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DAS STILLEBEN

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26. Cossa: Gruppe der „Stickerinnen“. Ferrara, Palazzo Schifanoja. Detail
(Phot. Anderson)

dekorative Sinn, die Prachtliebe und die Eigenart des oberitalienischen Naturalismus mußten
eine besondere Bevorzugung des Stillebens schon in früher Zeit zur Folge haben. Man
denke an die Fruchtgirlanden in der Paduaner und Venezianer Malerei, an den über-
aus reichen Thronaufbau bei dem Madonnenbild in diesen Schulen, vor allem auch in
Ferrara, an die ganz stillebenmäßige Behandlung der Hintergründe auf mailändischen
Madonnenbildern. Es wurde schon darauf hingewiesen, daß das Stilleben bei aller natura-
listischen Durchführung vielfach gerade die Aufgabe hat, dem Ganzen einen märchenhaften
Reiz zu verleihen, in besonderem Grade den Eindruck zu verstärken, daß sich das Reich
malerischer Phantasie, nicht die reale Umwelt vor unseren Augen aufgetan hat. Das Bild-
ganze erscheint oft wie ein einziges großes Stilleben. Man denke an die Madonna des
Fra Antonio da Negroponte, Venedig, S. Francesco della Vigna, an Mantegnas „hl. Se-
bastian“ im Louvre, seinen „Triumphzug Cäsars“ in Hamptoncourt, an die Madonnen
Crivellis vor allem. Vielfach wirken die Bilder wie eine Anhäufung von Kostbarkeiten,
worunter dann die Klarheit des Ganzen nicht wenig leidet. Sehr charakteristisch dafür ist
Mantegnas Altarwerk von S. Zeno als Ganzes wie in Einzelheiten, z. B. wie die Steinengel
am Thron durch den Teppich verdeckt werden (Taf. II).
Landschaft und Interieur wurden oben in Verbindung mit dem Licht als Aus-
drucksfaktoren genannt und ihre Pflege bereits auf die Neigung zur intimen Wirkung
in Oberitalien zurückgeführt. Sie sind nirgends in Italien so bevorzugt worden wie in
diesem nördlichen Abschnitt. Vor allem wirkt die Landschaft nie wie meist in Florenz und

v. d. Bercken-Mayer, Malerei der Renaissance in Oberitalien.

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