ZU DEN SELBSTBILDNISSEN UND BILDNISSEN
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ist Der Katalog der Nat. Gal. berichtet zwar von der Tradition, dass Rubens dargesteHt
sei, findet aber gerade das Untergesiebt (das mir die charakteristischen Rubens-Züge zu
bieten scheint) unähnlich. Glück bezeichnet das Bild als <K Bildnis eines Kunstfreundes x<, mit
dem Versuch, es mit einem in Venedig ansässigen Kaufmanne Danie! Nys zu identifizieren.
Dass Glück von der Möglichkeit, es könne Rubens dargesteHt sein, nicht spricht, dürfte nicht
bedeuten, dass ihm diese Tradition unbekannt ist, sondern dass er sie für indiskutabel hält.
Demgegenüber hafte ich es nicht nur für möglich, sondern für im hohen Masse wahrschein-
lich, dass die bis in die Zeit von Rubens' Angehörigen zurück zu verfolgende Tradition recht
hat, und dass hier wirklich ein ungewöhnlich interessantes Bild von Rubens vorfiegt, interes-
sant nicht nur, weif es aus einer Zeit (ungefähr 1618) stammen muss, aus der uns sonst Rubens
Kopf nicht überfiefert ist, sondern vor alfem, weif es von einem anderen Menschen und
Künstfer gesehen ist. Denn die Bestimmung des Bifdes auf den jungen van Dyck begegnet
keinem Widerspruch. Uber die Eigentümfichkeiten des Kopfes, die auf Rubens deuten, haben
wir bei der Visscherschen Radierung schon gesprochen; aus dem Bifde ist die vief genauere
Angabe der Augenpartie zu vergfeichen, wozu noch kommt, dass der Haftung der ganzen
Gestaft (die in dem Ausschnitt bei Visscher etwas Befremdendes und Schroffes hat) durch den
Zusammenhang des ganzen Bifdes Begründung und Gefäffigkeit (wenn auch nicht Festigkeit)
gegeben wird.
Der Inhaft des Bifdes stimmt dazu aufs beste. Van Dyck war spätestens seit dem Jahre
1617 im Atefier von Rubens tätig und wohnte noch im Jahre 1620 in dem Hause; etwa aus
dem Jahre 1620 stammt auch ein Porträt von ihm von Rubens erster Gattin, Isabeffa Brant6^.
Im Jahre 1618 erwarb Rubens durch Tausch und Kauf von dem englischen Gesandten Sir
Dudfey Carfeton eine bedeutende Sammlung von antiken Marmorwerken : er schrieb am
1. Juli 1618 an diesen : Ich habe gerade heute die Marmorwerke bekommen, habe sie aber
wegen der eiligen Abreise des Herrn Pieterssen noch nicht ansehen können, jedoch hoffe ich,
dass sie meinen Erwartungen entsprechen werden. Der Erwerb dieser Antiken, durch die
Rubens Kabinett eine der bedeutendsten Privatsammlungen nördlich der Alpen wurde, war
für das Kunstfeben im Hause Rubens ein bedeutsames Ereignis. Es wäre also verständlich,
wenn van Dyck die Ankunft dieser Marmorwerke und überhaupt die aussergewöhnfiche
Bedeutung von Rubens als Kenner und Liebhaber des Altertums zum Inhalt eines Bifdes
gemacht hätte, das den berühmten Antwerpener Meister darsteffen und feiern soffte. Das würde
mit dem Charakter von Rubens sefbst übereinstimmen : der sich niemafs mit dem Pinsef in
der Hand, wohf aber im Kreise der Humanisten unter der Büste des Phifosophen Seneca
dargesteHt hatte.
Die künstferische Auffassung van Dycks kommt in der etwas gezierten Haftung, in den
efeganten, fässigen Händen, in den Säufen (die wie immer bei ihm kfassizistisch, nicht renais-
sance-kräftig, wirken), in der Öffnung ins Freie und in dem ganzen eigenartigen Grundriss der
Figuren voff zum Ausdruck; Rubens hat dem jüngeren Künstfer offenbar überhaupt nicht
dreingeredet bei diesem Werk. So wird auch in der Darsteffung des Kopfes die künstferische
Auffassung van Dycks eine bedeutende Roffe spiefen. Trotzdem ist es für die Ikonographie
66 E.-E. WASLIBURN FREUND, A. a. O., 5, bringt die richtige Nachricht von dem Gemälde « Rubens and
6? GLÜCK. Van Dych. S. 114.
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ist Der Katalog der Nat. Gal. berichtet zwar von der Tradition, dass Rubens dargesteHt
sei, findet aber gerade das Untergesiebt (das mir die charakteristischen Rubens-Züge zu
bieten scheint) unähnlich. Glück bezeichnet das Bild als <K Bildnis eines Kunstfreundes x<, mit
dem Versuch, es mit einem in Venedig ansässigen Kaufmanne Danie! Nys zu identifizieren.
Dass Glück von der Möglichkeit, es könne Rubens dargesteHt sein, nicht spricht, dürfte nicht
bedeuten, dass ihm diese Tradition unbekannt ist, sondern dass er sie für indiskutabel hält.
Demgegenüber hafte ich es nicht nur für möglich, sondern für im hohen Masse wahrschein-
lich, dass die bis in die Zeit von Rubens' Angehörigen zurück zu verfolgende Tradition recht
hat, und dass hier wirklich ein ungewöhnlich interessantes Bild von Rubens vorfiegt, interes-
sant nicht nur, weif es aus einer Zeit (ungefähr 1618) stammen muss, aus der uns sonst Rubens
Kopf nicht überfiefert ist, sondern vor alfem, weif es von einem anderen Menschen und
Künstfer gesehen ist. Denn die Bestimmung des Bifdes auf den jungen van Dyck begegnet
keinem Widerspruch. Uber die Eigentümfichkeiten des Kopfes, die auf Rubens deuten, haben
wir bei der Visscherschen Radierung schon gesprochen; aus dem Bifde ist die vief genauere
Angabe der Augenpartie zu vergfeichen, wozu noch kommt, dass der Haftung der ganzen
Gestaft (die in dem Ausschnitt bei Visscher etwas Befremdendes und Schroffes hat) durch den
Zusammenhang des ganzen Bifdes Begründung und Gefäffigkeit (wenn auch nicht Festigkeit)
gegeben wird.
Der Inhaft des Bifdes stimmt dazu aufs beste. Van Dyck war spätestens seit dem Jahre
1617 im Atefier von Rubens tätig und wohnte noch im Jahre 1620 in dem Hause; etwa aus
dem Jahre 1620 stammt auch ein Porträt von ihm von Rubens erster Gattin, Isabeffa Brant6^.
Im Jahre 1618 erwarb Rubens durch Tausch und Kauf von dem englischen Gesandten Sir
Dudfey Carfeton eine bedeutende Sammlung von antiken Marmorwerken : er schrieb am
1. Juli 1618 an diesen : Ich habe gerade heute die Marmorwerke bekommen, habe sie aber
wegen der eiligen Abreise des Herrn Pieterssen noch nicht ansehen können, jedoch hoffe ich,
dass sie meinen Erwartungen entsprechen werden. Der Erwerb dieser Antiken, durch die
Rubens Kabinett eine der bedeutendsten Privatsammlungen nördlich der Alpen wurde, war
für das Kunstfeben im Hause Rubens ein bedeutsames Ereignis. Es wäre also verständlich,
wenn van Dyck die Ankunft dieser Marmorwerke und überhaupt die aussergewöhnfiche
Bedeutung von Rubens als Kenner und Liebhaber des Altertums zum Inhalt eines Bifdes
gemacht hätte, das den berühmten Antwerpener Meister darsteffen und feiern soffte. Das würde
mit dem Charakter von Rubens sefbst übereinstimmen : der sich niemafs mit dem Pinsef in
der Hand, wohf aber im Kreise der Humanisten unter der Büste des Phifosophen Seneca
dargesteHt hatte.
Die künstferische Auffassung van Dycks kommt in der etwas gezierten Haftung, in den
efeganten, fässigen Händen, in den Säufen (die wie immer bei ihm kfassizistisch, nicht renais-
sance-kräftig, wirken), in der Öffnung ins Freie und in dem ganzen eigenartigen Grundriss der
Figuren voff zum Ausdruck; Rubens hat dem jüngeren Künstfer offenbar überhaupt nicht
dreingeredet bei diesem Werk. So wird auch in der Darsteffung des Kopfes die künstferische
Auffassung van Dycks eine bedeutende Roffe spiefen. Trotzdem ist es für die Ikonographie
66 E.-E. WASLIBURN FREUND, A. a. O., 5, bringt die richtige Nachricht von dem Gemälde « Rubens and
6? GLÜCK. Van Dych. S. 114.