Arbeiten Dürer's aus den Jahren 1514 - 1519.
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Entwicklung nicht ausbleiben, wenn nur erst der alte Bann
gelöst war und noch gesunde Elemente in den entstehenden
Kampf geführt wurden. — Dieser Kampf war aber zu
Dürer's Blüthezeit schon so gut wie entschieden; es brauchten
die alten Waffen nicht mehr hervorgesucht zu werden. Wenn
der Kaiser sich selbst, mit Rücksichtnahme auf seine persön-
lichen Verhältnisse ein Andachtsbuch herstellte, so war dieses
schon eine durchaus reformatorische That. Es wäre nicht
einmal schicklich gewesen, Gebete, bei denen vorauszusetzen
war, daß der Kaiser sie mit wirklicher, innerer Empfindung
und Andacht lesen würde, mit Verzierungen zu umgeben,
aus denen eine andere Stimmung hervorging. Hätte Dürer
dies gleichwohl gethan, so würde es bei dem althergebrachten
Gebrauche zwar nicht ausgefallen oder entschuldigt worden
sein. Passender wäre es jedenfalls gewesen, die Gebete,
Gesänge u. s. w. mit Darstellungen zu schmücken, die wo
möglich den Gedanken versinnlichten und klarer und nach-
drücklicher zur Seele führten. Wie es in Uebergangsepochen
zu geschehen Pflegt,, verfiel der Künstler in beide Richtungen
und brachte dadurch einen widrigen Eindruck hervor. Das
erste Blatt ist noch hübsch in der alten Weise verziert. Der
Tert enthält eine Empfehlung der Gebete an die Jungfrau
Maria und eine Empfehlung des Betenden an Gott den
Vater. Dürer hat daneben einen Schalmeibläser gezeichnet,
der, von schönem Rankengewinde umgeben, harmlos sein
Instrument bläst. Zwei abenteuerliche Vögel picken in den
Zweigen an Früchten; unten tummelt sich eine Meerkatze
mit dickem Apfel. Gleich die folgenden Blätter aber sind
schon aus anderem Geiste hervorgegangen. Neben der An-
rufung der heiligen Barbara steht diese Heilige selbst. So-
dann folgen an den für sie passenden Plätzen St. Sebastian
und St. Georg. Darauf springt der Künstler aber wieder
ab und läßt seine Laune schlimmer spielen, als selbst die
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Entwicklung nicht ausbleiben, wenn nur erst der alte Bann
gelöst war und noch gesunde Elemente in den entstehenden
Kampf geführt wurden. — Dieser Kampf war aber zu
Dürer's Blüthezeit schon so gut wie entschieden; es brauchten
die alten Waffen nicht mehr hervorgesucht zu werden. Wenn
der Kaiser sich selbst, mit Rücksichtnahme auf seine persön-
lichen Verhältnisse ein Andachtsbuch herstellte, so war dieses
schon eine durchaus reformatorische That. Es wäre nicht
einmal schicklich gewesen, Gebete, bei denen vorauszusetzen
war, daß der Kaiser sie mit wirklicher, innerer Empfindung
und Andacht lesen würde, mit Verzierungen zu umgeben,
aus denen eine andere Stimmung hervorging. Hätte Dürer
dies gleichwohl gethan, so würde es bei dem althergebrachten
Gebrauche zwar nicht ausgefallen oder entschuldigt worden
sein. Passender wäre es jedenfalls gewesen, die Gebete,
Gesänge u. s. w. mit Darstellungen zu schmücken, die wo
möglich den Gedanken versinnlichten und klarer und nach-
drücklicher zur Seele führten. Wie es in Uebergangsepochen
zu geschehen Pflegt,, verfiel der Künstler in beide Richtungen
und brachte dadurch einen widrigen Eindruck hervor. Das
erste Blatt ist noch hübsch in der alten Weise verziert. Der
Tert enthält eine Empfehlung der Gebete an die Jungfrau
Maria und eine Empfehlung des Betenden an Gott den
Vater. Dürer hat daneben einen Schalmeibläser gezeichnet,
der, von schönem Rankengewinde umgeben, harmlos sein
Instrument bläst. Zwei abenteuerliche Vögel picken in den
Zweigen an Früchten; unten tummelt sich eine Meerkatze
mit dickem Apfel. Gleich die folgenden Blätter aber sind
schon aus anderem Geiste hervorgegangen. Neben der An-
rufung der heiligen Barbara steht diese Heilige selbst. So-
dann folgen an den für sie passenden Plätzen St. Sebastian
und St. Georg. Darauf springt der Künstler aber wieder
ab und läßt seine Laune schlimmer spielen, als selbst die