SEINE VIELSEITIGE THATIGKEIT.
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andern Chrihusdarhcllungen dicscr Art, weshalb sogar das Blatt als unächt be-
trachtet wurde, crschcint der Erlöser hier: nicht als Mann der Schmerzen, Mit-
leid erregend, sondern als triumphircnder Gott, dem man Verehrung zollen muss.
Unter den Ilolzschnitten ragt namentlich die anmuthige heilige Familie von
1526 hervor, dann aber vor Allem das berühmte Bildniss des Ulrich Varnbüler
(1522), dessen grosse Auffassung mit hinreissender Macht den Beschaucr fesselt.
Viele Holzschnitte, auf die wir nicht näher eingehen können, Enden hch in seinen
weiter unten zu erwähnenden Schriften.
Von der nicderländischen Reise slammen ferner eine Menge Zeichnungen;
doch ist auch noch aus späterer Zeit allerlei von ihm erhalten, besonders meisler-
hafte Bildnissc; in der Ambraser Sammlung befindet lieh die eolorirte Zeichnung
eines Traumes, den er i. J. 1323 in der Nacht vom 30. zum 31. Mai gehabt, und
den er für eine Prophezeiung hielt: Grosse Wassermassen, die lieh auf die Erde
slürzen.
Aber unser Künsller war nicht blos Maler, Zeichner und Kupferstecher, er
war auch Bildhauer, wenngleich er ohne Zweifel diese Kunst nur nebenher be-
trieb. Dass er he aber geübt, darüber haben wir sein eigenes Zeugniss, indem
er sleh in einem Briefe an Spalatin vom Jahre 1320 bereit erklärt, aus Hirsch-
geweihen zwei Leuchter zu verfertigen. Auch schenkte er in Antwerpen dem
Factor von Portugal ein nkleines, geschnittenes Kindlein«, was er vielleicht selbsl
gearbeitet hatte. Es werden noch heutzutage verschiedene Sculpturwerke als
Arbeiten Dürers ausgegeben, doch glaube ich nicht, dass seine Urheberschaft auch
nur bei Einem vollkommen ticher wäre.
Auch architektonischc Kenntnisse besass er, wenngleich er wohl schwerlich
einen Bau, wenigstens einen grösseren, selbsl geführt hat. Zu jener Zeit darf
uns diese Vielseitigkeit überhaupt nicht in Erslaunen setzen: sehr viele Künsller
pflegten Maler, Bildhauer, Architekten in Einer Person zu sein. Selbst mit dem
Feslungsbau beschäftigte er hch und hat ein Buch darüber geschrieben. Sein
scharf beobachtender Blick führte ihn hier zu Motiven, die zum Theil erh in
unserm Jahrhundert durch das neupreussische Befestigungslyhem ihre Ausbildung
erfuhren: so sind bei ihm bereits das Polygonallyslem, die Caponieren und die
detaschirten Forts angedeutet, während die Kriegsbaumeisier noch lange nachher
an unvollkommeneren Formen fehhielten. Seine Vorschläge gingen allerdings
kaum in die Praxis über; der Grund mag in der Uebertreibung seiner Dimenhonen
liegen, die zu wenig den Verhältnissen Rechnung trugen. Das bezügliche Werk
erschien im Jahre 152/. Schon drei Jahre vorher hatte er seine Unterweisung
in der Messkunst herausgegeben; in seinem Todesjahr aber kam die Proportions-
lehre, mit deren Studien er hch seit langer Zeit beschäftigte, in den Buchhandel.
Man heht hieraus, dass Dürer seine letzten Jahre, namentlich 132/ und 28, zu
schrifthellerischen Arbeiten benützte. Beiläufig sei hierbei erwähnt, dass er auch
den Pegasus beslieg, wenn auch nicht mit besonderem Glück; Verse von ihm
haben hch aus den Jahren 130g und 1310 erhalten.
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andern Chrihusdarhcllungen dicscr Art, weshalb sogar das Blatt als unächt be-
trachtet wurde, crschcint der Erlöser hier: nicht als Mann der Schmerzen, Mit-
leid erregend, sondern als triumphircnder Gott, dem man Verehrung zollen muss.
Unter den Ilolzschnitten ragt namentlich die anmuthige heilige Familie von
1526 hervor, dann aber vor Allem das berühmte Bildniss des Ulrich Varnbüler
(1522), dessen grosse Auffassung mit hinreissender Macht den Beschaucr fesselt.
Viele Holzschnitte, auf die wir nicht näher eingehen können, Enden hch in seinen
weiter unten zu erwähnenden Schriften.
Von der nicderländischen Reise slammen ferner eine Menge Zeichnungen;
doch ist auch noch aus späterer Zeit allerlei von ihm erhalten, besonders meisler-
hafte Bildnissc; in der Ambraser Sammlung befindet lieh die eolorirte Zeichnung
eines Traumes, den er i. J. 1323 in der Nacht vom 30. zum 31. Mai gehabt, und
den er für eine Prophezeiung hielt: Grosse Wassermassen, die lieh auf die Erde
slürzen.
Aber unser Künsller war nicht blos Maler, Zeichner und Kupferstecher, er
war auch Bildhauer, wenngleich er ohne Zweifel diese Kunst nur nebenher be-
trieb. Dass er he aber geübt, darüber haben wir sein eigenes Zeugniss, indem
er sleh in einem Briefe an Spalatin vom Jahre 1320 bereit erklärt, aus Hirsch-
geweihen zwei Leuchter zu verfertigen. Auch schenkte er in Antwerpen dem
Factor von Portugal ein nkleines, geschnittenes Kindlein«, was er vielleicht selbsl
gearbeitet hatte. Es werden noch heutzutage verschiedene Sculpturwerke als
Arbeiten Dürers ausgegeben, doch glaube ich nicht, dass seine Urheberschaft auch
nur bei Einem vollkommen ticher wäre.
Auch architektonischc Kenntnisse besass er, wenngleich er wohl schwerlich
einen Bau, wenigstens einen grösseren, selbsl geführt hat. Zu jener Zeit darf
uns diese Vielseitigkeit überhaupt nicht in Erslaunen setzen: sehr viele Künsller
pflegten Maler, Bildhauer, Architekten in Einer Person zu sein. Selbst mit dem
Feslungsbau beschäftigte er hch und hat ein Buch darüber geschrieben. Sein
scharf beobachtender Blick führte ihn hier zu Motiven, die zum Theil erh in
unserm Jahrhundert durch das neupreussische Befestigungslyhem ihre Ausbildung
erfuhren: so sind bei ihm bereits das Polygonallyslem, die Caponieren und die
detaschirten Forts angedeutet, während die Kriegsbaumeisier noch lange nachher
an unvollkommeneren Formen fehhielten. Seine Vorschläge gingen allerdings
kaum in die Praxis über; der Grund mag in der Uebertreibung seiner Dimenhonen
liegen, die zu wenig den Verhältnissen Rechnung trugen. Das bezügliche Werk
erschien im Jahre 152/. Schon drei Jahre vorher hatte er seine Unterweisung
in der Messkunst herausgegeben; in seinem Todesjahr aber kam die Proportions-
lehre, mit deren Studien er hch seit langer Zeit beschäftigte, in den Buchhandel.
Man heht hieraus, dass Dürer seine letzten Jahre, namentlich 132/ und 28, zu
schrifthellerischen Arbeiten benützte. Beiläufig sei hierbei erwähnt, dass er auch
den Pegasus beslieg, wenn auch nicht mit besonderem Glück; Verse von ihm
haben hch aus den Jahren 130g und 1310 erhalten.