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Unter dem Regenschirm-

Von Ewald August König.
(Fortsetzung.)

„Du lieber Gott, wie langweilig!" sagte das schöne
Mädchen, den Brief auf den Schreibtisch werfend. „Ich wundere
mich nur, daß er nicht hinzusetzt: Kann die Landpnrthie in
diesem Jahre nicht stattfinden, so wird sie wohl im nächsten Jahre
zu ermöglichen sein! Theodor hat gar keinen Muth!"

Sie erhob sich von ihrem Sitz und trat an den Blumen-
tisch, der vor dem Fenster stand und mit blühenden Topf-
pflanzen und üppigen Blattgewächsen geschmückt war.

„Daß er den Bruch vermeiden will, muß ich allerdings
billigen," fuhr sie leise fort, „aber endlich muß doch ein Ent-
schluß gefaßt werden. Was soll ich ihm antworten? Ich weiß
es wirklich nicht. Papa und Mama warten nur auf seine
Erklärung, und er sagt, er könne sic noch nicht geben!"

Ein dunkler Schatten glitt über das schöne Antlitz des
Mädchens, die kleine Hand pflückte ein halb verdorrtes Blatt ab.

„Wenn ich für ihn handelte!" nahm sie nach einer Weile
wieder das Wort. „Wenn ich diesen ersehnten Zufall herbei-
führte ! — Du lieber Gott, er müßte ja seinem Papa sagen:
Entweder — oder! Der alte Mann würde sich gewiß fügen;
ich kann mir gar nicht denken, daß er so brummig sein soll.
Er sieht ja immer so heiter und liebenswürdig aus, wenn er
Abends hier vorbeigeht, um im Casino seinen Schoppen zu
trinken. Launen hat jeder Mensch, aber Jeder hat auch seine
schwachen Seiten, und wenn Theodor sich nur ernstlich bemühen
wollte, diese schwachen Seiten seines Vaters zu studiren, so
würde er sehr bald wissen, welchen Weg er gehen müßte, uni
uns an das ersehnte Ziel zu bringen."

Agathe brach ab und blickte forschend hinauf zu den schwarzen
Wolken, die sich über der kleinen Stadt zusammenballten; erst
jetzt bemerkte sie, daß es in dem Zimmer dunkler geworden

war; das Rollen des Donners hatte sie darauf aufmerksam
gemacht.

„Vielleicht komme ich noch vor dem Regen zu Flora,"
sagte sic leise. „Was soll ich allein zu Hause? Papa und
Mama sind verreist, und schreiben kann ich nicht; ich will mit
Flora ein Stündchen verplaudern, um mir die trüben Gedanken
fern zu halten."

Sie holte aus einem Nebenzimmer Hut und Mantillc
und als sic nun vor dem Spiegel stand, glitt es plötzlich wie
heller Sonnenschein über ihr umwölktes Antlitz.

„Ein Viertel vor Sechs!" sagte sie lachend, indem sie einen
Blick auf die Pendul-Uhr lvarf, die unter dem Spiegel ans
der Console stand. „Punkt sechs Uhr kommt der alte Mann
mit dem Regenschirm hier vorbei, und ich habe immer gehört,
der Calculator Hagemann sei ein sehr höflicher Herr! Es
wärc wirklich köstlich! — Aber wenn nun der Plan scheiterte?"

Sie blieb eine Weile in Gedanken versunken stehen, dann
machte sie eine rasche, ungeduldige Bewegung.

„Verloren ist dadurch nichts," fuhr sie fort, „ich will es
wenigstens versuchen."

Sie warf noch einmal einen Blick auf die Uhr, dann
ging sie langsam hinaus.

Zweites Kapitel.

Der Calculator schien durchaus nicht erstaunt zu sein, als
er in die Wohnstube zurückkehrte und dort seinen Sohn nicht
mehr fand; er nickte nur, als ob er sagen wolle, er habe das
erwartet, und er hoffe, daß der junge Herr sich seine Worte
zu Herzen genommen habe.

Diese Worte waren ihm ja aus dem innersten Herzen ge-

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