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Bercken, Erich von der; Escher, Konrad
Malerei der Renaissance in Italien ([Band 2]): Die Malerei der Früh- und Hochrenaissance in Oberitalien — Wildpark-Potsdam: Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion m.b.H., 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.61915#0277
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CALISTO DA LODI

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Darstellung, ist trotz aller Bemühungen doch
ein wenig unbeholfen in der Komposition und
verfehlt in den Proportionen der Figuren. Eine
Mischung von umbrischen und raffaelesken Stil-
eigenschaften einerseits mit lombardischen, von
Leonardo und Luini stammenden Einflüssen
andererseits zeigt auch das 1520 in Auftrag ge-
gebene Polyptychon beider Brüder in S. Ag-
nese zu Lodi (mit S. Agostino in Cathedra
im Mittelbild).
Calisto Piazza, genannt Calisto da Lodi,
der Sohn und Neffe der älteren Piazza (gest.
1561?) war Schüler Romaninos. Eine „Ma-
donna mit den hl. Hieronymus und Johannes
dem Tfr.“ in der Brera zeigt den Einfluß,
Romaninos im Wesentlichen nur in den macht-
vollen, etwas derben Gestalten, aber andere
Bilder wie die „Salome“ im Wiener Museum
(dat. 1526; Abb. 259) sind ganz in dem groß-
figurigen, ein wenig gewaltsamen Komposi-
tionsstil des Romanino gehalten. Die „Tochter
der Herodias“ hat der Künstler mit beson-
derer Vorliebe dargestellt (Bilder in der In-
coronatainLodi,im Museum von Verona,
in Schleißheim usw.). Die zahlreichsten
Werke des Meisters befinden sich in der In-
coronata in Lodi (Joachim und Anna;
Szenen aus dem Leben Johannes d. Tfrs. und
Christi), doch sind viele dieser Bilder, die
eine recht flüchtige Ausführung zeigen, ver-
mutlich nicht von Calistos Hand, sondern viel-
leicht von seinen Brüdern Scipione und Cesare


260. L. Mazzolino. Christus unter den Schriftgelehrten.
Rom, Gal. Doria.

gemalt. Im Gegensatz zu den älteren Piazza
scheint bei Calisto der umbrische Einfluß ganz zu fehlen, es überwiegt neben der durchaus bestimmenden
Einwirkung Romaninos das Vorbild der Venezianer: in der letzten Zeit des Künstlers scheint auch römischer Ein-
fluß maßgebend gewesen zu sein.

Die Emilia.
Ferrara, das im Quattrocento so große Bedeutung als eines der wichtigsten Zentren künst-
lerischer Bestrebungen besessen hatte, sinkt im 16. Jahrhundert zu einer Kunststadt unterge-
ordneten Ranges herab. Der strenge und monumentale Geist, der hier im Quattrocento so hervor-
ragende Schöpfungen wie die Werke des Cosimo Tura und Francesco Cossa hervorgebracht hat,
erlischt; die einheitliche Richtung, die der ferraresischen Kunst im 15. Jahrhundert ihre Größe
gegeben hatte, macht einem Eklektizismus Platz, der die verschiedensten künstlerischen Strömun-
gen nebeneinander bestehen ließ: eine sich an alte Vorbilder anlehnende Richtung (Mazzolino),
eine von den Venezianern ebenso wie von Mittelitalien (Raffael) beeinflußte Kunstweise (Garofalo),
eine freie romantisch-phantastische Auffassung (Dosso Dossi) und endlich eine strenge Aus-
druckskunst (Ortolano).
Lodovico Mazzolini (datierte Werke von 1509—26, gest. gegen 1529 in Ferrara) war noch durchaus unter
dem Einfluß der älteren Ferraresen, des Cosimo Tura, des Ercole de Roberti und des Lorenzo Costa gebildet, wie
 
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