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Evers, Hans Gerhard; Rubens, Peter Paul [Hrsg.]
Rubens und sein Werk: neue Forschungen — Bruessel, 1944

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https://doi.org/10.11588/diglit.29108#0061
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RUBENS

durch, die aus den beiden Themen mehr Andachtsbilder als Erzählungen machte. Es war
Rubens 4. Er erhielt den Auftrag im Sommer 1601 durch einen Geschäftsträger des Erzherzogs
Afbrecht, namens Jean RichardoG, ohne dass wir genau übersehen, wie die Wahl zustande
bam. Im Winter 1601-02 wurden die Gemälde ausgeführG.
Der Christus, der in der Dornenbrönung die Mitte bildet, weissleuchtend und stilldul-
dend, ist wie ein Schmerzensmann (Imago pietatis); die Handlung durchströmt ihn nicht,
sie umhüllt ihn nur wie ein Mantel.
Eine Vorzeichnung zu diesem Gemälde ist erhalten (Abb. 4)^; aus ihr bann man entneh-
men, was dem Maler wichtig war. Christus beugt sich in den Empfang der Krone hinein; der
Geharnischte drücbt sie ihm mit dem Stab aufs Haupt. Im Gemälde stemmt er dazu den einen
Fuss oben auf den Säulensitz von Christus, und das Heine Hündchen (das erste, das wir von
Rubens bennen) wiederholt diese Gebärde des Anspringens. Ein zweiter bnieender Knecht
reicht Christus die Palme. Seine Abthaltung ist bompliziert, und er nimmt zugleich mit der
anderen Hand etwas vom Boden auf; das erinnert an die grotesben Tanzfiguren mittelalter-
licher Verspottungen. Am merbwürdigsten ist der dritte Knecht : mit einer Rute, aber auch
mit einer Lampe, mit brennendem Docht, die er in steiler Verbürzung über dem Haupte
Christi hält. Was bedeutet dieses Licht ? Da Krone, Rute, Palmwedel, Purpurmantel den
Schmerzensmann umgeben, ist auch dieses Licht eine Art höhnender Krönung ? Jedenfalls
muss es dem Maler wichtig gewesen sein, da er es unverändert aus der Zeichnung übernahm.
(Drei Lichtquellen sind im Bilde : noch eine Facbel und noch eine Laterne, und auch die
blaue Nachtluft scheint von hinten herein.)
Verändert gegenüber der Zeichnung ist der Sitz, und zu einer Säulentrommel gemacht. So
sind vier Säulengrössen im Bild : noch die Mittelsäule mit angeschmiedeten Ketten, die
Säulen des Söllers, und endlich die winzigen Säulen des Rundtempelchens der Laterne. Alle
Sabramentare in den Altären um 1600 bestehen aus dieser Miniatur-Architebtur; in einem
solchen scharfen Nebeneinander der verschiedensten Grössen ist also die Zeitlage des Rubens-
bildes enthalten

Eine ähnliche Verbindung von Andachtsbild und Geschichtsbild, von Zeitstil und c gebo-
renem Rubensstil enthält auch die Kreuzaufrichtung (Abb. 7)
Durch Komposition und Farbe ist Christus ganz heraus gelöst, ein weisser Körper, wuchtig
empfunden und sehr gut gemalt. Die Arme sind nicht nur gebreitet, sondern auch gedreht,
sodass der untere Arm nach vorn bommen, der obere zurücbweichen soll. Wenigstens wird

4 ROOSES, (Euere, 2, S. 278, Nr 444-446; EVERS, Ruperts, S. 40, Abb. Q; Edouard MiCHEL, Ecs Rubens
5 C. D. E, S. 21 H.
6 C. D. i„ S. 41 H.
7 BRAUNSCHWEIG : Als Van Dycb in der 9. Verödend, der Presfelges. :Ed. FLECHSIG, Zetcbn. alter Metsfer t..
 
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