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Stadtteil Lützellinden

vor allem Wetzlarer Investoren, die ihr Geld gezielt in bäuer-
lichem Grundvermögen anlegten und damit ehemals selb-
ständige Hofbesitzer in wirtschaftliche Abhängigkeit brach-
ten.
Eine besondere Rolle spielten die vor allem um die Kirche
konzentrierten, ursprünglich adligen Freihöfe. Zwischen
1640 und 1703 hatte sich ihre Zahl von 16 auf 19 vergrößert.
Von den üblichen Steuern befreit, waren sie die begehrte-
sten Bauplätze. Durch geschickte Aufteilung dieser Höfe in
mehrere Bauplätze vermehrten die Besitzer ihr einmal inve-
stiertes Kapital.
Nach dem schweren Brand von 1743, bei dem 15 Wohnhäu-
ser, 30 Scheunen und 40 Ställe völlig zerstört und 6 weitere
Wohnhäuser geschädigt wurden, versuchte man, die bis da-
hin gängige Praxis, Fachwerkhäuser zu translozieren,zu un-
terbinden. Weiterhin machte man zur Auflage, daß künftig
nur noch Häuser aus Stein erbaut werden sollten.
Von insgesamt 94 Haushalten, die 1703 bei der anstehenden
Teilung des Hüttenbergs erfaßt wurden, waren 81 bäuerliche
Betriebe, davon 19 mit einem Freihof. Daneben gab es
6 Nebenerwerbslandwirte, der Rest verteilte sich auf die
Handwerksberufe Schreiner, Schmiede, Wagner und Schlos-
ser.
Bis weit in das 19. und 20. Jahrhundert hinein dürfte sich
diese Struktur grundlegend erhalten haben. Die Hauptein-
nahmequelle der Bewohner Lützellindens bildete die Land-
wirtschaft. Handwerkliche Berufe spielten lediglich die Rolle
eines „Zubrotes“.
Lützellinden, das seit 1815/16 als Gemeinde des Kreises
Wetzlar zu Preußen gehörte, galt - wohl zu Recht - vor allem
im Vergleich mit den Nachbargemeinden Allendorf und
Kleinlinden, als ausgesprochen wohlhabendes Dorf. Quelle
dieses relativen Reichtums waren vor allem die guten Böden
und die bedeutende Waldwirtschaft. Wie ausgeglichen die

wirtschaftliche Lage des Ortes war, zeigt sich darin, daß -
bedingt durch den allgemeinen wirtschaftlichen Niedergang
Deutschlands nach dem 1. Weltkrieg - der Gemeindehaus-
halt 1920/21 zum ersten Mal negativ abschloß.
Seit dem 1. 8. 1979 ist Lützellinden, das zuvor bereits zur
Stadt Lahn gehörte, Stadtteil von Gießen.

Ausschnitt aus einer 1707 angefertigten
Karte von Johann Georg Ertman aus
Climbach (StA Wiesbaden)



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