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Ebers, Georg [Gefeierte Pers.]
Aegyptiaca: Festschrift für Georg Ebers zum 1. März 1897 — Leipzig, 1897

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https://doi.org/10.11588/diglit.7#0042
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32 Kreha, Die Polizei im römischen Ägypten.

Gewiss haben sich oft, wie in dem eben besprochenen Palle, die
Kläger gleichzeitig an beide Behörden gewendet, auch da, wo uns
nur die eine Klageschrift erhalten ist. Zunächst hat aber der Klüger
meistens einfach an die Polizei berichtet, ehe er die gerichtliche Hilfe
in Ansprach nahm. So ist es im folgenden1 der Pali, wo es sich um
Unterschlagung einer Erbschaft handelt. Eine Prau namens Tanomieus
klagt hier dem Centurio folgendes:

„Mein verstorbener Mann Atemäs hatte als Erben eingesetzt
unsre unmündigen 3 Kinder und als deren Vormund seinen Brader
Abus. Der Naehlass" — anscheinend lediglich in Getreidevorrat be-
stehend — „wurde verkauft mit Ausnahme eines Quantums Weizen,
das zum Verbrauch für die Kinder in einer Vorratskammer hinter-
legt war in dem Hause, das meinem Manne und dem Vormund ge-
hörte. Es war versiegelt mit meinem Siegel und dem des Vormundes.
Nach einiger Zeit bat ich ihn nun, nach Entnahme des für den Lebens-
unterhalt nötigen Getreides, den Rest zu verkaufen, oder als Saat-
getreide auszuleihen, damit er nicht verderbe. Er gab aber ausweichende
Antworten und that nicht nur keins von beiden, sondern entzog sich
überhaupt seinen Vormundspflichten. Darum reiche ich notgedrungen
diese Bittschrift ein und bitte dich, wenns dir beliebt, ihn dir vor-
führen zu lassen, damit er vor dir über Obiges Rechenschaft ablege."
„Tanomieus* 30 Jahre alt, mit einer Narbe am rechten Hüft-
gelenk"; folgt das Datum. (24. Jan. 211 n. Chr.).

Bei einer grossen Zahl der beim Strategen oder Centurio ein-
gereichten Anzeigen handeît es sich einfach um Diebstahl. So klagt (in
Nr. 467) eine Prau Soüris, schon früher habe sie, da sie damals krank
gewesen, durch ihren Sklaven Anzeige erstatten lassen, dass ein gew.
Satabus ihr 3 Kamele gestohlen. Als der Dieb den Befehl zur Rück-
gabe des Gestohlenen erhalten, sei er einfach auf und davon ge-
gangen. Anscheinend würde die Prau auch jetzt nicht versuchen, die
Tiere wieder zu bekommen, wenn diese nicht auf der Steuerliste untei
ihrem Namen ständen, und sie für dieselben zur Steuer herangezogen
zu werden fürchten müsste.

Aus dieser und aus der oben zuerst besprochenen wie auch noch
aus anderen Klagen können wir deutlich ersehen, dass die polizeiliche
Behörde des Dorfes, wenigstens die untere, aus Einheimischen be-

' B. G. U. Nr. 98.

2 Die Namensiintersehrift ist hier gleichfalls von der Hand des Schreibers ge-
schrieben. Meistens fehlt sie ganz.
 
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