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8. Kapitel. Der Garteii unter dem Einfluß bestimmter Bedingungen.

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nenneii, sind die Niederungen und sanften Höhenzüge zu den Seiten der
Taya an den Gränzen Mährens und Oesterreichs, der uralte Besitz des
Hauses Liechtenstein, von diesseits Lundenburg bis über Eisgrub und Felds-
berg hinaus wie in einen weitgedehnten Park verwnndelt worden. Es ist
eine wahre und echte Parklandschaft, eine Landschaft, welche geschlossene
und freie Kunstgürten und Wildgehege mit zahlreichem Wild und dichte alte
Wälder mit der Pracht knorriger Eichen und hochstümmiger Buchen enthült,
eine Landschaft, welche von einem gewundenen, in Arme sich zertheilenden
und Jnseln umschließenden Fluß durchzogen ist, welche eine Reihe seenartiger
Teiche mit bewaldeten Ufern und Jnseln umfaßt. Dazu giebt es Wiesen
und Fluren und Felder, weithin sichtbare Lustgebäude, großartige Schlösser,
größere Ortschaften wie Lundenburg und Feldsberg, und dazwischen zerstreut
die origiuellen Dörfer der Kroaten mit ihren hellen, weißen, buntverzierten
Hüusern. Das alles zusammen vercinigt sich zu einem lachenden Bilde, auf
dem das Auge mit Entzücken ruht, wenn der Sonnenschein die weiten Per-
spektiven erhellt oder das Abendgold auf den breiten Wasserflächen leuchtet
und seine Strahlen in die dunkeln Waldmassen wirft. Jn Wahrheit, das
ist verschönerte Landschaft.

Aber solche landschastliche Bilder zu schaffen, sie hervorzurufen auf
einem Boden, den die Natur mit ihren Schönheiten nur karg bedacht hat,
dazu gehört mehr als Wille und Mittelz es gehört dazu das Verstündniß
der Natur und der Kunst zugleich. Man muß wissen, was man will, und
um das zu wissen, muß man sich klar sein über die künstlerischen Mittel
und die künstlerischen Ziele.

Das aber, Klarheit und Urtheil, ist heute bei der „schönen Gartenkunst"
vielleicht weniger vorhanden als bei anderen Zweigen der Kunst. Wir
wachsen auf in Gürten oder in ihrem Genuß und kommen daher niemals
zur Kritik derselben, und wenn die Natur uns ihre Reize zeigt, uns Laien,
die wir nichts wollen als Blumen und Grün, als frische Luft und Sonnen-
schein oder kühlen Schatten, so sind wir bald befriedigt, in welcher Gestalt
auch immer diese Reize uns entgegen treten. Wir üben keine Kritik — wir
verstehen es auch nicht —, wir fragen nicht viel nach der Richtigkeit der
Anlage, nach den gegebenen Bedingungen, ob an dem gegebenen Platze auch
das möglichst Beste und Schönste erreicht worden ist. Und doch haben wir
ein Recht zu verlangen, und zumal bei Werkeu des öffentlichen Genusses,
daß jedc Kunst nn ihrem Orte unter den vorhandenen Umständen das
 
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