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Duhn, Friedrich von; Jacobi, Louis
Der griechische Tempel in Pompeji; Nebst einem Anhang : Über Schornsteinanlagen und eine Badeeinrichtung im Frauenbad der Stabianer Thermen in Pompeji — Heidelberg, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.1420#0012
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BEDACHUNG UND THONVERKLEIDUNG.

IV. Bedachung und Thonverkleidung.

Kein Bruchftück aus Stein hat fich gefunden, das mit einiger Wahrfcheinlichkeit dem Dach-
gebälk könnte zugefchrieben werden. Weniger jedoch diefe negative Thatfache — fie könnte
ja auf freilich recht umvahrfcheinlichem Zufall beruhen —, als die große Spannweite fpricht für
die Annahme eines Oberbaues von Holz; denn sehr gutes Material hätte man zu einer Stein-
decke haben muffen, für die immerhin Balken von 6 Meter Länge nöthig waren, aus der Weite
des Zwiichenraums zwifehen Cella und Säulenftelluno; zu fchließen; da folches Material in
der Nähe Pompeji's kaum wird zu haben gewefen fein, ift es gerechtfertigt, eine Holzdecke
anzunehmen.

Es würde durchaus weftgriecbifcher Baugewöhnung entfprechen, Verkleidung des Holzes
durch Thonkäften, reichliche Ausftattung mit Thongefimfen und thönernen Zierftücken u. f. w.
anzunehmen; waren diefelben bei der Ueberfetzung des Holzes in Stein noch bis in verhältniß-
mäßig fpäte Zeit üblich geblieben, fo find fie beim Originalmaterial natürlich erft recht vor-
auszufetzen.

Völlig zufriedenftellende Nachrichten über Funde folcher Verkleidungs- und Zierftücke
aus Thon gab es bisher nicht. Ein alterthümlicher Löwenfpeier17)-fcheint nur auf Grund einer
allerdings anfprechenden Vermuthung Fiorelli's iS) dem Tempel zugewieien zu lein. Was
v. Rohden zu Tafel I aus Keerl (= Romanelli) anführt als felbftftändiges Zeugniß über Sims-
ftücke aus Thon, ift hier, wie Alles bei Keerl, ohne eigenen Werth: Quelle dafür ift lediglich
der Text in Saint-Non's Voyage pittoresque, für alle populäre und unpopuläre Pompejiliteratur bis
auf Mazois und vielfach, natürlich meift indirect, noch lange über ihn hinab der Hauptbezugs-
ort; und in diefem Fall ift es der Text zu dem von Renard no. 82 E abgebildeten, durch v. Rohden
felbft ftark verdächtigten Simaftück19). Einigen Werth möchte man zufprechen der allerdings
unferes Wiffens fonft nicht mehr belegbaren Nachricht, die erhalten ift in den Worten Dyer's,
Pompeji, 3. Aufl. London 1871, 152: alt has been supposcd, that the temple zuets erected 011 the site
of a still oldcr pottcry, from the fragments of vases and tiles, which haue been discovered under the basc».
Unter diesen Umftänden war die Auffindung einer Anzahl folcher Thonzierftücke von be-
fonderem Werth. Proben einer jeden Gattung derfelben geben wir auf Tafel VI und VII.
Tafel VI zeigt neben dem vorhin befprochenen Löwenfpeier in Vorder- und Seitenanücht
(Fig. I und La)20) das von uns an der Südfeite des Tempels felbft gefundene Bruchftück einer
palmettenartigen Verzierung. Dasfelbe paßt in Größe, Technik und Farbe genau zu jenem
Speier und ftellt ein Stück desfelben Simfes dar. Durch diefen Fund wird Fiorelli's Vermuthung
über die Herkunft des Löwenfpeiers in erfreulichfter Weife beftätigt und feine Verwerthung bei
kunftgefchichtlicher Beurtheilung des Tempels ermöglicht21).

F. von Duhn und L. Jacobi, Der griechische Tempel in Pompeji. 2
 
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