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Praktisch-moderne Belletristik.

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schuldenfrei, sondern er hatte auch einen Baargewinn von
200,00V fl. Rhein, in der Tasche.

Acht Tage später war die bekannte Tartarcnnachricht förm-
lich widerrufen, und die Papiere sanken tiefer denn zuvor.
Der Edle von und zu u. s. w. rief lachend: „Aha!" und
schmunzelte beim Anblick des Börsenzettels.

Der Bediente meldete einen Fremden.

Der Edle von u. s. w. rief: „Aha!" und befahl, ihn
sogleich vorzulassen. Ein junger Mann in eleganten Rcise-
klcidern und mit einer Sammtmaske vorm Gesichte trat rin,
verneigte sich vor dem Erstaunten und wies ihm schweigend
rin halbes Insiegel.

Der Edle von Lilienthal konnte sich bei diesem Anblicke
nicht länger- halten und stürzte ihm in die Arme. Der Unbe-
kannte wehrte ihn sanft ab, deutete stumm auf eine in seine» Hän-
den befindliche Schrift und auf den am Pulte stehenden Schreibzeug.

Das Dokument war ein Hcirathskontrakt „zwischen . . .
.... (der Name des Bräutigams fehlte noch) und dem hoch-
edclgeborncn Fräulein Aurora von Lilicnthal, welcher der Un-
terzeichnete Herr Vater Severus Edler von Lilienthal die

Summe von.fl. Rhein, (ebenfalls die Summe

unausgefüllt) als Mitgift vcrabzurcichen sich verpflichte."

Der Edle von u. s. w. übersah kaum flüchtig die Schrift,
und fragte nur, ob er das Vergnügen und die Ehre habe,
den hohen Bewerber um seine Tochter in persona vor sich zu
erblicken?

Der Fremde nickte bejahend.

Sofort unterschrieb der Edle u. s. w. und füllte den
lerrgelassencn Platz für die Mitgift mit der bekannten Ge-
winnstsumme 200,000 aus.

Der Fremde schien vollkommen befriedigt zu sein und
reichte mit einer galanten Verbeugung, indem er zu gleicher
Zeit die Sammtmaske etwas lüftete, dem Fräulein die Feder
zur Unterschrift.

Aurora schrie laut auf und — unterschrieb zitternd.

„Ha!" dachte sich der Edle u. s. w., „das ist am Ende
gar ein Prinz oder so was dergleichen!" Auf diese stolze
Vcrmuthung führte ihn natürlich der Aufschrei AuroraS.

Jetzt erst ergriff der Fremde die Feder, füllte den Raum
für seinen Namen aus und unterschrieb ebenfalls zitternd;
bestreute, während der Edle u. ,s. w. in der höchsten Spannung
ehrfurchtsvoll sich in einiger Entfernung hielt. Alles gehörig
mit Streusand, faltete das Papier und steckte cö in die Brust-
tasche. Jetzt wandte er sich gegen den Edlen von u. s. w.
und stürzte ihm, während er die Maske fallen ließ, zu Füßen.

Herr Severus schrie jetzt auch laut auf. Ganz natürlich,
denn cs war der leibhaftige Purzbichler, der vor ihm lag!
Jetzt stürzte auch Aurora „Papachcn" zu Füßen, welches schon
stark nach einem spanischen Rohr in der Ecke schielte und eben
darnach langte, als der vcrhängnißvollc Courszcttel vom Pulte
siel. Dieser Anblick milderte den Zorn des Edlen von u. s. w.
und er forderte Aufklärung.

Hermann gab sie, indem er sich als Anstifter deS fa-
mosen Posttartaren bekannte. Er hatte sich nämlich alS
Originalkorrcspondcnt für ein politisches Tagblatt cngagiren
lassen und war in dieser Eigenschaft nach Konstantinopel ge-
gangen, um den lange vorher beschlossenen Coup auszuführen.
Herr ScvcruS verzieh endlich, der allgemeinen drolligen Mystifi-
kation willen, und segnete die Liebenden, welche auch in der
Folge gesegnet waren.

Guter Ruf.

Maier: „Was doch die Franzvsen für Pattioten
sind! Im Sterben rufen sie noch: „Vive Napoleon!“
Müller: „Besser wär's doch, wenn die Eng-
länder bei Scbastopol „Victoria“ rufen könnten."

In der Klinik.

Doktor. „Wie tauge sind Sie nun krank?"
Mädchen. „Schon ein Vierteljahr."

Doktor. „Haben Sie immer gelegen?"
Mädchen. „Nein, immer nicht, aber mehrstens."
Doktor. „Haben Sie Appetit zum Essen?"
Mädchen. (Wird etwas verlegen.)

Doktor. „Run, antworten Sic doch! haben
Sie Appetit zum Essen?"

Mädchen. „Nu, — wenn Sie gerade waS
da haben."

Sichere Wahl.

Als ein Baucriijungc gefragt wurde, was er
werden wolle, um dereinst sein Fortkommen zu finden,
antwortete er: „Vitriolöl, denn daS frißt sich
immer durch."

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Praktisch-moderne Belletristik"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Tochter <Motiv>
Bitte <Motiv>
Liebhaber <Motiv>
Täuschung
Heiratsantrag
Abweisung
Karikatur
Maske <Motiv>
Vater <Motiv>
Kniefall
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 22.1855, Nr. 519, S. 115
 
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