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Einleitung

Parklandschaft
Um die Mitte des 18. Jahrhunderts war von England aus die Kunde von
einem neuen Gartenstil auf den europäischen Kontinent gedrungen. Da-
bei handelte es sich um ein ursprünglich aus Ostasien importiertes, gärt-
nerisches Produkt, das künstlich nachgebildete Landschaftsformen mit
reicher Staffage, einschließlich geologischer und botanischer Besonder-
heiten, ästhetisierte. Neuartig an dieser Gartenmode war der ungezwun-
gene und breite Gestaltungsspielraum, der die Nachahmung mannigfalti-
ger Aspekte der natürlichen und gestalteten Umwelt und damit auch die
Darstellung menschlicher Konditionen erlaubte. Gerade aber die nahtlose
Einbeziehung von Agrar- und Forstbereichen ins künstlerische Experi-
mentierfeld wirkte sich revolutionierend aus. Sie gab dem Gartenkünstler,
nunmehr Landschaftsgärtner, ein Mittel an die Hand, das seiner Tätigkeit
eine weltschöpferische Qualität verlieh.
Der vor dem Hintergrund literarischer und philosophischer Modelle konzi-
pierte und unter Zuhilfenahme der Schönen Künste realisierte Landschafts-
park fand auf dem Kontinent alsbald begeisterte Aufnahme. Fortschrittliche
und von der Aufklärung berührte Kreise des Adels sahen in ihm nicht nur
das Spiegelbild eines freiheitlicheren und den erstarrten Formen des Abso-
lutismus entgegenstehenden Weltbildes. Sie verstanden ihn darüberhinaus
durchaus als eine Anleitung zur umfassenden, unter dem Begriff der „Lan-
desverschönerung“ geführten Erneuerung ihrer Güter und Staatswesen.
Vorrangige Themen waren, neben der Geist und Gemüt stimulierenden
Landschaftsumformung, der Straßenbau und die Reformierung von Land-,
Forstwirtschaft und Obstbau. Beispielhaft in der Verwirklichung dieser Vi-
sion wirkte der Dessauer Fürst Franz von Anhalt, von dessen Werk außer-
dem Impulse hinsichtlich der Volksbildung, der bürgerlichen Freizeitgestal-
tung und des Tourismus ausgegangen waren.

Bruch'scher Stadtplan von 1787 (Aus-
schnitt). Der Schlossgarten bestehend
aus dem an die Residenz anschließenden
barocken Gartenparterre, dem hanglagi-
gen Boskett und der Teichniederung mit
„Phantasie“ und Nutzgärten.


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