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Duhn, Friedrich von; Jacobi, Louis
Der griechische Tempel in Pompeji; Nebst einem Anhang : Über Schornsteinanlagen und eine Badeeinrichtung im Frauenbad der Stabianer Thermen in Pompeji — Heidelberg, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.1420#0009
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DER «GRIECHISCHE» TEMPEL IN POMPEJI.

hatten, nur handeln in erfter Linie um die Feftftellung des Tempelgrundriffes, erft in zweiter um
Gewinnung und Verwerthung von Nebenrefultaten, die uns bei diefer Arbeit der Zufall bringen
konnte. Für uns wäre weder eine Ausgrabung des gefammten Tempelinneren, noch eine Umwühlung
feiner nächften Umgebung möglieb gewefen, noch fchließlich eine Durchfuchung des füdlieh an-
ftoßenden Hanges und der Thalfohle nach etwa abgeftürzten Tempelftücken. Alle diefe gewiß fehr
wünfehenswerthen Ausführungen erhoffen wir vielmehr von italienifcher Seite: dadurch wird
das Bild, welches wir von dem durch uns Gewonnenen im Folgenden geben, in vielfacher
Hinficht vervollftändigt und erweitert werden können. Zu folcher Arbeit vielleicht den Anftoß
gegeben zu haben, würde uns als eine ganz befonders erfreuliche Folge unferer kurzen Thätig-
keit erfcheinen8).

Um die Fundirungsverhältniffe des ganzen Tempels kennen zu lernen, wurden zunächft
im Innern zwei bis unter die Fundamentsohle herabreichende Gräben ganz durchgezogen, jeder
i m breit, der eine der mittleren Längsaxe, der andere der Queraxe folgend. Die Gräben
wurden theilweife noch außerhalb der Unterftufe fortgefetzt. Die fo gefundenen Fundirungs-
mauern wurden foweit nöthig in ihrem Verlaufe, überall aber an den Ecken freigelegt, überhaupt,
wo irgend ein Zweifel übrig bleiben konnte, derfelbe durch Nachgrabung erledigt. Daß, wo fonfi
Mauerzüge fich zeigten, namentlich auch, wo diefelben eine fpätere Entftehung zu verrathen
fchienen, forgfältige Unterfuchung ftattfand, verfteht fich von felbft.

III. Der alte Tempel. Das Erhaltene.



Das wefentlichfte Ergebniß unferer Grabungen ftellen Tafel II — IV dar, und zwar Taf. II
den Gefammtgrundriß des Tempels, Taf. III denjenigen der Cella, Taf. IV die beiden
Hauptfchnitte, welche die Fundirungsverhältniffe darlegen und die Berechtigung der Darftellung
auf den beiden vorangegangenen Tafeln erweiien.

Es feheidet fich lomit jetzt deutlich die urfprüngliche Anlage von der dürftigen Wieder-
herrichtung, deren kaum fundirte Linien es — zum Theil wenigftens — waren, die bis jetzt auf
den Plänen des Tempels feit Renard und Mazois das Bild der griechifchen Cella darftellten.

Der Tempel erhob lieh auf einem 1,70—1,80 m hohen Unterbau, deffen fünf Stufen
verfchiedene Höhe, von 0,25—0,45 m zeigen. Diefe Stufenzahl ift eine Eigenthümlichkeit, die
er im Gegenfatz zu Pcestum, Metapont, Griechenland theilt mit sicilifchen Tempeln, z. B. folchen
in Selinus. Auch an die Cella des oskifchen Heiligthums in der Nekropole von Capua mag hier
erinnert werden; auch fie war foweit über dem Erdboden erhoben, daß fünf Stufen, jede eine
«italifche» Elle hoch, zu ihr emporführen mußten9). Das Erfteigen wurde durch eine befondere
Treppe an der Oftfront ermöglicht. Diefe befteht aus neun Stufen, deren Höhe im Minimum
 
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