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Die Entwicklung des Götterglaubens in älterer Zeit.

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wieder Formen des Ptah sind, so ist schließlich alles dessen
Werk. — Auch sonst besteht Ätum aus Göttern, seine Adern,
seine Finger, seine Zähne und Lippen sind die Neunheit,
und so kommt es, daß dieser Mund, der den Namen aller
Dinge aussprach und aus dem Schu und Tefnet kamen (S. 32,
33), eigentlich doch auch dem Ptah zugehört.
So weit diese Lehre; man sieht voll Verwunderung, mit
welcher Ungeniertheit diese alten Theologen ihre Religion
umdeuteten und auflösten, freilich nicht aus philosophischem
Interesse, sondern lediglich zu Ehren des einen eigenen Gottes.
Solcher Spekulationen, die die Götter ineinander auflösten,
hat es offenbar mehr gegeben; die einen erklärten, ähnlich
wie unser Text, die Götter für Glieder des Re, oder auch
für Namen desselben, und andere wieder operierten mit den
oben gedachten Seelen der Götter. Dann sind nicht nur
die Sobkgötter die Seelen der Krokodile, d. h in ihnen ver-
körpert, sondern Chnum ist die Seele des Schu, Re ist die
Seele des Urwassers Nun und die Nacht ist die Seele der
Finsternis 32).
In das Volk ist gewiß nie viel von dieser Weisheit ge-
drungen; sie blieb wohl mehr ein stilles Vergnügen der
gelehrten Priester.
Stärker jedenfalls als die Theologie wirkten allerlei äußere
Vorgänge auf die Religion des Volkes ein. Wenn eine Stadt
reich und groß wurde, wenn viel Volk aus den benachbarten
Gauen ihre Märkte und Feste besuchte, so stieg damit auch
der Ruf und das Ansehen ihres Gottes; auch in der Nachbarschaft
gewann er sich Verehrer, und die Kapelle, die sie ihm bauten,
konnte dann zu einer neuen dauernden Stätte seines Kultus
werden. Und noch viel weiter breitete sich die Verehrung
eines Gottes aus, wenn seine Stadt das Glück hatte, Residenz
des Königs zu werden, wenn ihr Gott der Gott des königlichen
Hauses und damit des Staates wurde. Wir werden das
merkwürdigste Beispiel eines solchen Reichsgottes im vierten
Kapitel kennen lernen, aber auch in der alten Zeit hat es an
solchen Vorgängen nicht gefehlt. Wenn Horus, der doch
eigentlich der Vertreter Unterägyptens war, trotzdem für
beide Landesteile als Gott des Königtumes galt, und in jeder
der beiden alten Landeshauptstädte einen besonderen Stadt-
teil besaß, so muß das von jenen uralten Königen herrühren,
die die späteren Ägypter die Horusdiener nannten 33). Und
die angesehene Stellung, die die Götter von Memphis in
historischer Zeit überall einnahmen — Ptah als Gott der
Künstler, Sechmet als Göttin des Krieges — würde ihnen

32) Destruction des hommes 86. 33) Vgl. Ed. Meyer, Äg.
Zeitschr. 46,106 Anm. Sethe, Untersuch. III, 13.
 
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