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Stadtteil Lützellinden


5. Stadtteil Lützellinden
6.1 Gesamtanlagen
6.1.1 Gesamtanlage I
Rheinfelser Straße
6.1.2 Gesamtanlage II
Lindenstraße
6.2 Einzeldenkmäler

Ausschnitt aus der vom Hess. Landesver-
messungsamt herausgegebenen „Karte
der Umgebung von Gießen“ 1:25000
Stand ca. 1925

Lützellinden
Lützellinden liegt unweit des Zusammenflusses von Klee-,
Zech- und Lückenbach, etwa 1 km südlich von Aliendorf,
bzw. ca. 2 km nordwestlich Großenlindens.
Das zum Lahngau, zur Linder Mark und somit zum Hütten-
berg gehörende Dorf wurde vermutlich in der zweiten
Hälfte des 8. Jahrhunderts gegründet. Eine Urkunde vom
27. Februar 790, die belegt, daß ein Winicho seinen Besitz im
Dorf (villa) Linden, in Aliendorf und in Holzhausen dem
Kloster Lorsch schenkt, ist allerdings nicht mit letzter Ge-
wißheit auf Lützellinden zu beziehen.
Die ältesten, sicher auf das Dorf zu beziehenden urkundli-
chen Belege stammen aus dem 13. Jahrhundert. So wird 1243
ein Heinricus de Luzenlenden als Zeuge in einer Rechtsfra-
ge und 1248 ein Eckardus de Lutzellinde, ebenfalls als Zeu-
ge, erwähnt.
Erste Hinweise auf die wahrscheinlich als Eigenkirche der
Merenberger gegründete Kirche ergeben sich durch die Er-
wähnung des Dorfgeistlichen, eines Anselmus, plebanus in
Lützellinden, der 1261 und 1262 als Zeuge auftritt sowie
durch eine Urkunde von 1278, in derWernervon Linden und
seine Frau Bertha ihren Anteil an einem neben dem Fried-
hof (!) gelegenen Hof an einen Wetzlarer Bürger verkaufen.
Diese, von einem Kirchhof umgebene Kirche, die offensicht-
lich von Anfang an die Funktion einer Kirchenburg erfüllte,
beherrschte aufgrund ihrer erhöhten Lage sowohl die
Rheinfelser Straße als auch die Lindenstraße sowie den
Flußübergang Kleebach.
Mit einer wehrhaften Mauer, mindestens zwei Ecktürmen
und wohl auch einem Graben versehen (vgl. Dorfplan von

1823), bildet sie den Kern und zentralen Bezugspunkt der
späteren Bebauung.
So sind bereits in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts minde-
stens 10 bäuerliche Anwesen, von denen sich die meisten
um die Kirche bzw. den Friedhof gruppierten, belegt. Im Sü-
den und Westen bildeten diese Höfe einen erweiterten
Sicherungsring um die Kirche.
Die vermutlich etwas später entstandene Bebauung auf der
Nordseite liegt in größerem Abstand zum Kirchhof, so daß
ein Platz entstand, der als Versammlungs-, Markt- und Ge-
richtsplatz „bye der lynden vfif dem kirchoeff“ belegt ist.
„Torsituationen“ ergaben sich an der Rheinfelser Straße im
Osten auf der Höhe der heutigen Hausnummern 13 und
26/24 und im Westen bei den Nummern 23 und 32, später,
nach einer Erweiterung entlang der Rheinfelser Straße, im
Bereich der Höfe mit den Hausnummern 48/52 und 41/43.
Eine weitere Ortserweiterung entlang der Rheinfelser Straße
Richtung Osten und die bis heute deutlich vom alten Orts-
kern abgesetzte, kurz hinter dem Kolbengraben beginnende
Bebauung des „Vordorfes“ an der abknickenden Linden-
straße schlossen sich an.
Besonders kennzeichnend für die Entwicklung Lützellin-
dens und teilweise wohl auch förderlich für die frühe Her-
ausbildung eigenständiger Strukturen scheint einerseits die
Konzentrierung adeligen Besitzes, andererseits die starke
wirtschaftliche Orientierung auf die Reichsstadt Wetzlar ge-
wesen zu sein.
Sowohl der in Lützellinden selbst ansässige Adel als auch die
adeligen Familien der benachbarten Dörfer, die ihre Höfe
und Liegenschaften in der Regel durch Pächter verwalten
ließen, bestimmten maßgeblich die wirtschaftlichen und
gesellschaftlichen Strukturen Lützellindens. Hinzu kamen

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