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Stadtteil Kleinlinden


5. Stadtteil Kleinlinden
5.1 Einzeldenkmäler

Ausschnitt aus der vom Hess. Landesver-
messungsamt herausgegebenen „Karte
der Umgebung von Gießen“ 1:25000
Stand ca. 1925

Kleinlinden
Kleinlinden, im Volksmund bis heute „Linnes“ genannt,
liegt nur etwa 1 km südwestlich von Gießen.
Oft wird angenommen, daß die Entstehung des Dorfes
Kleinlinden mit dervermutlich um das Jahr 1000 errichteten
„Burg“, einem alten Adelssitz, zu tun habe, doch sind kon-
krete Fakten über die Frühzeit des Dorfes und die Entste-
hungsgeschichte der Burg nicht bekannt.
Der erste mittelbare Hinweis auf das bereits bestehende
Kleinlinden ergibt sich aus einer Wetzlarer Stiftsurkunde
vom 13. Dezember 1269, nach der ein Conradus de Lindehe,
Bürgerund Schöffe in Gießen, Stiftsgut in Selters (Wüstung
vor den Toren Gießens) pachtete. Dieser aus Lindes stam-
mende Konrad wird bis 1295 wiederholt als Zeuge in Arns-
burger Klosterurkunden erwähnt.
Unmittelbar auf das Dorf zu beziehen ist eine Schenkungs-
urkunde des hessischen Landgrafen Heinrich I. vom 25. Juli
1280. Er schenkt dem Kloster Arnsburg ein Grundstück von
1 mansus, also einer Hufe „in minori villa dicta Lindes“ (im
kleinen Dorf genannt Lindes).
Kleinlinden, ursprünglich ein Teil der Linder Mark und so-
mit zum Lahngau und zum Zentgericht Hüttenberg gehörig,
wurde, nachdem die Osthälfte des Gleiberger Erbes, also
Gießen, Großen-Linden, Schiffenberg und Klein-Rechten-
bach durch Heirat an die Pfalzgrafen von Tübingen überge-
gangen war, 1265 durch den Verkauf der Gießener Herrschaft
an den Landgrafen Heinrich I. hessisch. Ein Indiz für die
Loslösung Kleinlindens aus dem Hüttenberg ist auch das ei-
genständige Zentgericht Lindes, das wohl zunächst als Nie-
der-Cent und Sprengel des Zentgerichtes Hüttenberg, also
als eine Art Untergericht entstanden war, sich dann aber ver-
selbständigte.

Wichtige Faktoren für die Entwicklung Kleinlindens waren
die umfangreichen Besitzungen und Rechte des Wetzlarer
Marienstiftes und die Existenz der sog. Burg.
Als feste, durch Gräben geschützte Wohnstätte an der Wetz-
larer Straße, diente die „Burg“ offensichtlich niemals militä-
rischen Zwecken. Sie war ursprünglich Lehensgut des hessi-
schen Landgrafen und wurde an hessische Adlige und Gie-
ßener Burgmannen vergeben.
So erhält 1360 Hermann von Buseck gen. Stammheim das
Gut „zu deme Lyndez by den Gyzzen“ zu Landsiedelrecht
verliehen, 1370 geht der Zehnte in Lyndes an Burkhard von
Buseck als landgräfliches Lehen. Nach dem Aussterben der
Kinzenbacher, die im 15. Jahrhundert Lehnsherren der Burg
waren, wurde das Lehen an die Familie von Weitershausen
vergeben. 1680 ging das Burglehen für einen Betrag von 2266
Reichstaler von Bernhard von Weitershausen an Otto von
Wrede über, 1812 wurde das Gut öffentlich versteigert und
diente seit den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts
als Gastwirtschaft.

Die verwickelten, in dynastischen wie kirchlichen Grund-
rechten begründeten Herrschaftsinteressen sowie die orts-
fremden Burgherren, die an einer Förderung des Dorfes
nicht interessiert waren und sich vor Ort meist durch Hof-
männer und Verwalter vertreten ließen, wirkten sich nicht
gerade positiv auf die Dorfentwicklung aus.

Das Dorf, das 1502 nur etwa 40 Einwohner hatte, wird im Sal-
buch Oberhessen von 1587 als „klein Dörflein“ bezeichnet.
Aufzeichnungen des Pfarrers Weigel (1652-1682) ergeben

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