IS
DER «GRIECHISCHE» TEMPEL IN POMPEJI.
fundamentirte Heiligthum auf der Plattform des Stereobats, vorfichtigerweife von der Mitteläxe
weg etwas nach Norden gerückt, angelegt, mit dem wir uns nachher noch zu befchäftigen
haben werden.
Mehr lehrt uns ein Blick auf Tafel I4i). Aus einem jüngeren Vorbau, aus Lavaincertum
mit Baqkfteinecke errichtet, tritt die alte Stadtmauer hervor, im Süden ebenfo wie im Weilen,
den beiden Frontfeiten Pompeji's, bekanntlich meiftens überbaut. Das zunächft fichtbare Stück
befteht aus den von der Nord- und Oftmauer der Stadt bekannten großen Quadern aus Sarno-
kalk. In der unmittelbaren Nähe des jüngeren Vorbaues ift, vielleicht in Verbindung mit deffen
Anlage, die Mauer fchadhaft geworden, und durch Bruchfteinincertum in ihren unteren Lagen
ausgebeffert; 2,50 m vom Vorfprung ab hört diefe Ausbefferung auf, und in unberührter Schichtung
erheben lieh vor uns die Reihen der Blöcke, aufgefetzt auf den hier zu Tage tretenden Lava-
ftrom; mit der ungleichen und abfallenden Oberfläche desfelben wird die Lagerung vermittelt
durch in Mörtelverband liegende unregelmäßig geformte Lavaftücke.
Das wird anders vor der Südfront des Tempels; es verfchwinden die Kalkfteinblöeke, und
nun beginnt dasfelbe gute Lavaincertum, welches, auch an andern Theilen der Stadtmauer zu
beobachten, noch nicht den gelben, lehmigen und lockeren Mörtel der letzten Mauerwiederher-
ftellung zeigt. Mau hat mit guten Gründen diefe Mauertheile aus gutem Lavaincertum der letzten
Tuffperiode, d. h. der Zeit vor dem Bundesgenoffenkriege, zugefchrieben44); ihre Herftellung fei
hervorgegangen aus dem Beftreben, die während der langen Friedenszeit nach dem Hannibalifchen
Kriege fchadhaft gewordenen Mauern von Neuem vertheidigungsfähig zu machen, in Vorausficht
des herannahenden Bundesgenoffenkrieges.
Alfo war die alte Mauer von dem oben bezeichneten, auf der Tafel I fichtbaren Punkt
an durch einen Neubau erfetzt. Sie hatte nicht blos zur Vertheidigung dienen muffen, fondern
auch als Futtermauer für das Plateau des Foro triangolare. Dabei ftand fie auf einem von Natur
abfehüffigen Boden, auf der Abfalllinie des Lavaftromes, wo fie ein Stück unterhalb der Scheitel-
höhe auffetzte45). Diefer Mauer fehlte die Widerftandsfähigkeit, welche in gleicher Function
z. B. die Kimonifche Mauer der Akropolis bewährt hat. Sie hielt den einfeitigen und dazu noch
in ziemlich fteilem Winkel wirkenden Schub des durch den Tempel (der nicht bis auf den Fels
fundamentirt war) fchwer belafteten Erdreichs nicht aus, ftürzte ein und die nothwendige Folge
war Nachfturz des Tempels nach derielben Seite.
Alfo im zweiten Jahrhundert v. Chr. wird diele Kataftrophe ftattgefunden haben; nach
der Befchaffenheit der aus den tieferen Schichten flammenden, zum alten Tempel und deffen Cultus
gehörigen Einzelfunde, von denen kein Stück uns nöthigt, es über 200 hinab zu datiren, viel-
leicht fogar dem Anfang des Jahrhunderts noch nahe. Ob ein Erdbeben mitthätig war an der
Herbeiführung diefes Ereigniffes, wird fleh nicht mehr feftftellen laffen: nöthig ift unferes Erachtens
eine folchc Annahme nicht. Aus denfelben topographifchen Verhältniffen erklärt fleh aber auch
DER «GRIECHISCHE» TEMPEL IN POMPEJI.
fundamentirte Heiligthum auf der Plattform des Stereobats, vorfichtigerweife von der Mitteläxe
weg etwas nach Norden gerückt, angelegt, mit dem wir uns nachher noch zu befchäftigen
haben werden.
Mehr lehrt uns ein Blick auf Tafel I4i). Aus einem jüngeren Vorbau, aus Lavaincertum
mit Baqkfteinecke errichtet, tritt die alte Stadtmauer hervor, im Süden ebenfo wie im Weilen,
den beiden Frontfeiten Pompeji's, bekanntlich meiftens überbaut. Das zunächft fichtbare Stück
befteht aus den von der Nord- und Oftmauer der Stadt bekannten großen Quadern aus Sarno-
kalk. In der unmittelbaren Nähe des jüngeren Vorbaues ift, vielleicht in Verbindung mit deffen
Anlage, die Mauer fchadhaft geworden, und durch Bruchfteinincertum in ihren unteren Lagen
ausgebeffert; 2,50 m vom Vorfprung ab hört diefe Ausbefferung auf, und in unberührter Schichtung
erheben lieh vor uns die Reihen der Blöcke, aufgefetzt auf den hier zu Tage tretenden Lava-
ftrom; mit der ungleichen und abfallenden Oberfläche desfelben wird die Lagerung vermittelt
durch in Mörtelverband liegende unregelmäßig geformte Lavaftücke.
Das wird anders vor der Südfront des Tempels; es verfchwinden die Kalkfteinblöeke, und
nun beginnt dasfelbe gute Lavaincertum, welches, auch an andern Theilen der Stadtmauer zu
beobachten, noch nicht den gelben, lehmigen und lockeren Mörtel der letzten Mauerwiederher-
ftellung zeigt. Mau hat mit guten Gründen diefe Mauertheile aus gutem Lavaincertum der letzten
Tuffperiode, d. h. der Zeit vor dem Bundesgenoffenkriege, zugefchrieben44); ihre Herftellung fei
hervorgegangen aus dem Beftreben, die während der langen Friedenszeit nach dem Hannibalifchen
Kriege fchadhaft gewordenen Mauern von Neuem vertheidigungsfähig zu machen, in Vorausficht
des herannahenden Bundesgenoffenkrieges.
Alfo war die alte Mauer von dem oben bezeichneten, auf der Tafel I fichtbaren Punkt
an durch einen Neubau erfetzt. Sie hatte nicht blos zur Vertheidigung dienen muffen, fondern
auch als Futtermauer für das Plateau des Foro triangolare. Dabei ftand fie auf einem von Natur
abfehüffigen Boden, auf der Abfalllinie des Lavaftromes, wo fie ein Stück unterhalb der Scheitel-
höhe auffetzte45). Diefer Mauer fehlte die Widerftandsfähigkeit, welche in gleicher Function
z. B. die Kimonifche Mauer der Akropolis bewährt hat. Sie hielt den einfeitigen und dazu noch
in ziemlich fteilem Winkel wirkenden Schub des durch den Tempel (der nicht bis auf den Fels
fundamentirt war) fchwer belafteten Erdreichs nicht aus, ftürzte ein und die nothwendige Folge
war Nachfturz des Tempels nach derielben Seite.
Alfo im zweiten Jahrhundert v. Chr. wird diele Kataftrophe ftattgefunden haben; nach
der Befchaffenheit der aus den tieferen Schichten flammenden, zum alten Tempel und deffen Cultus
gehörigen Einzelfunde, von denen kein Stück uns nöthigt, es über 200 hinab zu datiren, viel-
leicht fogar dem Anfang des Jahrhunderts noch nahe. Ob ein Erdbeben mitthätig war an der
Herbeiführung diefes Ereigniffes, wird fleh nicht mehr feftftellen laffen: nöthig ift unferes Erachtens
eine folchc Annahme nicht. Aus denfelben topographifchen Verhältniffen erklärt fleh aber auch