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Evers, Hans Gerhard; Rubens, Peter Paul [Hrsg.]
Rubens und sein Werk: neue Forschungen — Bruessel, 1944

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https://doi.org/10.11588/diglit.29108#0239
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276

RUBENS

ein guter Scherz, denn man hat fast Mühe, hinter der ernsten Fassade sich die logischen und
historischen Unmöglichkeiten, auf denen die komische Wirkung beruht, klar zu machen.
Die erste wäre : so habe denn der Hut vorher « Chapeau de poil > geheissen, — « schon
eine ungewöhnliche Bezeichnung x< (insolite). Aber handelt es sich denn um einen Haarhut ?
Nach meiner Ansicht ebensowenig wie um einen Strohhut, und auch die anderen Autoren
stimmen darin überein, dass Filz, « feutre dargestellt sei. Ob es eine Sonderart von Filz sein
könnte, die man als Haar, als « poil x- bezeichnen könnte, scheint mir aus der Malerei nicht deut-
lich zu sein. So wäre denn eine stofflich falsche Bezeichnung nur durch eine andere stofflich
auch nicht eindeutige, wahrscheinlich sogar ebenso falsche Bezeichnung ersetzt, — die sich nun
nicht einmal seit 1871, sondern erst seit 1958 nach weisen liesse.
Und wie soll die Verschiebung von «poil x> in « paille x> vor sich gegangen sein ? Die Englän-
der sollen sich verhört haben, oder sollen «poiU falsch ausgesprochen haben, oder beides ? Und
nachdem dies geschehen war, wer soll aus ihrer schlechten Aussprache dann « paille 3- gebildet
haben ? Die Engländer selbst ? Wenn sie schon kein gutes Französisch sprachen, wieso wären
sie dann von einem sprachlich richtigen, nur undeutlich ausgesprochenen Wort auf ein ganz
anderes sprachlich ebenso richtiges, aber sachlich falsches Wort gekommen ? Sie wollten doch
«poil x> sagen; sollten sie sich vielleicht selber nicht verstanden haben, und dann auch im Wör
terbuch ebenso undeutlich nachgesehen haben, wie sie undeutlich aussprachen ? Oder haben
nicht die Engländer « paille x^ gebildet, sondern haben die Franzosen, die die Engländer mühsam
« poil X) aussprechen hörten, nun ihrerseits « paille x* verstanden und geschrieben ? Dann hätten
also die Franzosen den Engländern zur falschen Bezeichnung eines der berühmtesten Gemälde
in der National Gallery verholfen ? Vielleicht sogar absichlich ? Und keineswegs in abgelebten
Zeiten, sondern zwischen Höheren Schulen und Industrieausstellungen und Eisenbahnen, genau
gesprochen zwischen 1822 und 1871 ?
Aber wahrscheinlich kann ein Deutscher über die Verständnisse und Hörfehler, die zwischen
Franzosen und Engländern möglich sind, nicht gut urteilen. Dagegen kann auch ein Deutscher
in der alten Literatur nachsehen.
Die erste zusammenhängende Biographie über Rubens wurde im Jahre 1771 von dem Lizen-
tiaten J.-F.-M. Michel herausgegeben. In diesem Buch heisst es auf S. 359 : « La famille de
Lunden, ä Anvers, possede encore plusieurs eclatantes pieces de Rubens, dont une represente
un paysage (die sog. Farm in Laeken, heute im Besitz des englischen Königs, Buckingham-
Palace) chef-d oeuvre du peintre pour Ies vues champetres, embelli de figures et d animaux;
Louis XV, Roi de France, etant ä Anvers en 1746, voulant voir cette piece, en fut tellement
charme, qui! fit offrir Ia somme de 12.000 florins, argent de Brabant.
X) Le second tableau dans ladite famille est le portrait d une jeune Demoiselle, qui, dans son
temps, passa pour la plus belle personne des dix-sept provinces; eile y est representee le chapeau
Je paille plume en tete, qui met le visage dans un clair ombrage, et Ie grand jour donnant tout
son eclat sur la belle poitrine decouverte, et sur le reste du corps, produit l'effet le plus enchan-
tant : ladite Majeste temoigna son desir d en augmenter son cabinet, conjointement avec ledit
paysage, mais la vente fut interrompue par quelques manieres peu decentes de la part de Ia
proprietaire vis-a-vis un si grand Monarque; nota que jamais ce beau portrait n'a ete donne par
la gravure, mais le paysage ci-dessus mentionne, parait par la planche qu en a donne Lucas
Van Uden; les estampes sont sans dedicace, mais au bas on lit PP. Rubens ptnxit, L. Van
UJen (ecif. x<
 
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