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Drei
„Nach Italien?"
„Weiter."
„Nach Armenien also?"
„Weiter, weiter!"
Ulrike schwieg erschrocken vor diesem furchtbaren „Wei-
ter!" still.
„Sehnst Du Dich heim?"
„Nein!" antwortete Ulrike mit starker Stimme.
„Ich will Dir den Weg durch Erzählungen kürzen; ich
habe viel gesehen!"
„Ich glaube, Ihr seid älter als Ihr scheint!"
„Ich bin heute einunddreißig Jahre alt geworden; aber ich
kann Dir erzählen von Philippine Welser, wenn Du willst, von
Kaiser Max, von Karls des Großen Tochter Emma, von" —
„Laßt sie," unterbrach Ulrike; „sagt mir lieber, was jener
flatternde dunkle Schatten bedeutet, der dort im Kreise um den
Hügel schwebt? Er ist wie eine Gestalt, die bald die Hände
zu erheben, bald fic wehklagend zu ringen scheint!" —
„Das ist der Geist eines erschlagenen Kaufmannes aus
Nürnberg, der vor zweihundert Jahren in jenem Hügel ver-
scharrt wurde."
Freier.
Ulrike zog ihren Mantel fester um sich und drängte sich
an ihren Begleiter.
„Ich sah ihn, wie er frisch und wohlgemuth auf einem
Saumroß den Brenner überstieg; er brachte eine große Summe
aus Venedig heim."
„Ihr saht ihn — vor zweihundert Jahren —?"
„Ja!"
„Vor zweihundert Jahren?!" rief Ulrike noch einmal er-
schrocken aus.
„Ich kann Dir noch ältere Bekannte nennen! Siehst Du
dort vor uns in weiter Ferne den Spiegel eines Weihers
im Mondschein schimmern? Ich stand an diesem Weiher, als
Kaiser Otto sein schweiß- und blutbedecktes Roß darin trinken
ließ, nachdem er auf diesen Feldern hier die Ungarnschlacht
geschlagen!"
„Um Gottes Willen, wer bist Du?" stöhnte das entsetzte
Weib und hielt ihren Schritt an.
„Weiter, weiter!" sagte Jsaac Laquedem; „ich darf nicht
stehen bleiben, wir müssen weiter!"
„Keinen Schritt, bevor Du mir antwortest!"
„Wer ich bin — das weißt Du noch nicht?"
Drei
„Nach Italien?"
„Weiter."
„Nach Armenien also?"
„Weiter, weiter!"
Ulrike schwieg erschrocken vor diesem furchtbaren „Wei-
ter!" still.
„Sehnst Du Dich heim?"
„Nein!" antwortete Ulrike mit starker Stimme.
„Ich will Dir den Weg durch Erzählungen kürzen; ich
habe viel gesehen!"
„Ich glaube, Ihr seid älter als Ihr scheint!"
„Ich bin heute einunddreißig Jahre alt geworden; aber ich
kann Dir erzählen von Philippine Welser, wenn Du willst, von
Kaiser Max, von Karls des Großen Tochter Emma, von" —
„Laßt sie," unterbrach Ulrike; „sagt mir lieber, was jener
flatternde dunkle Schatten bedeutet, der dort im Kreise um den
Hügel schwebt? Er ist wie eine Gestalt, die bald die Hände
zu erheben, bald fic wehklagend zu ringen scheint!" —
„Das ist der Geist eines erschlagenen Kaufmannes aus
Nürnberg, der vor zweihundert Jahren in jenem Hügel ver-
scharrt wurde."
Freier.
Ulrike zog ihren Mantel fester um sich und drängte sich
an ihren Begleiter.
„Ich sah ihn, wie er frisch und wohlgemuth auf einem
Saumroß den Brenner überstieg; er brachte eine große Summe
aus Venedig heim."
„Ihr saht ihn — vor zweihundert Jahren —?"
„Ja!"
„Vor zweihundert Jahren?!" rief Ulrike noch einmal er-
schrocken aus.
„Ich kann Dir noch ältere Bekannte nennen! Siehst Du
dort vor uns in weiter Ferne den Spiegel eines Weihers
im Mondschein schimmern? Ich stand an diesem Weiher, als
Kaiser Otto sein schweiß- und blutbedecktes Roß darin trinken
ließ, nachdem er auf diesen Feldern hier die Ungarnschlacht
geschlagen!"
„Um Gottes Willen, wer bist Du?" stöhnte das entsetzte
Weib und hielt ihren Schritt an.
„Weiter, weiter!" sagte Jsaac Laquedem; „ich darf nicht
stehen bleiben, wir müssen weiter!"
„Keinen Schritt, bevor Du mir antwortest!"
„Wer ich bin — das weißt Du noch nicht?"
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Drei Freier"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 11.1850, Nr. 244, S. 26
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg