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Ebers, Georg [Gefeierte Pers.]
Aegyptiaca: Festschrift für Georg Ebers zum 1. März 1897 — Leipzig, 1897

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https://doi.org/10.11588/diglit.7#0154
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Steiudorff, Eine neue Art ägyptischer Kunst. . 139

geschaffen sind, die die ganze -spätere ägyptische Kunst beherrschen.
Die Kunstwerke dieser Zeit stehen nicht am Anfange der künstle-
rischen Entwicklung des Volkes, sondern schon auf einer beträcht
liehen Höhe, die die Zeit der primitiven Kunst weit überragt. Warum
uns die Kunst gerade an diesem Punkte zuerst entgegentritt, ist freilich
eine Frage, die noch ihrer Lösung harrt. Dagegen ist eins sicher,
dass auch in Ägypten dieser fertigen Kunstthätigkeit eine Periode des
Tastern und künstlerischen Yersiichens vorhergegangen ist, jene Periode
naiver, kindlicher, unbefangener Arbeit, die noch frei ist von den
konventionellen Bedingungen, durch die die spätere Zeit eingeengt ist.

Über den Verlauf und die Dauer dieser Zeit können wir uns
keine festen Begriffe machen. Kennen wir doch von der primitiven
ägyptischen Kunst bis jetzt sehr wenig: die Min-Statuen von Koptos
mit ihren schlichten Skulpturen, die Beliefs auf dem Elfenbcingritï
(S. 133 Anm.), die Malereien auf den Gefassen, die in den Gräbern
von Negada und an anderen Stellen gefunden worden sind, gehören
hierher, falls für die letzteren sich Morgan's Datierung bestätigen
sollte. Jedenfalls stimmen diese Werke mit den Vorstellungen, die
wir uns von der vorgeschichtlichen Kunst, im Nilthale gemacht haben,
wohl üb er ein.

Anders freilich unsere neuen Reliefs: ihre Darstellungsweise ist
von allem Naiven weit entfernt, voll von Manier und technischer
Glätte'. Sie sind nicht von einem Manne gemacht, der noch nach
den künstlerischen Ausdrucksmitteln sucht, sondern von einem, der
die lOrmensprache schon vollkommen beherrscht. Man sehe nur, wie
konventionell die Muskulatur, die Augen, die Haar- und Bartfrisuren
gestaltet sind. Vergleicht man unsere Reliefs, am besten Bid. mit den
ältesten ägyptischen Reliefs, etwa denen des Amten-Grabes, so steht
hier eine Manier der anderen und nicht etwa, wie man erwarten sollte,
Schlichtes dem Konventionellen, Werdendes dem Gewordenen gegen- ■
über. Auch die Neigung zum Symbolisieren, die uns in der Darstellung
der Götter oder Ortlichkeiten durch die Figuren mit den Hacken (auf
Κ444) und in den in Hände endigenden Gott erst a ml artet ι (auf_Bwi.)
entgegentritt, würde man nur schwer als Eigenschaft einer anfangenden
Kunst anerkennen.

Angesichts dieser Bedenken gilt es nun zu entscheiden: entweder
haben uns die Beobachtungen, die wir aus den Einzelheiten der Dar-
 
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