen Geistesgaben und durch die Erziehung
in einem gräflichen Hause, welche ihn ohne ein widriges Schicksal
vielleicht auf eine wissenschaftliche Laufbahn geführt hätte. — So-
dann aber wolle man nicht vergessen, daß unendlich mehr Idealität
in der gewöhnlichen Welt oft da herum läuft, wo man es am we-
nigsten erwartet. Dankt es dem Dichter doch, wenn er sie Euch
aufdeckt. Fragt nur die Maler, von welcher Straße sie oft die
idealen Formen zu ihren Figuren, die natürlichen, unbewußt schönen
Bewegungen hernehmen. Und sollte das anders sein mit den For-
men und der Anmuth des Geistes? Woher kämen dann u. a. die
vielen Männer, deren Namen Ihr mit Achttmg nennt, deren Ur-
sprung aber in den Lehmhütten der Bauern oder nahe bei den
Werktischen der Handwerker gu suchen ist. — Aber niemals in die-
sem Romane finden wir die Idealität, sei es überhaupt oder sei es
in zu starkem Maaße, da, wo die einmal hingestellten Charaktere sie
ihrer Natur nach nicht zu produziren im Stande gewesen sein wür-
den. So oft in solchem Falle diese oder jene Situation zur idealen
Gestaltung der Dinge einladet, so oft sie auffordert, es „roman-
haft", wie man sich wohl auszudrücken pflegt, geschehen zu lassen,
zeigt uns der Dichter, daß es eben nach der Natur der handelnden
Personen gerade anders, prosaisch, wie man's nennt, hergehen müsse
und legt dabei den sichersten psychologischen Blick an den Tag.

Dergleichen Tiefblicke in die menschliche Seele finden^sich unzählige
auf die natürlichste und ungezwungenste Weise eingeflochten, oft mit
frappirender Kürze in nur wenigen Zeilen gegeben, so daß man
überrascht das Buch sinken läßt, um sich in dergleichen noch tiefer
hineinzudenken oder es bei sich zu wiederholen. Wir verhehlen
nicht, daß auch andere Stellen kommen, wo man von der Dar-
stellung sich keineswegs befriedigt erklären kann, wo man z. B.
sagen möchte, dieser Zug oder diese Ausdrücke gehören auf's
Theater. — Gehören? — Nein, gehören würden sie auch dorthin
nicht; wir würden sie auch dort, wo wir ebensowohl poetische
Wahrheit fordern, für eitel theatralisch schelten. Sie gehören nicht
dahin, aber sie kommen trotzdem daher. Doch verschwindet der-
gleichen sehr gegen die Fülle des Lebenswahren, des Warmen und
Poetischen, welches in Stoff und Darstellung enthalten ist und es
kommt uns nicht in den Sinn, wo wir dankbar genossen haben an
kleinen Mängeln zu haften, über welche der Verfasser selber uns
so leicht hinweggetragen hat.

Heilung.

ffofÜlt. Wir machen auf einen in Nr. 20 des „Central-Organs für
deutsche Bühnen" enthaltenen Aufsatz vom Redakteur Edmund Zoller aufmerk-
sam, welcher das Recht des Dichters gegenüber dem Bühnenmechanismus in
Schutz nimmt und als vermittelnde Instanz zwischen den beiden Faktoren die
Anstellung von Dramaturgen dringend empfiehlt. Daß diese nicht so überflüssig
sind, wie man gewöhnlich glaubt, daß sie es nur etwa da waren, wo ihre
Stellung eine verkehrte war, verspricht Hr. Z. in einem nächsten Artikel nach-
zuweisen.

Aufruf.

An die Freunde und Verehrer des Dichters August, Grafen v. Platen, im deutschen Vaterland.

Ungeachtet der Ungunst der Zeit ist die Angelegenheit des Platen-Monuments schon sehr weit vorgeschritten und es kann an-
genommen werden, daß bereits die Hälfte des Kostenbettags durch die Munificenz Sr. Maj. des Königs Ludwig von Bayern, dann
durch die Bereitwilligkeit des Local-Comites in Ansbach, die Kosten für den Bau des Postaments der Statue ganz zu übernehmen, so
wie durch die vom Hanpt-Comito in München gesammelten freiwilligen Beiträge der Platenfreunde, welche größtentheils bei der hiesigen
Bank schon verzinslich angelegt und die diesfallsigen Schuldbriefe in der Depositenkasse des Magistrats in Ansbach hinterlegt sind, —
als gedeckt erscheine.

Bei diesem Sachverhältniß sehen wir uns veranlaßt, sämmtliche für diesen Behuf gebildeten Lokalvereine der Platenfreunde
(so wie Einzelne, welche noch sich zu betheiligen Lust tragen) ergebenst zu bitten, ihr Geschäft in thunlicher Bälde zum Abschluß zu
bringen und die Ergebnisse anher zu übersenden und fügen nur bei, daß, obgleich der Plan des Monuments selbst noch nicht endgültig
festgestellt und beschlossen ist, doch alle Theilnehmer unseres Vereins darüber vollkommen beruhigt fein können, daß unter den huldvollen
Auspizien unserer kunstliebenden Könige Ludwig I. und Max H. K. Majestäten ein (jedenfalls ans einer bronzenen Kolossalstatue des
Dichters bestehendes) Platen's würdiges und seiner Vaterstadt zur hohen Zierde gereichendes Denkmal hervorgehen werde.

München, 16. Mai 1854.

Das Haupt-Comitv

für Errichtung eines Monuments für August Grafen v. Platen in Ansbach.

Dr. Nathanael v. Schlichtegroll, Johann Halbig,

k. bayer. Hofrath, als I. Vorstand. k. Professor, als II. Vorstand.

Im Verlage von Heinrich Schindler erschien so eben:

Ein Redekampf in Florenz.

Dramatisches Gedicht in 4 Aufzügen

von

Lcviil Schücking.

Min.-Format. Eleg. geh. Preis 20 Sgr., gebunden mit Goldschnitt 1 Thlr.

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Verlag von Heinrich Schindler in Berlin. — Druck von Tromihsch und Sohn in Berlin.
 
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