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Der Champagne-Kamerad: Feldzeitung der 3. Armee — 4. Kriegsjahrgang.1917-1918

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Hefte 99-102, November 1917
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oerLhampagae Namerad

Schriktleltiiiig: ksldrsltung bslm
L0.lr.r, veutschs keldpost Nr. 4«

keldLeituns devLKrrnLs

verug ln der Nelmat durch
alle postanstalten und vuchhandlungen

Kllerseelengedanken.

Allerseelen 1917 in Feindesland! Gar manchem,
der in diesen Tagen an den Heldengräbern vor-

an gefallene Kameraden, Freunde oder Brüder.
Und immer noch erhalten diese HeldenfriedhSfe
neuen Zuwachs, denn unbekümmert um die Opfer
brüllen die ehernen Schlünde der Kanonen Tod
und Derderben speiend 1n die Reihm der Kämpfer.
Und überall erheben sich die Eräber. Da ist
das Schlachtfeld auf den verschiedenen Fronten,
dort sind die Tiefen des Meeres, wo wackere
Matrosen gebettet liegen; in weiter Ferne er-
heben sich vor unsern Vlicken die Kolonien, die
mit dem Blute so vieler edler Söhne getränkt
sind. die Elutwüsten Afrikas und die Eisfelder
Sibiriens, denen viele Gefangene zum Opfer
fielen. <Än großes Totenfeld, und darüber prangt
die Fahne:

Aus treuer PflichterMung und Liebe
zum Vaterland gefallen!

Ja, Liebe und volle Hingebung sind es, die
den deutschen Soldaten so hoch erheben. Nur
so ist es auch erklärlich, daß den Gegnern auf
allen Kriegsschauplätzen nicht nur getrotzt, sondern
sogar unser Wille ihnen diktiert wird, daß der
Engländer und Franzmann an der Somme trotz
ihrer Uebermacht und trotz aller Mittel der
modernen Technik keine Erfolge erzielen, sondem
nur ihr edelstes Blut in so nutzloser Weise ver-
gietzen und somit die Zukunft Frankreichs auf
eine harte Probe stellen.

Wir führen einen Verteidigungskrieg; und
deshalb weih ein jeder von uns, für welch grotze
Sache er kämpst. Keiner fürchtet den Tod oder
denkt etwa, es hat doch keinen Wert, was ich
da mache, sondern jeder ist stets bereit zu frischen
Taten; mag auch manchmal der Magen knurren
oder mögen die Augen vor Schlaf sich schlietzen
wollen: gleichwohl immer feste an die Arbett.
Und so lange gilt es, dieses Werk fortzusetzen,
bis unsere Eegner endlich einmal «insehen, datz
sie uns doch nicht niederkriegen! Wte kann über-
haupt ein Volk, das von einem solchen Geiste
beseelt ist wie das deutsche, bezwungen werden?
Nie und nimmer.

Diese Eedanken sind es, die sich jedem auf«
drängen in dieser Zeit am Grabe unserer
Kameraden. Diese fordern von uns, standzu-
halten bis zum endgültigen Sieg. Und heute
legen wir das Versprechen ab, treu auszuharren,
komme, was da wolle. Oder sollten die bis-
herigen Opfer vergeblich sein? Gewitz nicht.

So lebt denn wohl, gute Kameraden, die ihr
mir den Weg treuer Pflichterfüllung aezeigt und
euer Herzblut vergossen habt: Euer Ruhm wird
fortleben bis in unabsehbare Zeiten.

llnseren Toten.

Das Heiligste, von höchstem Ernst geweiht,
sind unsere Heldenirtedhöfe. Jene einfach gleich-
mätzigen Holzkreuze, eins neben dem andrrn,
sind das ernsteste Wahrzeichen der furchtbaren
Zeit, die wir erleben. Den letzten Ruhestätten
unserer toten Kameraden gilt so mancher Gang,

Totentag.


veine loten ruken,
veutlchland, nach dirl
veren käuste schuken

Im Sranatenhagel, iin toisnden
wetterlchlag
veinen kreihsitstag,
vu, veutlchland, gedenke der
loten!



vin Licht reeihe heuts
veinen loken, veutschland!
vie ihr Nöchltes gegebsn
vir ruin Leden,
veren Seele Licht

Kusgelöscht heiliglte pklicht.



vin venken «eihs heute
vcinen loten, veutschlandl
veren bebends Lippen den
üelch gsleert,

vie nach euch ruken, sehn-
luchlbetört,

Schlummert, ihr tieldenlöhne,

— veutlchland hört
vuer Nuken.


manch stille Ueberlegung. Ein eigenes Empftnden
ist in uns, wenn wir zwischen den Eräberreihen
gehen, die Namen und die Regimentszahlen
dieser für immer Verstummten lesen. Das Nach-
empfinden, das Einfühlen ist ein so inniges, weil
es Kameraden sind, weil sie uns an etwas
mahnen, was noch in unserer eigenen Zukunft
verborgen liegen kann. Die Heldenfriedhöfe, die
tausende Soldatengräber. einzeln in Wiesen am
Strahenrand verstreut, zusammengefatzt in Stätten
mit dem Wahrzeichen Golgathas, sie sagen es

uns so furchtbar deutlich, datz der Tod in der
Welt, in unserem Leben ist. Der Tod in mannig.
facher Form und hier der Opfertod. Jedes
Holjkreuz ist ein Zeugnis für die Hingabe des
Besten und Letzten. ein Symbol des Blutopfers,
das die Verstummten gebracht haben im Stand-
halten oder im Angriff gegen den Feind. Das
geistige Auge liest auf jedem Kreuz jene Jnschrift
auf dem Grabe der Spartaner. Solches Helden-
tum überbrückt Hunderte von Jahren, rückt
Zeiten und Menschenschicksale nahe zusammen.
Wie wohl tut es einem bei solch etnem Eang
durch dieRuhestätten unserer stummen Kameraden,
sorgende Ltebe zu sehen in der Pflege der Eräber.
Möchten alle, deren Pflicht und Arbeit dies ist,
der Heiligkeit und Würde ihrer Aufaabe bewutzt
sein. Zwiefachen Trost gibt solche Pflege. Ntcht
nur uns noch lebenden Kameraden, auch den
fernen Angehörigen zuhause, in deren Vor-
stellung und Wunsch eine geschmückte und ge-
pflegte Erabstätte des hingegebenen Liebsten lebt.

Grabdenkmäler und Eedenksteine haben For-
mationen und Korps ihren Gefallenen errichtet.
Werke, die eine einfache und ergreifende Sprache
reden. Ueber den verschiedensten symboltschen
Gestalten in Stein gehauen jenes Bibelwort:
„Niemand hat gröhere Liebe als die, datz er sein
Leben lässet für seine Freunde." Und um dieses
Wort, diese Denkmäler herum liegen Freund
und Feind, nebeneinander gebettet zu ewigem
Frieden. Der Tod endet alle Zwietracht. Jm
Leben als Einzelne ungewollt und unbekannt stch
Feind, brachte jeder sein letztes und bestes Opfer
für die Sache seines Volkes. Mu»k. Feir.

Es war nicht dte Schuld des hessischen
Landwehrbataillons, datz dte französischen Vor-
bereitungen nicht bemerkt wurden. Völlig un-
übersichtlich war das Gelände zwischen den beiden
Stellungen. Ein Eewirr von halbgeknicktem
Unterholz, Brombeergestrüpp und mannshohes
Gras verdeckten die feindliche Stellung. Nur
durch allnächtliche Patrouillen konnten sie Eewitz-
heit darüber erhalten, was im Vorgelände geschah.
Und der Feind traf seine Vorbereitungen gerade
in der Nacht, als sie neu in die Stellung kamen,
um das andere Bataillon abzulösen. Patrouillen
mutzten infolgedeflen unterbleiben. Auch bereiiete
der Feind seine Unternehmung mit groher Um-
sicht und Behutsamkeit vor. Ungefähr 100 m
lagen die feindlichen Gräben auseinander. Jn
der Mitte zwischen beiden ragten aus dem un-
wegsamen Unterholz drei hohe kahlästige Eichen.
Längst waren ihre Blätter vergiftet zu Boden
gefallen und hundertfach waren die knorrigen
 
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