Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Einführung





An der Obergeis 4a, 1948
Weinstraße 17, 1960, und 15, 1958
Weinstraße 14 (Erweiterung), 1979
Dudenstraße 10, Erweiterung des
Amtsgerichtes, bis 1991

städtischem Zuschnitt ist der Neubau, den Karl Schumann (1904-1972)
1963/64 für die expandierende Computerfabrik Konrad Zuses realisierte
(Konrad-Zuse-Straße 19).
Einen originellen Beitrag zur Architektur der Nachkriegszeit lieferte der
Hamburger Architekt H. M. Hübner mit dem neuen Cafe Bolender (1956,
Am Kurpark 2/2a). Der Grundriß ist aus zwei Ovalen und einem verbinden-
den Rechteck entwickelt. Durch die flachen Dächer, eine Ladenpassage und
den Einsatz moderner Baustoffe (metallene Fensterrahmen, Glasbausteine)
entstand eine Architektur, wie sie zeitgemäßer gar nicht hätte sein können.
Ein anderes gutes Beispiel ist die 1957 errichtete Bahnhof-Apotheke {Bahn-
hofstraße 16a), die mit ihrer weit vorkagenden, auf vier schlanken Stützen
ruhenden Loggia einen städtebaulichen Akzent als Abschluß des Bahnhofs-
vorplatzes setzt. Für eine gelungene Synthese aus alt und neu steht die
1959 eingeweihte Kapelle auf dem Frauenberg (Alter Kirchweg 35/37), in
die gotische Mauerwerksreste integriert wurden.
In der von Fachwerk- und anderen Altbauten geprägten Innenstadt wurden
zunächst einige durch den Krieg entstandene Baulücken geschlossen (An
der Obergeis 4a und 9, zwei Fachwerkbauten von 1948; Am Markt 1, 1954;
Linggplatz 17/18, 1955/56). Ernst Flemming bemühte sich bei seinem Er-
satzbau für die „Stiftsschänke“ am Linggplatz um eine moderne, aber der
kleinteiligen Umgebung angepaßte Formensprache. So kam ein herkömm-
liches Sattel- bzw. Walmdach zur Ausführung. Das oberste Geschoß des zur
Johannesstraße hin gewandten Bauteils springt etwas zurück. Wenn man von
der Straße aufschaut, wirkt dieser Trakt wie ein Flachdachbau, für den der
Architekt mit der Dachterrasse ein seinerzeit weit verbreitetes Motiv aufge-
nommen hatte. Die sorgfältig ausgeführten Details (wie Fenster, Schaufen-
ster und „Kunst am Bau“) tun ein übriges, um diese Architektur als eine ge-
lungene Synthese aus Tradition und Moderne herausheben zu dürfen. Späte-
ren Bauten, auch aus dem Büro Flemmings, kann eine solche Qualität nur
noch selten bescheinigt werden.
Leider gäbe es etliche Neubauten aus den Jahren des „Wirtschaftswunders“
zu nennen, die, vom heutigen Standpunkt aus gesehen, in städtebaulicher
und architektonischer Hinsicht nicht (mehr) überzeugen können. Auch bei
diesen Kauf-, Park-, Geschäfts-und Wohnhäusern handelt es sich um „Denk-
male“ ihrer Zeit, auf die aber an dieser Stelle nicht weiter eingegangen wer-
den kann. Versuche, das Neue in den Organismus des Vorhandenen nicht
bedenkenlos und unbeholfen einzubrechen, sondern behutsam einzubinden,
wurden immer wieder gemacht, vor allem im Zusammenhang mit der Alt-
stadtsanierung seit den 70er Jahren (z. B. Linggplatz 2, 1968/69 und Weber-
gasse 1, 1979 oder Linggplatz 12 und Johannesstraße 12, zwei Neubauten in
Fachwerk-Optik von 1976 bzw. 1978). Sie erreichten aber nur selten die
Qualität früherer (Klausstraße 31, Am Treppchen 1, Neumarkt 30a, Lingg-
platz 17/18) und späterer Lösungen (Erweiterung des Kulturdenkmals Wein-
straße 14, 1979; Marktplatz 18, 1993).
Aus neuester Zeit sind hervorzuheben die Entwürfe von Ulrich Gräber
(Darmstadt) für das Amtsgericht (bis 1991), von Ferdinand Heide/Rudolf
Reitermann (Berlin) für den Sitz der Baufirma Kirchner (1994, Hermann-
Kirchner-Straße 6), von Günther Schnell (München) für die Verwaltungs-
fachhochschule am Seilerweg (1996) und vom Büro Willi Kirschner (Herin-
gen) für die Turnhalle der Konrad-Duden-Schule (1997/98, Neumarkt 33).
Wie sich der jüngste bedeutendere Neubau Bad Hersfelds, die Konrad-Du-
den-Stadtbibliothek (Am Markt 1), in das Bild der alten Stadt einfügen
wird? Die Überschrift, mit der der Zeitungsartikel zum Richtfest überschrie-
ben war, könnte aus den selbstbewußten sechziger Jahren stammen: Der
Bau sei ein „Beispiel für Aufschwung und den Stil der Zeit.“ Und er lege
mit seiner „zeitlosen, schlichten Schönheit für spätere Generationen ein leb-
haftes Zeugnis ab vom Baustil unserer Zeit“ (HZ 10.6.1998; Foto auf Seite
81). Ob das in 30, 40 Jahren auch die Denkmalpfleger so sehen werden?

53
 
Annotationen