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Bovo.
Ich bin zufrieden, wenn Ihr mein Modell macht, aber ich will
' eilt zweites anfertigen und wir wollen dann beide dem Könige
\ zeigen. Wer dann den Ruhm davon trägt, am besten gearbeitet
j zu haben, verdient alsdann den Coloß zu übernehmen. So wollen
> wir Freunde sein, während wir aus andere Weise Feinde
j werden müßten."
„Das Werk ist mein," entgegnete Bologna rasch, „und
da es mir aufgctragcn ist, will ich das Meinige nicht wieder
in Frage stellen."
„Dann sage ich Euch," sprach Cellini, während seine
Augen unheimlich rollten, „daß, sobald Ihr von diesem meinem
Werke nur wieder ein Wort sprecht, ich Euch todtschlage wie
einen Hund. Ueberlegt jetzt, welchen Weg Ihr gehen wollt,
I den guten, den ich Euch vorschlug, oder den häßlichen, von dem
I ich zuletzt sprach."
Bologna saß einen Augenblick wie vernichtet, dann erhob
er sich und murmelte: „Wenn ich wie ein rechtschaffener Mann
! handle, so habe ich keine Furcht in der Welt."
„Wohl gesprochen. Wenn Ihr aber das Gegentheil thut,
| so könnt Ihr Euch schon fürchten, denn dann geht es Euch
an den Hals." Damit verließ Cellini den Nebenbuhler und
kehrte nach Paris zurück. Das Unglück wollte, daß er seine
Schüler in dem Saal der Modelle mit einigen hübschen Mädchen
ans der Nachbarschaft bei einem fröhlichen Gelage fand. Sein
Zorn kehrte sich sofort gegen sie. „Was soll das?" schrie er,
„ein Bacchanal in meinem Hause, zu so ernster Zeit und noch
dazu mitten unter meinen Werken. Wißt Ihr, daß dies ein
Sacrilegium ist, Ihr Elenden!" Und ehe noch Ascanio und
Paul Zeit fanden, sich bei ihm zu entschuldigen, ergriff er eine
Stange, die in der Ecke stand, und begann auf die Mädchen
loszuschlagen, Ivclche schreiend davonliefen.
„Oh! Ihr vermaledeiten Schurken," fuhr er dann zu
seinen Schülern gewendet fort, „Ihr Ehrlosen, so Euere hehre
Muse zu entweihen mit Dirnen, Völlcrei und rohem Gelächter.
Ich sollte Euch Alle auf- der Stelle davonjagen!"
„Laßt uns doch zu Worte kommen, Meister," begann Paul,
„es war ja ein ganz unschuldiges Vergnügen, das wir uns
mit diesen Mädchen aus. guten Bürgerhäusern bereiten wollten,
dem bescheidenen Mahle sollte ein Tanz in Ehren folgen —
„Unschuldiges Vergnügen, bescheidenes Mahl, ich kenne
Euch und Eure Ehren, Ihr Spitzbuben," brummte Cellini,
„meinetwegen will ich Euch diesmal vergeben und Alles soll
zwischen uns beim Alten bleiben, aber das sage ich Euch: kein
Weib darf mehr die Schwelle dieses Castells über-
schreiten, und zu gleicher Zeit verbiete ich Euch ein für alle
Mal sowohl zu heirathen als zu lieben."
„Das läßt sich nicht verbieten, Meister," warf Ascanio
vorwitzig ein.
„Ich verbiete es aber doch", schrie Benvenuto, „und bin
der Mann, mein Verbot auch durchzusetzen. Eure Geliebte,
Euere Frau ist die Kunst, die schönste und edelste die es giebt,
eine andere ist uns nicht von Nöthen. Und damit genug."
Seine Schüler schlichen bestürzt davon, bis auf Ascanio,
welcher hinter der Thüre dem strengen Meister einen Esel bohrte,
seine Jacke über die Schulter warf, seinen Degen umschnallte
und unter dem Schutze der Dunkelheit in die Stadt hinein eilte.
Wieder hörte Marguerite jene wunderbare Stimme gleich
einer Nachtigall in den Gebüschen unter ihrem Fenster trillern,
diesmal öffnete sic es aber nicht, sondern ging leise die Treppe
hinab, und trat unerwartet aus dem Pförtchen in den Garte»
und rasch genug um den Sänger, der zu entfliehen versuchte,
gefangen zu nehmen.
„Ich bin cs, schöne Marguerite," flüsterte Ascanio.
„Ich wußte es," sagte sie.
„Ihr liebt mich also?"
„Ja, ich liebe Euch."
„Welche Seligkeit," — er wollte sie an seine Brust schließen
aber sie wehrte ihn ab.
„Meint Ihr es treu und ehrlich, Ascanio," sagte sic, „so
begehrt mich von meinen Eltern zum Weibe."
„Das will ich," murmelte der Italiener, „denn ich wüßte
nicht wie ich es anfangen sollte, ferner ohne Euch zu leben."
„Schiebt es aber ja nicht ans," fuhr das schöne Mädchen
fort, „denn mein Vater hat die Absicht mich bald zu vcr- j
heirathen —"
„Um so besser!"
„Um so schlechter, denn er hat mir einen sehr ehrsamen
und sehr langweiligen Bürger von Paris, Meister Arquclin,
den Goldschmied, zum Manne ansgesucht. Also beeilet Euch/
wenn Ihr mich wirklich so liebt wie Ihr es sagt."
„Morgen spreche ich mit Encrem Vater", entgegnete Ascanio,
„für jetzt nehmt diesen Ring als nicinc Braut." Er steckte
ihr einen herrlichen Goldreif, mit einem Liebesgott geschmückt,
den er nach einem Modelle Cellini's für sich gearbeitet hatte,
an den Finger, und ihre Lippen berührten sich zum erste»
Male in einem langen seligen Kuß.
Den folgenden Tag kam Bologna aus Fontainebleau
nach Paris und ließ Benvenuto Cellini durch Mathäus del Cäsaro
zu sich bitten, denn in die Höhle des Löwen wagte er sich uicht-
Als Benvenuto zu ihm kam, eilte er ihm entgegen und rief:
„O! Benvenuto, halte mich als Deinen Bruder, ich will nicht
mehr von jenem Werke sprechen, denn Du hast recht."
Benvenuto schüttelte ihm herzlich die Hand und sie saßen
nun in einer Taverne beisammen und tranken ans einem Glase
als gute Freunde.
Bei dem plötzlichen Erwachen von Bologna's Rechtlichkeit
war aber ein guter Theil Schlauheit dabei, wie Cellini bald:
darnach durch einen Herrn vom Hofe erfuhr. Er hatte sich vom
Könige einen anderen Auftrag erbeten und wollte es sich nicht
entgehen -lassen, Benvenuto gegenüber den Ehrenmann zu spielen,
welcher auf die jenem gebührende Arbeit freiwillig verzichtete.
Er selbst reiste nach Rom, um für Franz I. dort die schönsten
Alterthümer, den Laokoon, die Cleopatra, die Venus, de« Com-'
modus, die Zigeunerin und den Apoll abzugießen. „Wenn
Euere Majestät diese herrlichen Werke gesehen haben werden,"
sagte er zum Könige, „dann erst werden Sic über bildende Kunst
urtheilen können, denn Alles was Sie von uns Neues gesehen"
Bovo.
Ich bin zufrieden, wenn Ihr mein Modell macht, aber ich will
' eilt zweites anfertigen und wir wollen dann beide dem Könige
\ zeigen. Wer dann den Ruhm davon trägt, am besten gearbeitet
j zu haben, verdient alsdann den Coloß zu übernehmen. So wollen
> wir Freunde sein, während wir aus andere Weise Feinde
j werden müßten."
„Das Werk ist mein," entgegnete Bologna rasch, „und
da es mir aufgctragcn ist, will ich das Meinige nicht wieder
in Frage stellen."
„Dann sage ich Euch," sprach Cellini, während seine
Augen unheimlich rollten, „daß, sobald Ihr von diesem meinem
Werke nur wieder ein Wort sprecht, ich Euch todtschlage wie
einen Hund. Ueberlegt jetzt, welchen Weg Ihr gehen wollt,
I den guten, den ich Euch vorschlug, oder den häßlichen, von dem
I ich zuletzt sprach."
Bologna saß einen Augenblick wie vernichtet, dann erhob
er sich und murmelte: „Wenn ich wie ein rechtschaffener Mann
! handle, so habe ich keine Furcht in der Welt."
„Wohl gesprochen. Wenn Ihr aber das Gegentheil thut,
| so könnt Ihr Euch schon fürchten, denn dann geht es Euch
an den Hals." Damit verließ Cellini den Nebenbuhler und
kehrte nach Paris zurück. Das Unglück wollte, daß er seine
Schüler in dem Saal der Modelle mit einigen hübschen Mädchen
ans der Nachbarschaft bei einem fröhlichen Gelage fand. Sein
Zorn kehrte sich sofort gegen sie. „Was soll das?" schrie er,
„ein Bacchanal in meinem Hause, zu so ernster Zeit und noch
dazu mitten unter meinen Werken. Wißt Ihr, daß dies ein
Sacrilegium ist, Ihr Elenden!" Und ehe noch Ascanio und
Paul Zeit fanden, sich bei ihm zu entschuldigen, ergriff er eine
Stange, die in der Ecke stand, und begann auf die Mädchen
loszuschlagen, Ivclche schreiend davonliefen.
„Oh! Ihr vermaledeiten Schurken," fuhr er dann zu
seinen Schülern gewendet fort, „Ihr Ehrlosen, so Euere hehre
Muse zu entweihen mit Dirnen, Völlcrei und rohem Gelächter.
Ich sollte Euch Alle auf- der Stelle davonjagen!"
„Laßt uns doch zu Worte kommen, Meister," begann Paul,
„es war ja ein ganz unschuldiges Vergnügen, das wir uns
mit diesen Mädchen aus. guten Bürgerhäusern bereiten wollten,
dem bescheidenen Mahle sollte ein Tanz in Ehren folgen —
„Unschuldiges Vergnügen, bescheidenes Mahl, ich kenne
Euch und Eure Ehren, Ihr Spitzbuben," brummte Cellini,
„meinetwegen will ich Euch diesmal vergeben und Alles soll
zwischen uns beim Alten bleiben, aber das sage ich Euch: kein
Weib darf mehr die Schwelle dieses Castells über-
schreiten, und zu gleicher Zeit verbiete ich Euch ein für alle
Mal sowohl zu heirathen als zu lieben."
„Das läßt sich nicht verbieten, Meister," warf Ascanio
vorwitzig ein.
„Ich verbiete es aber doch", schrie Benvenuto, „und bin
der Mann, mein Verbot auch durchzusetzen. Eure Geliebte,
Euere Frau ist die Kunst, die schönste und edelste die es giebt,
eine andere ist uns nicht von Nöthen. Und damit genug."
Seine Schüler schlichen bestürzt davon, bis auf Ascanio,
welcher hinter der Thüre dem strengen Meister einen Esel bohrte,
seine Jacke über die Schulter warf, seinen Degen umschnallte
und unter dem Schutze der Dunkelheit in die Stadt hinein eilte.
Wieder hörte Marguerite jene wunderbare Stimme gleich
einer Nachtigall in den Gebüschen unter ihrem Fenster trillern,
diesmal öffnete sic es aber nicht, sondern ging leise die Treppe
hinab, und trat unerwartet aus dem Pförtchen in den Garte»
und rasch genug um den Sänger, der zu entfliehen versuchte,
gefangen zu nehmen.
„Ich bin cs, schöne Marguerite," flüsterte Ascanio.
„Ich wußte es," sagte sie.
„Ihr liebt mich also?"
„Ja, ich liebe Euch."
„Welche Seligkeit," — er wollte sie an seine Brust schließen
aber sie wehrte ihn ab.
„Meint Ihr es treu und ehrlich, Ascanio," sagte sic, „so
begehrt mich von meinen Eltern zum Weibe."
„Das will ich," murmelte der Italiener, „denn ich wüßte
nicht wie ich es anfangen sollte, ferner ohne Euch zu leben."
„Schiebt es aber ja nicht ans," fuhr das schöne Mädchen
fort, „denn mein Vater hat die Absicht mich bald zu vcr- j
heirathen —"
„Um so besser!"
„Um so schlechter, denn er hat mir einen sehr ehrsamen
und sehr langweiligen Bürger von Paris, Meister Arquclin,
den Goldschmied, zum Manne ansgesucht. Also beeilet Euch/
wenn Ihr mich wirklich so liebt wie Ihr es sagt."
„Morgen spreche ich mit Encrem Vater", entgegnete Ascanio,
„für jetzt nehmt diesen Ring als nicinc Braut." Er steckte
ihr einen herrlichen Goldreif, mit einem Liebesgott geschmückt,
den er nach einem Modelle Cellini's für sich gearbeitet hatte,
an den Finger, und ihre Lippen berührten sich zum erste»
Male in einem langen seligen Kuß.
Den folgenden Tag kam Bologna aus Fontainebleau
nach Paris und ließ Benvenuto Cellini durch Mathäus del Cäsaro
zu sich bitten, denn in die Höhle des Löwen wagte er sich uicht-
Als Benvenuto zu ihm kam, eilte er ihm entgegen und rief:
„O! Benvenuto, halte mich als Deinen Bruder, ich will nicht
mehr von jenem Werke sprechen, denn Du hast recht."
Benvenuto schüttelte ihm herzlich die Hand und sie saßen
nun in einer Taverne beisammen und tranken ans einem Glase
als gute Freunde.
Bei dem plötzlichen Erwachen von Bologna's Rechtlichkeit
war aber ein guter Theil Schlauheit dabei, wie Cellini bald:
darnach durch einen Herrn vom Hofe erfuhr. Er hatte sich vom
Könige einen anderen Auftrag erbeten und wollte es sich nicht
entgehen -lassen, Benvenuto gegenüber den Ehrenmann zu spielen,
welcher auf die jenem gebührende Arbeit freiwillig verzichtete.
Er selbst reiste nach Rom, um für Franz I. dort die schönsten
Alterthümer, den Laokoon, die Cleopatra, die Venus, de« Com-'
modus, die Zigeunerin und den Apoll abzugießen. „Wenn
Euere Majestät diese herrlichen Werke gesehen haben werden,"
sagte er zum Könige, „dann erst werden Sic über bildende Kunst
urtheilen können, denn Alles was Sie von uns Neues gesehen"