Fliegende Blätter (60.1874 (Nr. 1485-1510))

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Ein moderner Hcirathska

oder

Eine Hcirath auf dem Weg der

Isidor Heulmeier lvar Unterlehrcr an der Schule zu Nixen-
borf und gleichzeitig ein ebenso wohlgestalteter Jüngling als
feuriger Verehrer der — Mehlspeisen. Für ein halbes Dutzend
wohlgcrathcner Griesknödcl wäre Isidor ebenso viele Meilen zu
8uße gegangen, Hütte man ihm solche als Belohnung der
Excursion in Aussicht gestellt, und der Anblick eines goldbraunen
^Apfelstrudels färbte seine Wangen mit dem höchsten Roth des
Jünglingsalters. Ein süßduftender Reisauflauf ließ das Blut
in Henlmeier's Adern stille stehen, und dachte er vollends an
bayerische Dampfnudeln jener zarten zitternden Sorte, die da
von kundiger Hand bereitet, ans der Zunge zu schmelzen scheinen,
so wollte sein Herz zerspringen, und sein Blick schwamm in
einem Meer von Sehnsuchtsthränen.

Isidor Heulmeier liebte sic eben grenzenlos, jene Gerichte,
an welche er nur fastend denken durfte, — gestatteten ihm doch
seine mageren Einkünfte höchst selten den Genuß einer rcchtschas-
senen Mehlspeise.

Isidor Heulmeier speiste in einer Garküche, ans dem Wege
bcs Abonnements, für zwölf Kreuzer täglich und — fragt mich
nur nicht — wie!

Isidor Heulmeier fühlte das Talent in sich, gut zu
speisen, die Fähigkeit, das größte Repertoir einer noblen Küche
,nit Raffinement prüfen zu können und deshalb auch sann er
Tag und Nacht ans ein Mittel, seinem gastronomischen Wissens-
drang auf erlaubtem Wege Nahrung zu geben.

Eines schönen Morgens — Isidor Heulmeier verließ eben
sein Lager, bleich und mit tiefumränderten Augen — hatte er doch
wieder qualvolle Träume gehabt, die seine Sinne bis zum
Wahnsinn erregt, indem seine allzulebhafte Phantasie ihm eine
riesige Schüssel der verlockendsten Polstcrzipfe um die Nase

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