Ausmalungen nicht überliefert143), so daß nicht mehr entschieden werden kann, ob
ein entwicklungsgeschichtlicher Zusammenhang mit Westfalen besteht.
Sächsische und westfälische Kompositionsmerkmale finden sich, meist durch Lübeck
vermittelt, in der mecklenburgischen Monumentalmalerei des 14. Jahrhunderts, wo
sie zu einer eigenständigen Synthese verschmolzen wurden144). Die hier entstandene
Serie von Gewölbeausmalungen - bezeichnenderweise häufig Christuszyklen - zeigt
in der Art ihrer Anlage überraschende Parallelen zu den Fedderwarder Malereien, ob-
wohl ein direkter Zusammenhang aufgrund der wesentlich komplexer aufgebauten
und bisweilen die Wandflächen mit einbeziehenden Ausmalungsprogramme sicher-
lich auszuschließen ist. Eine weitgehende Wesensverwandtschaft zeigt sich allerdings
in der Vorliebe, die Gewölbeflächen mit konzentrisch umlaufenden Ringen aus fries-
artig aneinandergereihten Figuren oder Szenen zu bereichern145), cjeren Abfolge in
zyklisch fortschreitender Erzählweise weitgehend dem Duktus der Handlung ent-
spricht; die ornamentale Ausmalung dieser Kirchen beschränkt sich auf die vorgege-
benen Architekturgliederungen, so daß die figürlichen Darstellungen in bildhafter
Vereinzelung auf dem neutralen Gewölbegrund hervortreten.
Aufgrund dieser Befunde ist anzunehmen, daß die Schöpfer des christologischen Zy-
klus in der Fedderwarder St. Stephanskirche - darin den mecklenburgischen Künstlern
vergleichbar - westfälische und sächsische Kompositionsprinzipien übernahmen und
in einer als gelungen zu bezeichnenden Synthese neuschöpferisch miteinander verban-
den.
Überdies lassen die kleinteiligen Figurengruppen und die medaillonartig verdichtete
Kompositionsweise vermuten, daß es sich um eine Werkstatt handelte, die auch Glas-
malereien ausführte; zumindest dürfte das Ausmalungsprogramm von der zeitgenös-
sischen Glas- und Buchmalerei sowie den Schöpfungen textiler Bildwirkerei - die ih-
rerseits Vorlagen dieser Gattungen verarbeitete - maßgeblich beeinflußt worden sein,
deren additives Gliederungssystem den Gegebenheiten der kuppeiigen Gewölbe an-
gepaßt und in eine konzentrische Bewegungsrichtung transponiert wurde, so daß ein
Ausmalungsprogramm von erstaunlicher Übersichtlichkeit und Prägnanz entstand.
Rankenumspielte figürliche und szenische Rundmedaillons waren, soweit es die frag-
mentarische Überlieferung erkennen läßt, in der farbigen Verglasung mittelalterlicher
Kirchen ein so geläufiges Darstellungsmittel146), daß ihre Übertragung auf die Monu-
mentalmalerei nicht überraschen kann. Denn zweifellos nahm die Glasmalerei, die
nicht allein wegen der hohen Herstellungskosten, sondern vor allem aufgrund ihrer
metaphysischen Aussagekraft als erhabenste und kostbarste aller malerischen Gattun-
gen galt, einen so hohen Rang ein, cjaß sie auf andere Disziplinen einen vorbildhaften
und befruchtenden Einfluß auszuüben vermochte: In den farbigen Glasfenstern er-
strahlte, durch das Sonnenlicht vermittelt, das universelle Licht; ihnen war das geistige
Wirken des Göttlichen immanent147).
Auch in der Buchmalerei, die in ihren stilistischen und ikonographischen Formmerk-
malen eng mit der Monumentalmalerei verschwistert ist148), finden sich, meist als
Initial- und Randleistenschmuck ausgebildet, bereits seit dem 12. Jahrhundert mit 103
figürlichen oder szenischen Darstellungen bereicherte Kreisfelder und rankenum-
schlungene Medaillons149), doch konnten direkte Bezüge zum Ausmalungsprogramm
in Fedderwarden bislang nicht festgestellt werden - sieht man von figurentragenden
Rundmedaillons in Bilderbibeln150) ab, die indessen erst seit dem 14. Jahrhundert ent- 116
standen und damit wesentlich jünger als unsere Malereien sind.
Anders verhält es sich bei manchen Schöpfungen der figürlichen Leinen- und Seiden-
stickerei. Als Beispiel mag ein Behang im Brandenburger Dom dienen151), auf dem ein 140, 144
szenenreicher Christuszyklus abgebildet ist, der die Heilsgeschichte von der Verkün-
digung bis zum Jüngsten Gericht auf vier vertikal angeordneten Bildbahnen in
rankenumsponnenen Rundmedaillons ausführlich schildert. Das Werk, das einige
bemerkenswerte stilistische und ikonographische Parallelen zu den figuralen Gewöl-
bemalereien der Fedderwarder St. Stephanskirche aufweist, soll nach dem Entwurf ei-
nes Magdeburger Vorzeichners gefertigt worden sein, der den Formenschatz der
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ein entwicklungsgeschichtlicher Zusammenhang mit Westfalen besteht.
Sächsische und westfälische Kompositionsmerkmale finden sich, meist durch Lübeck
vermittelt, in der mecklenburgischen Monumentalmalerei des 14. Jahrhunderts, wo
sie zu einer eigenständigen Synthese verschmolzen wurden144). Die hier entstandene
Serie von Gewölbeausmalungen - bezeichnenderweise häufig Christuszyklen - zeigt
in der Art ihrer Anlage überraschende Parallelen zu den Fedderwarder Malereien, ob-
wohl ein direkter Zusammenhang aufgrund der wesentlich komplexer aufgebauten
und bisweilen die Wandflächen mit einbeziehenden Ausmalungsprogramme sicher-
lich auszuschließen ist. Eine weitgehende Wesensverwandtschaft zeigt sich allerdings
in der Vorliebe, die Gewölbeflächen mit konzentrisch umlaufenden Ringen aus fries-
artig aneinandergereihten Figuren oder Szenen zu bereichern145), cjeren Abfolge in
zyklisch fortschreitender Erzählweise weitgehend dem Duktus der Handlung ent-
spricht; die ornamentale Ausmalung dieser Kirchen beschränkt sich auf die vorgege-
benen Architekturgliederungen, so daß die figürlichen Darstellungen in bildhafter
Vereinzelung auf dem neutralen Gewölbegrund hervortreten.
Aufgrund dieser Befunde ist anzunehmen, daß die Schöpfer des christologischen Zy-
klus in der Fedderwarder St. Stephanskirche - darin den mecklenburgischen Künstlern
vergleichbar - westfälische und sächsische Kompositionsprinzipien übernahmen und
in einer als gelungen zu bezeichnenden Synthese neuschöpferisch miteinander verban-
den.
Überdies lassen die kleinteiligen Figurengruppen und die medaillonartig verdichtete
Kompositionsweise vermuten, daß es sich um eine Werkstatt handelte, die auch Glas-
malereien ausführte; zumindest dürfte das Ausmalungsprogramm von der zeitgenös-
sischen Glas- und Buchmalerei sowie den Schöpfungen textiler Bildwirkerei - die ih-
rerseits Vorlagen dieser Gattungen verarbeitete - maßgeblich beeinflußt worden sein,
deren additives Gliederungssystem den Gegebenheiten der kuppeiigen Gewölbe an-
gepaßt und in eine konzentrische Bewegungsrichtung transponiert wurde, so daß ein
Ausmalungsprogramm von erstaunlicher Übersichtlichkeit und Prägnanz entstand.
Rankenumspielte figürliche und szenische Rundmedaillons waren, soweit es die frag-
mentarische Überlieferung erkennen läßt, in der farbigen Verglasung mittelalterlicher
Kirchen ein so geläufiges Darstellungsmittel146), daß ihre Übertragung auf die Monu-
mentalmalerei nicht überraschen kann. Denn zweifellos nahm die Glasmalerei, die
nicht allein wegen der hohen Herstellungskosten, sondern vor allem aufgrund ihrer
metaphysischen Aussagekraft als erhabenste und kostbarste aller malerischen Gattun-
gen galt, einen so hohen Rang ein, cjaß sie auf andere Disziplinen einen vorbildhaften
und befruchtenden Einfluß auszuüben vermochte: In den farbigen Glasfenstern er-
strahlte, durch das Sonnenlicht vermittelt, das universelle Licht; ihnen war das geistige
Wirken des Göttlichen immanent147).
Auch in der Buchmalerei, die in ihren stilistischen und ikonographischen Formmerk-
malen eng mit der Monumentalmalerei verschwistert ist148), finden sich, meist als
Initial- und Randleistenschmuck ausgebildet, bereits seit dem 12. Jahrhundert mit 103
figürlichen oder szenischen Darstellungen bereicherte Kreisfelder und rankenum-
schlungene Medaillons149), doch konnten direkte Bezüge zum Ausmalungsprogramm
in Fedderwarden bislang nicht festgestellt werden - sieht man von figurentragenden
Rundmedaillons in Bilderbibeln150) ab, die indessen erst seit dem 14. Jahrhundert ent- 116
standen und damit wesentlich jünger als unsere Malereien sind.
Anders verhält es sich bei manchen Schöpfungen der figürlichen Leinen- und Seiden-
stickerei. Als Beispiel mag ein Behang im Brandenburger Dom dienen151), auf dem ein 140, 144
szenenreicher Christuszyklus abgebildet ist, der die Heilsgeschichte von der Verkün-
digung bis zum Jüngsten Gericht auf vier vertikal angeordneten Bildbahnen in
rankenumsponnenen Rundmedaillons ausführlich schildert. Das Werk, das einige
bemerkenswerte stilistische und ikonographische Parallelen zu den figuralen Gewöl-
bemalereien der Fedderwarder St. Stephanskirche aufweist, soll nach dem Entwurf ei-
nes Magdeburger Vorzeichners gefertigt worden sein, der den Formenschatz der
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