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170 <8 eb irgs -Idylle.

Denn unten im Gasthof läutet

Der Kellner zur tablo ä'büto. D. Kunhardt.

Ein frommer Tobias.

Historische Novelle.

(Fortsetzung.)

Wie lange sich die drei, vor Todesangst am ganzen Leibe
bebenden Frauen in ihrer peinlichen Lage befanden, wie lange
der Weg, den sie unfreiwillig zurücklegten, währte, wußten sie
nicht. Ihnen schien der entsetzliche Ritt kein Ende nehmen zu

wollen und sie athmeten auf, als der dumpfe Hufschlag der
Pferde auf festem Boden und der dumpfe Wiederhall eines
Gewölbes verriethen, daß sie an Ort und Stelle seien.
Man hob sie herab und trug sie eine Treppe empor. Zu
Boden gesetzt, fühlten sic einen weichen Teppich unter den
Füßen. Die Fesseln und Knebel wurden entfernt und die
Säcke abgezogen. Sie sahen sich jetzt in einem tveiten, reich
geschmückten und eingerichteten Gemache: wohin sie blickten,
schimmerte kostbarer Damast, venetianisches Spiegelglas und
Gold. Zwei große Armleuchter ans getriebenem Silber im
Style Benvenuto Cellinis, griechische Götter darstellend, ein
jeder fünf Kerzen tragend, verbreiteten ein starkes Licht.
Nichts ließ auf den Schlupfwinkel eines Räubers schließen.
In solchen Räumen wohnten die englischen Lords jener Tage,
aber nicht Banditen, denen die Arme des „Baumes von
Tyburn" drohten. Kaum hatten sich . die Damen von ihrem
Erstaunen erholt, regte sich, trotz der Unsicherheit und Unannehm-
lichkeit ihrer Lage, vor Allem die weibliche Eitelkeit, und die
beiden Ladies begannen, mit Hilfe ihrer Zofe, die schweren
Winterhüllen zu entfernen, ihre zerrüttete Toilette und ihr ver-
wirrtes Haar vor dem prächtigen Wandspiegel zu ordnen.

Ein frommer Tobias.

Sie waren noch nicht ganz fertig damit, als ein Diener
in reicher, silbergestickter Livro und mit tadelloser Puderperücke,
eine Maske vor dem Gesicht, eintrat, sie mit der ganzen
ceremoniellen Artigkeit herrschaftlicher Dienstleute begrüßte und
achtungsvoll einlud, ihm zu folgen.

Lady Wells wechselte einen Blick mit ihrer Tochter und
zuckte mit den Achseln, als wollte sie sagen: hier ist nichts zu
machen, als sich mit Anstand in fein -Schicksal finden. Dann
schritt sie würdevoll voran, während die junge Lady und das
schnippische Zöschen schüchtern folgten. Der maskirte Diener
führte sie durch eine Reihe hellerleuchteter Prunkgemächer in
einen Spcisesaal, dessen altenglischc Einrichtung darauf schließen
ließ, daß sich die Gefangenen in einem alten Schloß befanden.

Die beiden langen Wände des Saales, welcher durchaus
mit braunem geschnitzten Holze getäfelt war, zeigten eine Reihe
lebensgroßer Porträts in breiten schwarzen Rahmen. Die
Familie, der das Schloß gehört haben mochte, oder noch gehörte,
mußte offenbar eine ganz besondere Neigung zum geistlichen
Stande besessen und durch Jahrhunderte fortgeerbt haben,
denn unter den Bildern befand sich eine auffallende Zahl von
Prälaten und Bischöfen aus allen Zeiten, von Heinrich VIII.
bis zur Periode der George und Pnderperücken herauf.

Die schmälere Wand, der Thüre gegenüber, war mit einer
Trophäe aus Harnischen, Helmen, Hellebarden, Fahnen, Hirsch-
und Eberköpfen geschmückt. Unter denselben erhob sich eine
erhöhte Bühne, auf der die Tafel für die Herrschaft stand,
während unten zwei lange Tische für das Gesinde gedeckt waren,
welche mit der oberen Tafel ein Hufeisen bildeten. Noch
war Niemand im Saale; die drei Frauen hatten sich darum
an der oberen Tafel auf den Plätzen, welche ihnen der maskirte
Diener anwies, niedergelassen — da öffnete sich in der Wand eine
geheime Thüre, und vier Männer, sämmtlich mit Halbmasken
vor dem Gesicht, traten ein. Einer derselben, dessen vornehme
Kleidung und sichere, gebieterische Haltung den Herrn dieser
Räume und den Führer der Bande vermuthen ließ, näherte sich
rasch der alten Lady Wells und bat nochmals um Entschuldigung
für die Mühseligkeiten, welche er den Damen bereitet; dann
ließ er seine Augen mit sichtlichem Wohlgefallen auf Lady
Arabella ruhen und nahm, ohne erst lange um Erlaubnis; zu
fragen, an der Seite derselben Platz. Seine Begleiter ver-
neigten sich und setzten sich schweigend gleichfalls an der oberen
Tafel nieder. Nun kamen durch die Hauptthüre, einer hinter
dem andern, bei zwanzig Männer herein, sämmtlich verlarvt,
aber in Kleidung und Haltung mehr an das Schloßgesinde
eines Lord, als an die Genossen eines Straßenräubers mahnend.
Ein Jeder verneigte sich vor der oberen Tafel und setzte sich
dann unten an einen der beiden Tische.

Reich livrirte Diener trugen hierauf ein vornehmes, köst-
liches Mahl auf und schenkten die Gläser, welche in verschiedenen
Größen bei jedem Couvert der oberen Tafel standen, mit den
seltensten Weinen voll, während die Leute unten ans großen
Krügen ein leichtes Bier tranken.

Anfangs blieb die Unterhaltung ziemlich einsilbig, aber
der Herr des seltsamen Schlosses verstand es, durch allerhand
schnurrige Geschichten, welche er unermüdlich zum Besten gab,
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Gebirgs-Idylle"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Bechstein, Ludwig
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Gepäck
Glocke <Motiv>
Speisesaal
Karikatur
Kellner
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 68.1878, Nr. 1714, S. 170
 
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