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142

LIBERALE DA VERONA

daraus die Vorliebe für ein reiches Linienwerk,
für Kurvenreichtum, für ornamentale Aufteilung
der Bildfläche entsprang. Berenson glaubt an
enge Beziehungen Liberales zu dem venezianer
Bildhauer Antonio Rizzo, vor allem wegen seiner
Sebastianfigur und der Draperien der Münchner
Pieta. Gewiß wurde der Maler von den verschie-
densten Künstlern angeregt, doch ist seine Kunst
höchstpersönlich, ein ebenso wichtiges wie reiz-
volles Beispiel oberitalienischer Spätgotik.
LeichteAnklänge an Matteo di Giovanni da Siena
finden sich in seinen frühenMadonnen in M a i 1 a n d
(Privatbesitz) und London (Nationalgalerie).
Sein stärkstes Werk ist die Münchner Be-
weinung Christi von 1489 (Abb. 152), wo Anregun-
gen, die teils von Mantegna, teils von der etwas
derben, aufs Plastische gestellten Tiroler Malerei
kommen mögen, aufs glücklichste verarbeitet
sind. Der Berliner Sebastian zeigt das gleiche
spätgotische Barock, das noch lebhafter in der
stürmischen Anbetung der Könige im erz-
bischöflichen Palast zu Verona zum Aus-
druck kommt. Der eben genannte Sebastian
scheint ebensowie eine ganz ähnliche Darstellung
in der Brera ohne Kenntnis der Werke Anto-
nellos da Messina nicht recht denkbar. Das
Mailänder Bild fesselt vor allem durch die Kanal-
landschaft. Eine der ausgeglichensten Schöp-
fungen des Künstlers ist der „Tod der Dido“ in
der Londoner National-Gallery. Im übrigen seien von seinen Altarbildern genannt die empor-
schwebende Magdalena mit der (ganz an Pollajuolos „Speranza“ sich anlehnenden) Katharina
und Anastasia in S. Anastasia in Verona, wo man von ihm auch eine mantegneske Grablegung
al fresco gemalt sieht.
Die Lombardei.

152. Liberale da Verona. Beweinung Christi.
München, Pinakothek. Phot. Hanfstaengi.


An selbständiger kunstgeschihtlicher Bedeutung kann sich die lombardische Malerei des
XV. und namentlich des XVI. Jahunderts der venezianischen nicht vergleichen: muß doch die
Lombardei in noch höherem Grade als fast alle anderen oberitalienischen Provinzen als fremde
Einflußsphäre betrachtet werden. Gingen lombardische Maler hinauf in die Schweiz, so kamen
andere vom Rhein nach Mailand und zu ihnen gesellten sich Franzosen und Niederländer. Nur
ganz wenige Maler von größter individueller Eigenart — zu nennen sind hier vor allem Vincenzo
Foppa, Bramantino und Gaudenzio Ferrari — hat die Lombardei hervorgebracht. Bedeutende
Meister wirkten in Mailand, aber die größten, Bramante und Leonardo da Vinci, waren keine
einheimischen Künstler. Die Anregungen, die von diesen beiden ausgegangen sind, haben bei der
weitaus größten Zahl ihrer lombardischen Schüler eine Umgestaltung ins Hübsche, Gefällige und
Liebenswürdige erfahren, und nur ganz selten •— bei Bramantino und Gaudenzio Ferrari — zu
 
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