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Duhn, Friedrich von; Jacobi, Louis
Der griechische Tempel in Pompeji; Nebst einem Anhang : Über Schornsteinanlagen und eine Badeeinrichtung im Frauenbad der Stabianer Thermen in Pompeji — Heidelberg, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.1420#0011
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DER «GRIECHISCHE» TEMPEL IN POMPEJI.

Zwifchen Cella und Pteron liegt ein fehr weiter Raum, der den Gedanken an eine pfeudo-
dipterale Anlage nahelegen könnte. Doch ift dies nicht möglich, da den Wänden der Cella
keine Säulen an den Front- und Langfeiten entfprechen. Auffällig bleiben dabei immer noch
die ftark ausgeiprochenen Anten, die doch eine Fortfetzung in der Säulenhalle verlangen. Viel-
leicht hat man erft die Cella und fpäter die Säulen errichtet, oder man hat zwifchen der flehen-
den Rinsrhalle nachträglich die Cella aufgebaut, oder es haben lieh die Verhältniffe bei einem

Umbau verfchoben: alles Fragen, welche einer Entfcheidung

vielleicht — näher zu führen die

Kürze unferer Ausgrabungen nicht erlaubte.

Die Säulen haben einen unteren Durchmeffer von 1,15 m (1,10111 = 4 «italifche» Fuß).
Nach den vorhandenen Capitellen zu fchließen mag der obere Durchmeffer 0,88—0,90 m betragen
haben. Die Säulen beliehen aus einzelnen Trommeln; eine derfelben, die fich noch an ihrem Platz
befindet, ift 0,66 m hoch bei einem unteren Durchmeffer von 1,15 m, einem oberen von 1,10 m.
Die Säulen haben 18 Cannelluren, eine Zahl, die fehr feiten vorkommt. Die Höhe mag, foweit
man Ichließen kann, etwa 4'/, untere Durchmeffer betragen haben. Das Capitell zeigt den durchweg
altertümlichen Charakter der großgriechifchen Bauten: es ift von großer Höhe (faft "|2 unterer
Durchmeffer = 2 ccital.» Fuß), mit keffelförmigem, bauchigem oben eingezogenem Echinos. Zur
Erleichterung des Vergleiches haben wir (nach Durm, Baiikmiß der Griechen 64) Capitelle von
Psestum und Selinus auf Taf. V, Fig. II abgebildet. Die Aehnlichkeit ift unverkennbar. Merk-
würdig ift, daß die annuli fehlen und an ihrer Stelle ein Plättchen mit Hohlkehle den Echinos
unten umzieht, wie es bisweilen in Griechenland felbft, häufiger noch in Unteritalien und Sicilien,
vorkommt. Ein ähnliches Capitell findet fich bei einigen anderen pompejanifchen Gebäuden: fo
an der Halle des Foro triangolare, weshalb wir diefes zum Vergleich auf Taf. V, Fig. V ab-
gebildet haben. Man hat da eben ein altes Motiv benutzt, wie dies zu allen Zeiten gefchah.
Erwähnung verdient noch eine Art Sockel, der fich in einer Höhe von 5—6 Centimetern um den
Säulenfuß zieht, ein gewiffermaßen ftehengelaffener Gurt, ähnlich wie an einer Säule an der Oft-
front des Heraion von Olympia. Dort hat Dörpfeld in diefer Erfeheinung eine Erinnerung
erkennen wollen an einen um den Fuß der früheren Holzfäule gelegten Metallring; gewiß fehr
wahrfcheinlich. Für Pompeji eine folche Erinnerung zuzulaffen möchte man fich fcheuen.

Das bei dem Bau verwendete Steinmaterial ift grauer Tuff und Sarnokalk. Das Mauer-
werk der Cella fowie Stylobat und Stereobatftufen find Tuff. Sämmtliche alte Fundamente find
aus Sarnokalk; nur unter der Cellamauer liegen als oberfte Schicht Lavablöcke. Die Schälte der
Säulen beliehen aus Tuff, die Capitelle wieder aus Kalkftein, gewiß, wie Overbeck-Mau 88 be-
merken, weil der Tuff für ihre Harke Ausladung zu wenig haltbar gewefen fein würde16). Die
Materialunterfchiede wurden ausgeglichen durch eine Alles überziehende dünne Stuckfchicht.
 
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