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Praktisch-modern« Belletristik.
treffend der allerdings nicht genau bezeichneten Eventualität
verbannten offenbar die Vermuthung eines bloßen Scherzes.
Eben so sprach die im rückhaltslosen Vertrauen auf männliche
Erfüllung gestellte Bedingung gegen eine böswillige Mystifikation,
und das naive Postscript ließ gewiß eher einen flotten jungen
Edelmann (vielleicht einen Gesandschaftsattachee), als einen
ordinären Börsenmakler vermuthen.
»Ra, was sagt man zu diesem Briefchen, he?" Damit
reichten Sr. Edeln Aurora das räthselhaste Billet.
Aurora las und fiel in Ohnmacht.
Herr Severus war zum Glück schon an Ohnmächten seiner
Tochter gewöhnt und wartete daher ruhig ab, bis sie wieder
zu sich kam, ohne die Klingel zu ziehen.
Nun Hub der gestrenge Papa an, wie besagtes Avis von
Niemanden Andern, als einer einflußreichen, also hochgestellten
Persönlichkeit herrühren könne und wie daß eS das größte
Glück wäre, wenn von selber eine ungerathenc Edle von Lilicn-
thal, die sich so weit vergessen, mit einem Hermann Purzbichler
zu botanisiren, noch würdig erachtet würde, zum ehelichen Ge-
mahl erkieset zu werden. Notabene ein junger hübscher Mann,
der eine so adeliche Gesinnung zeige, daß er keinen Antheil
am Gewinn, sondern nur die Hand seiner Tochter bean-
spruche, (man sieht deutlich, daß Sr. Edeln kein Schmeichler
waren) und — id quod praeprimis oolandum — keinen An-
stand nehme, sich Freund eines Severus Edlen von Lilienthal
zu nennen, was ein Bürgerlicher in seinem Leben nie wagen
dürfte, ja das könne doch nur ein erakter Eavalier auS
den „angejehenstcn Kreisen der Gesellschaft" sein!
Vergebens bot Aurora ihre ganze Beredsamkeit und
daS ganze Brockhaus'schc Convcrsationslcrikon auf, um
„Papachcn" auf andere Gedanken zu bringen.
Papachcn blieb fest und unerschütterlich.
Nicht nur alle seine disponiblen Baarfonds, sondern
auch seine Herrschaft, indem er sie zum allgemeinen Er-
staunen bis auf den letzten Ziegel verschuldete, setzte er
auf's Spiel und kaufte dafür auf den nqchstgclegenen
Börsen nach und nach ganze Stöße von StaatSpapicrcn
auf. Günstigen Falls — und daran mochte er auch
nicht zweifeln — ließen sich ja viele Tausende gewinnen
und im ungünstigsten Falle waren freilich vielleicht viele
Tausende verloren, aber der Edle von Lilienthal darum
»och. lange kein Bettler, denn die- schrecklichste Neuigkeit
konnte doch beileibe nicht den Eours sogleich auf 0
herabdrücken!
Wer wagt, gewinnt!
Plötzlich ersd)ie»cn Crtrablätter — die erste» wie-
der seit 1818 — 1819 — und verkündetem mit fetten
Lettern die telegraphische Nachricht vom. Falle Scba-
stopolS. Die Börsen waren- wie elektrifirt und die Course
stiegen blitzschnell zu einer schon lange nicht mehr erreichte» Höhe.
Der Erle von Liljenthal rief freudestrahlend: „Aha!"
und verkaufte seine Papiere augenblicklich, an die willigsten
Nehmer.
Binnen drei Tagen war nicht nur seine Herrschaft, wieder
Und waar' an jeder Lump so groß,
AlS wie der Unnütz is.
Sie stehlet'n von Himmi d'Stern
Und z'leht gar 's Paradies.
Zun Hennakopf und Katznkopf
Ro weiter stell' dir für
Die richti Henna und die Katz,
Was waar'n dces für Thier.
Und denk' Dir 'n Roth-Ofa g'hoazt
Und 'n Baam zu'n hocha Blatt,
Na mirkst eS erscht, was 'S iS um Berg
Und wie ma'S z'schätz'n bat.
'S iS aber z'Bertlsgadn drinn
A Berg aa wer 'n kennt,
Der iS, es woaß koa Mensch warum,
Der u'sinni Winkl g'nennt.
Und wollt' ma' d'Narrn auf der Welt
All' in den Winkl thoa,
Wie groß und weit aar als er iS,
So waar' er dengerscht z'kloa.
Praktisch-moderne Belletristik.
(Schluß.)
Allein gegen beide Annahmen sprachen die gewichtigsten
Gründe. Der ernste Ton und die Frankatur des Schreibens,
sowie der Ort der Abscndung und die Möglichkeit drö Ein-
Praktisch-modern« Belletristik.
treffend der allerdings nicht genau bezeichneten Eventualität
verbannten offenbar die Vermuthung eines bloßen Scherzes.
Eben so sprach die im rückhaltslosen Vertrauen auf männliche
Erfüllung gestellte Bedingung gegen eine böswillige Mystifikation,
und das naive Postscript ließ gewiß eher einen flotten jungen
Edelmann (vielleicht einen Gesandschaftsattachee), als einen
ordinären Börsenmakler vermuthen.
»Ra, was sagt man zu diesem Briefchen, he?" Damit
reichten Sr. Edeln Aurora das räthselhaste Billet.
Aurora las und fiel in Ohnmacht.
Herr Severus war zum Glück schon an Ohnmächten seiner
Tochter gewöhnt und wartete daher ruhig ab, bis sie wieder
zu sich kam, ohne die Klingel zu ziehen.
Nun Hub der gestrenge Papa an, wie besagtes Avis von
Niemanden Andern, als einer einflußreichen, also hochgestellten
Persönlichkeit herrühren könne und wie daß eS das größte
Glück wäre, wenn von selber eine ungerathenc Edle von Lilicn-
thal, die sich so weit vergessen, mit einem Hermann Purzbichler
zu botanisiren, noch würdig erachtet würde, zum ehelichen Ge-
mahl erkieset zu werden. Notabene ein junger hübscher Mann,
der eine so adeliche Gesinnung zeige, daß er keinen Antheil
am Gewinn, sondern nur die Hand seiner Tochter bean-
spruche, (man sieht deutlich, daß Sr. Edeln kein Schmeichler
waren) und — id quod praeprimis oolandum — keinen An-
stand nehme, sich Freund eines Severus Edlen von Lilienthal
zu nennen, was ein Bürgerlicher in seinem Leben nie wagen
dürfte, ja das könne doch nur ein erakter Eavalier auS
den „angejehenstcn Kreisen der Gesellschaft" sein!
Vergebens bot Aurora ihre ganze Beredsamkeit und
daS ganze Brockhaus'schc Convcrsationslcrikon auf, um
„Papachcn" auf andere Gedanken zu bringen.
Papachcn blieb fest und unerschütterlich.
Nicht nur alle seine disponiblen Baarfonds, sondern
auch seine Herrschaft, indem er sie zum allgemeinen Er-
staunen bis auf den letzten Ziegel verschuldete, setzte er
auf's Spiel und kaufte dafür auf den nqchstgclegenen
Börsen nach und nach ganze Stöße von StaatSpapicrcn
auf. Günstigen Falls — und daran mochte er auch
nicht zweifeln — ließen sich ja viele Tausende gewinnen
und im ungünstigsten Falle waren freilich vielleicht viele
Tausende verloren, aber der Edle von Lilienthal darum
»och. lange kein Bettler, denn die- schrecklichste Neuigkeit
konnte doch beileibe nicht den Eours sogleich auf 0
herabdrücken!
Wer wagt, gewinnt!
Plötzlich ersd)ie»cn Crtrablätter — die erste» wie-
der seit 1818 — 1819 — und verkündetem mit fetten
Lettern die telegraphische Nachricht vom. Falle Scba-
stopolS. Die Börsen waren- wie elektrifirt und die Course
stiegen blitzschnell zu einer schon lange nicht mehr erreichte» Höhe.
Der Erle von Liljenthal rief freudestrahlend: „Aha!"
und verkaufte seine Papiere augenblicklich, an die willigsten
Nehmer.
Binnen drei Tagen war nicht nur seine Herrschaft, wieder
Und waar' an jeder Lump so groß,
AlS wie der Unnütz is.
Sie stehlet'n von Himmi d'Stern
Und z'leht gar 's Paradies.
Zun Hennakopf und Katznkopf
Ro weiter stell' dir für
Die richti Henna und die Katz,
Was waar'n dces für Thier.
Und denk' Dir 'n Roth-Ofa g'hoazt
Und 'n Baam zu'n hocha Blatt,
Na mirkst eS erscht, was 'S iS um Berg
Und wie ma'S z'schätz'n bat.
'S iS aber z'Bertlsgadn drinn
A Berg aa wer 'n kennt,
Der iS, es woaß koa Mensch warum,
Der u'sinni Winkl g'nennt.
Und wollt' ma' d'Narrn auf der Welt
All' in den Winkl thoa,
Wie groß und weit aar als er iS,
So waar' er dengerscht z'kloa.
Praktisch-moderne Belletristik.
(Schluß.)
Allein gegen beide Annahmen sprachen die gewichtigsten
Gründe. Der ernste Ton und die Frankatur des Schreibens,
sowie der Ort der Abscndung und die Möglichkeit drö Ein-
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Berg-Namen"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Thema/Bildinhalt (normiert)
Gedränge <Motiv>