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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (1,1): Kunst und Künstler Deutschlands und der Niederlande bis gegen die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1877

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Lemcke, Carl von: Anton van Dyck: geb. in Antwerpen 1599, gest. in London 1641
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https://doi.org/10.11588/diglit.33504#0524

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ANTON VAN DYCK.

Strömte das Gold ihm zu, lo gab er auch mit verlchwenderilchem Gleich-
muth es wieder aus. Er rivalisirte an Luxus mit dem hohen Adel. Er hielt
offenes Haus. Seine Clienten mulsten wohl zum Elsen bei ihm bleiben, damit er
he bei dem Wohlgenuss der feinAen Tafel in voller Ungezwungenheit lehen und
ihr Wesen erfassen könne, oder Ichöne Muhk, die er lehr liebte, mulste die
Langeweile der Portrait-Sitzung verlcheuchen.
Sein Herz war noch immer das alte in leichter Empfänglichkeit für Ichöne
Frauen. Liebesabenteuer gehörten damals zum ariAokratisch guten Ton. Die
Puritaner hatten in die Ar Hinlicht nur zu viel Veranlassung über Babylon zu
grollen und den Tag herbeizuwünschen, wo schon he, und nicht erst der Himmel,
mit den leichtfertigen Sündern in's Gericht gehen könnten.
Von lo manchen Erzählungen über van Dyck's Liebesahairen mit Frauen
und Maitressen nur die eine: als die schwere Zeit nun doch für den König an-
brach, wozu bekanntlich dessen Verlchwendung und die langjährige schlechte
Finanzpolitik die nächAe Veranlassung gab, da sagte eines Tages Karl im Gc-
Ipräch mit dem Grafen Arundel über die Finanznoth zu van Dyck: „Und Sie,
Ritter, kennen Sie auch die Verlegenheit, ein paar taulend Pfund aufzutreiben?"
„Ja, Sire," erwiderte van Dyck, „wer offene Tafel für leine Freunde und offene
Börse für leine Geliebten hat, der hndet Ahneil das Vacuum in leinen Kähen."
Die Hihoricnbilder lind nicht lo ganz von van Dyck vernachlälhgt, wie man
gewöhnlich lagt. Ueberhaupt hnd die Berichte von dem ihn verzehrenden hnn-
lichen Leben, seiner Geldgier, zunehmender Flüchtigkeit und Entwerthung Ainer
Arbeit bei Angh vor Mangel wohl zum MindeAen lehr übertrieben. Den Er-
zählungen, dals er hch der Goldmacherei zugewendet und bei den Dämpfen und
Säuren seine Gesundheit noch mehr ruinirt habe, mögen wir gar keinen Werth
beilegen und halten lie für ein erfundenes Gegenltück zu jener Historie, nach wel-
cher Rubens den Goldmacher Meilter Brendel zu London lachend abfertigte.
In der Zeit, wo er geiAig und körperlich linkend genannt wird, hat er verlchie-
dene leiner AhönAen Werke gelchahen; lo das berühmte Louvrebild von König
Karl I., mit dem Bentivoglio-Bildnils zu den AhönAen Portraits der Welt ge-
rechnet. Und gerade in dieler Zeit ist all' sein Sehnen darauf gegangen, nun
dem GrösseAen sich widmen zu können und neben Rubens Whitehall zu Ahmücken.
Die Errichtung des Hosenband - Ordens durch Eduard III. sollte ihm zur Dar-
Aellung zufallen.
Aber das Geld fehlte. In der Summe, die van Dyck gefordert haben soll,
75,000 T, ist unseres Erachtens einfach eine Null zu viel, wie schon der Ver-
gleich mit Rubens' Forderungen ergiebt. Karl konnte das NothwendigAe nicht
auftreiben, geschweige denn an solche neue Ausgaben für Bauten und Wand-
malereien denken. Mulsten doch selbA van Dyck für seine Bilder bedeutende
Abzüge von seinen, nicht sb gar hohen Forderungen gemacht werden, während
man ihm zu gleicher Zeit nicht einmal seine jährliche PenAon richtig auszahlen
konnte und ihre Schuld sich anhäufte.
Mittlerweile hatte van Dyck sich verheirathet, oder man hatte ihn seitens
des Hofes verheirathet, um ihn, wie es heilst, leinem auslchweifenden Leben zu
entreissen. Als ob eine Frau einen WüAling umschaAen könnte! Andere Ab-
Achten, eine Dame der hohen AriAokratie, Lady Catharine Wetton, verwittwete
Lady Stanhope zu heirathen, waren Sir Anton missglückt. Er heirathete, wann —
 
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