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Stadtteil Rödgen

7. Stadtteil Rödgen
7.1 Gesamtanlagen
7.1.1 Gesamtanlage I
Zum Bahnhof
7.1.2 Gesamtanlage II
Alter Ortskern

7.2 Sachgesamtheiten
7.2.1 Sachgesamtheit
Burg

7.3 Einzeldenkmäler

Ausschnitt aus dervom Hess. Landesver-
messungsamt herausgegebenen „Karte
der Umgebung von Gießen“ 1:25000
Stand ca. 1925


Rödgen
Rödgen liegt etwa 5 km nordöstlich des Gießener Stadtzen-
trums am Rande des Busecker Tales an der Straße Richtung
Grünberg.
Der älteste urkundliche Hinweis auf das Dorf könnte eine als
Kopie des 12. Jahrhunderts überlieferte, zwischen 755 und
779 zu datierende Schenkungsurkunde des Klosters Fulda
sein. Ein Adelbuch überträgt dem hl. Bonifatius im Lahngau
allen Besitz und seine Hörigen in den Dörfern Lundorf,
Salzbutine, in Looh und in Roda. Ob das genannte Roda
wirklich Rödgen meint, konnte bis heute leider nicht mit
letzter Gewißheit geklärt werden.
Ein Roda im Lahngau wird im Jahre 1017 abermals erwähnt.
Kaiser Heinrich II. bestätigt in einer Urkunde die Schenkung
mehrerer Grundstücke, u.a. in Roda, an das Michaelskloster
in Bamberg.
Eine weitere Urkunde von 1258 belegt Einkünfte des Klo-
sters Schiffenberg aus Gütern in Rode.
Die erste, nun eindeutig auf Rödgen zu beziehende Urkun-
de aus dem Jahre 1327 nennt den Ort „Rade prope Drahe“, al-
so Rode bei Trohe. Die Verkleinerungsform „Rodechyn“
setzt sich erst ab 1370 langsam durch.
Kirchlich gesehen, war Rödgen längere Zeit geteilt. Wäh-
rend das alte Pfarrhaus und die im 13. Jahrhundert erbaute
Kirche zur Erzdiözese Trier gehörten, waren der nördliche
Teil des Dorfes und die sog. Burg dem Erzbistum Mainz zu-
geordnet.
Politisch gehörte Rödgen zum „Busecker Tal“, dessen Dörfer
einem besonderen, reichsunmittelbaren Gericht, das seit et-
wa 1300 bestand, angehörten. 1357 schlossen die Inhaber des
Gerichtes einen Burgfrieden, in dem sie sich „Vierer und
Ganerben des Busecker Thales“ benannten. Erst nach einem
Jahrhunderte währenden Streit um das Existenzrecht dieses

Gerichtes trat im Busecker Tal an die Stelle der Reichsunmit-
telbarkeit die Landeshoheit der Landgrafen von Hessen, so
daß Rödgen und die übrigen Ortschaften 1827 endgültig
hessisch wurden.
Die am nordwestlichen Dorfrand liegende „Burg“, eine um-
mauerte Hofreite mit einem adeligen Wohnsitz, die wohl nie
als Verteidigungsanlage gedacht war, diente anfangs den Jun-
kern von Buseck als Wohnung und wurde später von Hof-
männern bewohnt, die das Gut an deren Stelle verwalteten.
Neben der von einem Kirchhof umfangenen Kirche im Zen-
trum des Dorfes war dieser Herrensitz, der 1838 von der bür-
gerlichen Gemeinde - zunächst in Erbleihe, dann durch
Kauf - übernommen und als Pfarrhof genutzt wurde, ein
zweiter Bezugspunkt für die nördliche Dorferweiterung.
1574 gab es im gesamten Busecker Tal nur etwas über 500
männliche Einwohner. Neben den Angehörigen des niede-
ren Adels waren die Bewohner in erster Linie freie Bauern
mit eigenem Landbesitz. Es gab aber auch viele sog. Landsie-
del, die die Güter der großen Landbesitzer (Adel, Bürgertum,
Kirche) als Zinsleute oder Pächter bewirtschafteten.
Infolge des 30jährigen Krieges nahm die Bevölkerung je-
doch stark ab. Eine Pestepidemie von 1635, die Teuerung des
Jahres 1637 und Kriegskontributionen, die der Bevölkerung
1643 durch General Königsmarck auferlegt wurden, waren
die einschneidendsten Ereignisse dieser schlimmen Jahre.
Obwohl genaue Daten fehlen, ist davon auszugehen, daß
auch in Rödgen seit der Mitte des vergangenen Jahrhunderts
ein starker Strukturwandel einsetzt. Besonders nach dem
Bau der 1869 eingeweihten Bahnlinie Gießen-Grünberg
und im Verlauf des Wirtschaftsbooms der Gründerjahre

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