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Deutsche Kriegszeitung — 1917

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Hefte 18-21, Mai 1917
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9

Nummer 21

Dienst mcht nach oben zwingl, der blei-bt
jetzt unten. Die Wache steht an den Mo-
wren und anf den sonstigen Stationen.
Am Schraubstock der kleinen Werkstatt
sind ein Maschinistenmaat und ein Heizer
unter Aufsicht des leitenden Jngenieurs
damit beschästigt, ein schadhaft gewor-
denes Ventil einzuschleifen. Sausend
saugen die Ventilationsmaschinen durch
das Turmluk ununterbrochen srische Luft
nach unten, verteilen sis durch die Räume
und saugen die 'schlechte Luft ab.

Die dienstfreie Mannschaft sitzt in
ihrem Wohnraum, in dem es allerdings
von Hilssmaschinen wlmmelt, urn ein
Liebesgaben-Grammo-p'hon und legt eine
Platte nach der andern auf, die in fast
unerschöpslicher Anzahl vorhanden sind.
„U 195" ersreut sich nämlich eines beson-
deren Grammophongönners, der das
Boot stets mit den neuesten Schlagern
versorgt. Jn bunter Reihe klingt ein
Lied nach dem andern aus. „Die Mädels
vom Chantant" und das „Schwalben--
lied", „Der Soldat der Marie", „Blon-
dinchen" usw. Zur Abwechslung klingt
dann das Trommeln und der schrille Ton
Ler Querpfeife altpreußischer Märsche da-
zwischen. Eben wird eine neue Platte
ausgelegt, und der „U-Boots-Matrose^
PetersenausEckernfördekurbelt emsig, als
er jäh in seiner eisrigen Arbeit innehält.
Ein lieblicher Duft durchzieht das Boot.
Tiefe Rührung bemächtigt sich aller.
Schnuppernd minden acht Nasen nach der
Richtung der Kombüse. Jn hohem An-
sehen steht bei Offizieren und Mannschaft
der Koch. Er verdient es auch redlich.
War er doch vor dem Kriege Die rechte
Hand des Küchenchefs in einem der größ-
ten Berliner Hotels. Einen Fehler hat
er allerdings. Sein guter Kern ist hinter
rauher Schale verborgen. Topfgucker
mag er aus den Tod nicht leiden. So
mancher Fürwitzige hat seine Neugierde
schon durch unsanfte Berührung mit
einem härteren Gegenstande aus dem
Kücheninventar am Leibe büßen müssen.
Immer stärker aber wird die Neugier,
und so bestimmt schließlich der schleunigst
zusammengetretene Kriegsrat, den Ma-
trosen Endruleit aus Bommelswitte als
Kombüsen-Kreuzer zu entsenden. Zö-

gernd begibt er stch mit möglichst harm-
loser Miene auf den schweren Weg. Auf
der Höhe d§s elektrifchen Kochherdes er-
eilt ihn zwar feM Gefchick, aber er bringt
doch die Meldung zurück: „Arbfen mit
Spack", die ein Freudengeheul auslöft.

Bald darauf erfolgt auch die Essenaus-
gabe. Die Portionen stnd so reichlich be-
messen, daß ein jeder g^sättigt gern .und
freudig wieder der aufreibenden Tätig-
keit, die hier so unerhörte Anforderungen
stellt, nachkommt. Eine Weile noch hält
die Unterhaltung an, dann sucht einer
nach dem andern der dienstfreien Leute
seine Ruhestätte auf. Weiter stampfen
die Motoren in gleichem Takte, die Ven-
tilationsmaschinen summen und surren
ihr Lied.

Jm Osten dämmert der Tag herauf.
Es wird hell. Steuerbord voraus kommt
Land in Sicht. Leuchtend heben sich die
verschneiten Flächen, unter ihnen die
dunklen Wände des senkrecht zur
See abstürzenden Gesteins. Die Oleni-
Fnseln, und hinter ihnen das Jekate-
rinski-Eiland sind in Sicht, die Einfahrt
zur Kola-Bucht. Weiter aufwärts liegt
Alexandrowsk. Gerade biegt ein
kleiner, vom Weften kommender Küsten-
dampfer um die Jnfeln herum und läuft
in die Einfahrt hinein Nun heißt es,
äußerst vorsichtig sein. Wer weiß, was da
hinter den Bergen versteckt liegt. Kreuzer,
Zerstörer oder sonstige demU-Boot gefähr-
liche Fahrzeuge. Vielleicht auch hat der
Russe trotz seines großen Verbrauchs an
der Front hier ein paar Geschütze auf-
gestellt. Dunkelrot leuchten die Granit-
felsen der Fnfeln und der Küste in der
aufgehenden Sonne. Auf einer Anhöhe
zeigt ein Seezeichen ein Kreuz, an einer
andern Stelle ein weißer Leuchtturm mit
eigenartigem Dache und daneben eine
hölzerne weiße Hütte den anzusteuernden
Weg. Nichts stellt sich dem Boote ent-
gegen. Unbehindert gleitet es auf die
Einfahrt zu. Deutlich sind jetzt Einzel-
heiten an Land auszumachen. Unter dem
Schutz der Erhebungen liegt das Wasser
faft spiegelglatt. Wie auf den Jnseln,
die eben passiert wurden, ist auch hier
keine Spur von Vegetation, von Leben,
bis auf Millionen von Seevögeln, die

dort nistem Alles scheint unter der
weißen Schneedecke begraben, an geschütz-
ten Stellen nur wuchert niedriges Ge-
strüpp.

Voraus Rauch. Noch ist nicht zu er-
kennen, ob er von Land oder von Schif-
sen, die vor Anker liegen, kommt. Längst
ist das Geschütz klar. Die Nummer Eins
richtet es voraus, jeden Augenblick bereit,
den ersten stählernen Gruß hinüberzu-
senden.

Mit langsamer Fahrt läuft „U 195"
gegen die Strömung des Tulomaflusses
an. Baken und Leuchtfeuer zeigen sich
an beiden Seiten. Eine vorspringende
Huk wird gerundet, dann liegt der Hafen
vor uns mit seinen Schiffen und die grö-
ßeren Gebäude der Stadt, die felbst etwas
mehr binnenlands in einem Tal sichtbar
wird. Scharfe Gläser nehmen das Bild
in sich auf. Ein langer Steinkai, weit
vorspringende Landungsbrücke, mehrere
Speicher. Eine Lokomotive, deren
massiger Körp'er sich von der weißen
Schneedecke abhebt, geht drüben mit eini-
gen Güterwagen hinter sich soeben aus
den Hafenanlagen nach der Stadt zu.
Deutlich hebt sich das neue Telegraphen-
amt und anscheinend neuerrichtete Ge-
bäude, die wohl staatlichen Zwecken
dienen,und derFunkenturm dicht daneben
ab.

Mehrere Dampfer liegen im Hafen vor
Anker. Bequem ist die auswehende Lan-
desflagge zu erkennen. Fast nur die
blau-weiß-rote der Russen und die rote
englische mit dem Union Jack, vereinzelt
auch die rote der Norweger. Gänzlich
uhnungslos scheinen Stadt und Hafen.
Leichterschiffe und Schlepper in Bewe-
gung beleben das Bild. Friedlich quillt
dünner Rauch aus den Schornsteinen in
die klare Luft.

Der erste Schuß hallt über das Wasser.
Donnernd geben die Höhen das Echo
wieder. Ein zweiter, ein dritter folgt.
Einer nach dem anderen fährt aus dem
Rohr. Jn das Gebäude der drahtlosen
Station schlagen die Granaten, zerreißen,
explodieren. Ein kurzer Blitz an der Ein-
schlagstelle, dunkler Rauch, gleich darauf
lodern Flammen hoch, und in wenigen
Minuteu brennt es lichterloh. Die näch-

sten Schüsse gelten dem Turm selbst.
Langsam neigt er sich, schon beim dritten
Einschlag kracht er in sich zusammen.
Spanndrähte, Antennen und Gitterwerk
bilden einen wüsten Trümmerhaufen.
Das Telegraphenamt brennt bereits bis
auf die Ringmauern, als das Zollge-
bäude nebenan gleiches Schicksal ereilt.
Auch hier fegen die Granaten hinein,
wirbelt Rauch, schlagen hell lodernde
Flammen empor. Die Überraschung ist
glänzend gelungen. Schon beim ersten
Schuß hat die Lokomotive ohne ihren
Güterwagen eine ihr sonst wohl sremde
hohe Fahrt ausgenommen-und ist hinter
dem Schutz einer vorspringenden Ecke
davongebraust. Jetzt kommt der Hafen
selbst an die Reihe. Die beiden Eng-
länder liegen gerade in günstigster Schuß-
richtung. Aus sie prasseln die Granaten
los. Oberdeck und Schiffskörper werden
schwer beschädigt, Hals über Kopf stürzt
die Mannfchaft in die Boote und sucht
sich an Land in Sicherheit zu bringen.

Dicke Rauchwolken tauchen auf, nähern
sich anscheinend mit rasender Geschwin-
digkeit. Mehrere dicht zusammenstehende
Schornsteine sind auf niedrigen Schifss-
körpern zu erkennen. Zerstörer. JetzK
heißt es,Zich „aus den Kinken bergen".
Sofort wird die Beschießung abgebrochen,
eiligst dreht „U 195" nach See zu und
geht mit äußerster Kraft hinaus. Jn
voller Fahrt kommen zwei russische und
ein englischer Zerstörer ihm nachgebraust.
Zu spät. Längst ist „U 195" in sicherer
Tiefe und läust mit hoher Fahrt ab.

Am nächsten Tage zeigt sich nichts.
Helle Begeisterung herrscht auf dem
ganzen Boote über die geglückte Über-
rumpelung, deren Wirkung die Russen so
bald sicher nicht verwinden werden. An
eine Wiederholung des Besuches denken
sie sicher nicht. Gerade aus dieser Er-
wägung heraus hageln deutsche Granaten
zwei Tage später wieder auf Stadt und
Hafen, vollenden ihr Zerftörungswerk.
Dichter Rauch wälzt sich aus den Spei-
chern am Ufer empor, Flsmmen züngeln,
dann prasselt das Feuer über sie Hinweg,
frißt sich an dem Holzwerk weiter, lodert
weit hinaus auf See, üem Tauchboot

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