5 I Bestellungen werden in allen Buch- und Kunst- M . Erscheinen wöchentlich. Subscriptionspreis fiiv; yr /i\
_ ^Handlungen, sowie von allen Postämtern und —-* • beit Band von 24 Nummern 3 fl. 36 kr. R.W.j *
Zeitungsexpeditionen angenommen. od. 2 Rthlr. Einzelne Nummern kosten^l2 kr. od. 4 Sgr.
Drei Freier.
lFortsetzung.)
„Hussa!" sagte der Reuter neben ihr, „das ist ein lustig
Reiten, schöne Frau — ist's nicht? Hört Ihr, wie meine
Meute läutet?!"
Ulrike athmcte tief auf. Es war eine Art Angstschrei,
der dabei ihrer Brust entquoll.
„Wo ist Deine Zuversicht, Weib?" fuhr der wilde Reu-
ter fort: „fasse Dich! Ahasver hat Dich erschreckt mit den
Geistern der Todten, die er Dir zeigte. Ich will sie Dir
verhüllen und Dich nichts erblicken lassen, als die Geister
der Lebenden. Deine Prüfung soll leichter sein!"
Der Reuter sagte diese letzten Worte mit einem Ausdruck,
der wie tiefer Hohn klang.
Die Richtung, in welcher der gespenstische Zug sich fort-
bewegte, war derjenigen, in welcher Ulrike vorher geführt worden
war, gerade entgegengesetzt. Wäre es Tag geivesen, so hätte sie
in dem Gewirre der dunkelbeschatteten Thäler und der Hügel
unter sich, die waldbewachsenen Höhen Frankens erkennen kön-
nen. So aber erkannte sie nichts als die düstren Umrisse der
Tiefen und Höhen, der Wälder und der Ebenen, über die sie
rastlos dahin brausten. Dies alles aber war bei dem dämme-
rigen Mondlicht so verschwommen in ein und dasselbe nächt-
liche leichenhafte Grau, daß es aussah, wie eine von allem
Leben verlassene Schöpfung, wie ein ödes Gefilde, über welches
der Tod geschritten. Diese Erde, die mit endlos ausgedehntem
Horizont sich da unten in die Nacht erstreckte, von der kein Ton
und kein Laut empor drang, als höchstens ein wimmerndes
Aechzen des Windes aus den Waldwipfeln der höchsten Höhen,
über welche der Zug dahinfuhr, diese öde traurige Erde schien
wirklich in den Banden des Todes zu liegen, oder unter einem
Fluche erstarrt zu sein, der auf sie gefallen, um sie ewiger Ver-
lassenheit zu überliefern. Und als würde dieser Welt der Trauer
und des Sterbens der Bote jenes Fluches gesandt, schwebte
der Zug des wilden Heeres mit laut gellenden Hohnrufen,
mir langgezogenen Hifthornklängen, mit wutherfülltem Rüden-
geheul, und endlich mit all seinen grausenhaften, entsetzlichen
Nachtgestalten über die dämmerige Schädelstätte da unten fort. !
Dies Alles war so furchtbar, daß Ulrike sich der Wirklichkeit
entrückt und wie von einem schweren Traum befangen glauben
mußte; dieses durch das rastlose Dahinbrausen verstärke Traum-
gefühl aber gab chr etwas von ihrer Fassung, von ihrem freien
Athem wieder.
Nach einer Weile schimmerte in der Ferne ein weißes Ge-
wässer auf und der Mond trat aus Wolken hervor, so daß es j
wie ein silberglänzendes, weit in's Land hinein geworfenes Band
erschien. An seinem Ufer, auf einem Hügel, der das Strom-
thal beherrschte, hoben sich dunkle Umrisse von Mauern, Thür-
men, Giebeln aus hohen Pappelgruppen und Baumwipfeln
empor. Es war eine düster dräuende Masse, in der Ulrike,
so wie sie näher kam, immer deutlicher die einzelnen Bau-
theile eines großen und schönen Schlosses erkannte. Zugleich
senkte sich der Flug der Rosse; der Wille des Rodensteiners
schien sie ohne Zuruf und Zügelruck zu leiten. Sie schweb-
ten immer niedriger und langsamer, bis sie dicht an einer
matt erleuchteten Fensterreihe des Pallastes vorüberzogen,
während oben über die Thürme und Essen des Gebäudes fort
der Troß dahinstürmte.
„Blick hinein!" sagte der Rodensteiner zu Ulrike und diese
warf, unwillkührlich gehorchend, einen Blick in den erleuch-
tetetx Raum des Schlosses. Sie sah einen Mann im Nachtgewünde
neben einer Wiege stehen, in welcher ein Kind schlummerte.
Jni Hintergründe schlief eine Wärterin in einem Armsessel.
Der Mann war heimlich herbeigeschlichen, um das Kind zu er-
drosseln, das seinem ehrgeizigen Verlangen nach einem Throne
5
_ ^Handlungen, sowie von allen Postämtern und —-* • beit Band von 24 Nummern 3 fl. 36 kr. R.W.j *
Zeitungsexpeditionen angenommen. od. 2 Rthlr. Einzelne Nummern kosten^l2 kr. od. 4 Sgr.
Drei Freier.
lFortsetzung.)
„Hussa!" sagte der Reuter neben ihr, „das ist ein lustig
Reiten, schöne Frau — ist's nicht? Hört Ihr, wie meine
Meute läutet?!"
Ulrike athmcte tief auf. Es war eine Art Angstschrei,
der dabei ihrer Brust entquoll.
„Wo ist Deine Zuversicht, Weib?" fuhr der wilde Reu-
ter fort: „fasse Dich! Ahasver hat Dich erschreckt mit den
Geistern der Todten, die er Dir zeigte. Ich will sie Dir
verhüllen und Dich nichts erblicken lassen, als die Geister
der Lebenden. Deine Prüfung soll leichter sein!"
Der Reuter sagte diese letzten Worte mit einem Ausdruck,
der wie tiefer Hohn klang.
Die Richtung, in welcher der gespenstische Zug sich fort-
bewegte, war derjenigen, in welcher Ulrike vorher geführt worden
war, gerade entgegengesetzt. Wäre es Tag geivesen, so hätte sie
in dem Gewirre der dunkelbeschatteten Thäler und der Hügel
unter sich, die waldbewachsenen Höhen Frankens erkennen kön-
nen. So aber erkannte sie nichts als die düstren Umrisse der
Tiefen und Höhen, der Wälder und der Ebenen, über die sie
rastlos dahin brausten. Dies alles aber war bei dem dämme-
rigen Mondlicht so verschwommen in ein und dasselbe nächt-
liche leichenhafte Grau, daß es aussah, wie eine von allem
Leben verlassene Schöpfung, wie ein ödes Gefilde, über welches
der Tod geschritten. Diese Erde, die mit endlos ausgedehntem
Horizont sich da unten in die Nacht erstreckte, von der kein Ton
und kein Laut empor drang, als höchstens ein wimmerndes
Aechzen des Windes aus den Waldwipfeln der höchsten Höhen,
über welche der Zug dahinfuhr, diese öde traurige Erde schien
wirklich in den Banden des Todes zu liegen, oder unter einem
Fluche erstarrt zu sein, der auf sie gefallen, um sie ewiger Ver-
lassenheit zu überliefern. Und als würde dieser Welt der Trauer
und des Sterbens der Bote jenes Fluches gesandt, schwebte
der Zug des wilden Heeres mit laut gellenden Hohnrufen,
mir langgezogenen Hifthornklängen, mit wutherfülltem Rüden-
geheul, und endlich mit all seinen grausenhaften, entsetzlichen
Nachtgestalten über die dämmerige Schädelstätte da unten fort. !
Dies Alles war so furchtbar, daß Ulrike sich der Wirklichkeit
entrückt und wie von einem schweren Traum befangen glauben
mußte; dieses durch das rastlose Dahinbrausen verstärke Traum-
gefühl aber gab chr etwas von ihrer Fassung, von ihrem freien
Athem wieder.
Nach einer Weile schimmerte in der Ferne ein weißes Ge-
wässer auf und der Mond trat aus Wolken hervor, so daß es j
wie ein silberglänzendes, weit in's Land hinein geworfenes Band
erschien. An seinem Ufer, auf einem Hügel, der das Strom-
thal beherrschte, hoben sich dunkle Umrisse von Mauern, Thür-
men, Giebeln aus hohen Pappelgruppen und Baumwipfeln
empor. Es war eine düster dräuende Masse, in der Ulrike,
so wie sie näher kam, immer deutlicher die einzelnen Bau-
theile eines großen und schönen Schlosses erkannte. Zugleich
senkte sich der Flug der Rosse; der Wille des Rodensteiners
schien sie ohne Zuruf und Zügelruck zu leiten. Sie schweb-
ten immer niedriger und langsamer, bis sie dicht an einer
matt erleuchteten Fensterreihe des Pallastes vorüberzogen,
während oben über die Thürme und Essen des Gebäudes fort
der Troß dahinstürmte.
„Blick hinein!" sagte der Rodensteiner zu Ulrike und diese
warf, unwillkührlich gehorchend, einen Blick in den erleuch-
tetetx Raum des Schlosses. Sie sah einen Mann im Nachtgewünde
neben einer Wiege stehen, in welcher ein Kind schlummerte.
Jni Hintergründe schlief eine Wärterin in einem Armsessel.
Der Mann war heimlich herbeigeschlichen, um das Kind zu er-
drosseln, das seinem ehrgeizigen Verlangen nach einem Throne
5