Broterwerb gehemmten Watteau, der — seit 1705/6 etwa — in
Gillots Schule trippelnde ziegenfüßige Silenbabies hingepinselt hatte
und — zwei Jahre später wohl — bei Claude Audran schwankende Schä-
ferinnen in leichter Arabeskenrahmung. Julienne, der treueste der
Freunde, sieht in der verschollenen, auch im Stichwerk nicht erhal-
tenen Komposition „Funken jenes schönen Feuers, das in der Folgezeit
erstrahlen sollte“4). Er findet es merkwürdig, daß Watteau „nach
einer solchen Ehrung“ in seine schläfrige Heimatstadt Valenciennes
zurückkroch; allerdings wäre es ihm in Paris schlechter als mittel-
mäßig ergangen: er sah, daß seine Bildchen nicht gefielen „par le
peu de connoissance qu’on avoit de son nouveau genre de peindre“ 5).
Es ist begreiflich jedenfalls, daß die akademischen Richter sich in
der sicherlich unfreien Arbeit eines Anfängers nicht zurechtfanden;
erstaunlich dagegen, daß sie ihn sogleich als zweitbesten auszeichneten.
Drei Jahre später geben neue Geldzuwendungen des Königs die
Möglichkeit, die besten Preisträger der letzten Jahre nach Rom zu
schicken. Watteau stellt in einem Durchgangssaal der Akademie aus:
„Bilder und Zeichnungen“ sagt Julienne6); „die beiden Soldatenbilder,
die ihm der Kunsthändler Sirois abgekauft hatte“, berichtet sein Schwie-
gersohn Gersaint7). Die akademischen Würdenträger sind hingeris-
sen8), finden eine Studienreise zwecklos und fordern ihn auf, der
Akademie beizutreten; dem Bewerber wird das Thema des Aufnahme-
bildes nicht vorgeschrieben, auf das man, — mit satzungswidriger
Geduld, — fünf Jahre wartet.
Hatte man vielleicht gehofft, daß sich in der Zwischenzeit der Schil-
derer sanft-idyllischer Intermezzi aus dem Soldatenleben zum regulären
Schlachtenmaler emporgearbeitet haben würde (ein Genre, das zum
Ruhm der regierenden heroischen Ludwige aufs beste verwendbar
war, auch ehrenvoll für den Maler als moderne Historie), so mußte
der Vorwurf des Aufnahmebildes alle Wohlgesinnten enttäuschen.
Denn es verherrlichte keine monarchische oder allgemein virile Tugend;
bewies keine klassische Bildung; war weder vom Alten noch vom
Neuen Testament inspiriert. Es war sicherlich nur petit genre und petit
goüt und ein besser beratener Outsider hätte wenigstens für sein Auf-
nahmebild einen Gegenstand von größerer Dignität gefunden als „Die
Einschiffung nach der Insel Cythere“.
Immerhin: von der „assemblee generalle“ haben mindestens zwei
Drittel für Watteaus Zulassung gestimmt; woraus man schließen
könnte, daß die Mehrheit der Akademiker einer Neuwertung im Gegen
ständlichen und Formalen nicht abgeneigt war — oder daß etwas
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Gillots Schule trippelnde ziegenfüßige Silenbabies hingepinselt hatte
und — zwei Jahre später wohl — bei Claude Audran schwankende Schä-
ferinnen in leichter Arabeskenrahmung. Julienne, der treueste der
Freunde, sieht in der verschollenen, auch im Stichwerk nicht erhal-
tenen Komposition „Funken jenes schönen Feuers, das in der Folgezeit
erstrahlen sollte“4). Er findet es merkwürdig, daß Watteau „nach
einer solchen Ehrung“ in seine schläfrige Heimatstadt Valenciennes
zurückkroch; allerdings wäre es ihm in Paris schlechter als mittel-
mäßig ergangen: er sah, daß seine Bildchen nicht gefielen „par le
peu de connoissance qu’on avoit de son nouveau genre de peindre“ 5).
Es ist begreiflich jedenfalls, daß die akademischen Richter sich in
der sicherlich unfreien Arbeit eines Anfängers nicht zurechtfanden;
erstaunlich dagegen, daß sie ihn sogleich als zweitbesten auszeichneten.
Drei Jahre später geben neue Geldzuwendungen des Königs die
Möglichkeit, die besten Preisträger der letzten Jahre nach Rom zu
schicken. Watteau stellt in einem Durchgangssaal der Akademie aus:
„Bilder und Zeichnungen“ sagt Julienne6); „die beiden Soldatenbilder,
die ihm der Kunsthändler Sirois abgekauft hatte“, berichtet sein Schwie-
gersohn Gersaint7). Die akademischen Würdenträger sind hingeris-
sen8), finden eine Studienreise zwecklos und fordern ihn auf, der
Akademie beizutreten; dem Bewerber wird das Thema des Aufnahme-
bildes nicht vorgeschrieben, auf das man, — mit satzungswidriger
Geduld, — fünf Jahre wartet.
Hatte man vielleicht gehofft, daß sich in der Zwischenzeit der Schil-
derer sanft-idyllischer Intermezzi aus dem Soldatenleben zum regulären
Schlachtenmaler emporgearbeitet haben würde (ein Genre, das zum
Ruhm der regierenden heroischen Ludwige aufs beste verwendbar
war, auch ehrenvoll für den Maler als moderne Historie), so mußte
der Vorwurf des Aufnahmebildes alle Wohlgesinnten enttäuschen.
Denn es verherrlichte keine monarchische oder allgemein virile Tugend;
bewies keine klassische Bildung; war weder vom Alten noch vom
Neuen Testament inspiriert. Es war sicherlich nur petit genre und petit
goüt und ein besser beratener Outsider hätte wenigstens für sein Auf-
nahmebild einen Gegenstand von größerer Dignität gefunden als „Die
Einschiffung nach der Insel Cythere“.
Immerhin: von der „assemblee generalle“ haben mindestens zwei
Drittel für Watteaus Zulassung gestimmt; woraus man schließen
könnte, daß die Mehrheit der Akademiker einer Neuwertung im Gegen
ständlichen und Formalen nicht abgeneigt war — oder daß etwas
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