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Deutsche Kriegszeitung — 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.3215#0066
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2

Nummer 9

Krüste fort, und die Franzosen zeigten
die ernste Absicht, die von den
Alliierten in der Presse angekündigte
Osfensioe gegen unsere Front zu begin-
nen, um mit der blutigen Erfahrung
abzuschließen, daß unsere Linie gegen
jeden feindlichen Anprall gestählt ist. Dah
ivir es unsererseits an gewaltsamen Er-
kundungen nicht fehlen ließen, mag dem
Feinde wohl klargemacht haben, daß
selbst Offensivgelüste seinerseits an un-
seren Angriffsabsichten nichts mehr zu
andern vermögen.

Der 19. Februar brachte an verschiede-
nen Frontstellen Artillerie- und Minen-
kampse und sah größere feindliche Er-
kundungsvorstöße bei Houthem, Jouvin-
court und nördlich Reims scheitern.
Waren bei diesen Vorstößen Englünder
und Franzosen beteiligt, so blieb es am
nüchsten Tage den Franzosen allein über-
lassen, einen Durchbruchsversuch in
Szene zu seßen, der blutig scheiterte,
während ein unsererseits unternomme-
ner Vorstoß in den Argannen den ge-
wünschten Erfolg hatte.

Die lokhringische Front

hatte sich der Franzose zu dem erwähn-
ten Angriss ausgesucht, dem gesteigertes
Artilleriefeuer zwischen den Flüssen Selle
und Plaine vorausging. Starke Abtei-
lungen des Feindes gingen im Anschluh
an die sich zum Vorbereitungsfeuer ent
wickelnde Beschiehung unserer Stellun-
gen gegen Moncel, Röchicourt und
Mouacourt vor, drangen an einigen
Stellen in ünsere Linie ein, wurden
dann aber im Gegenstoß unter Einbuhe
einer größeren Anzahl Gefangener ge-
worfen. Dieser französische Versuch vom
20. Februar bedarf einer genaueren Be-
trachtung.

Nachdem die Heeresgruppe des Her-
zogs Albrecht von Württemberg lange
Zeit hindurch von Großkümpfen un-
berührt geblieben war, schien der Fran-
zose dis in seiner Presse seit einiger Zeit
angekündigte Ossensive auf diesem
Frontteil versuchen zu wollen. Selbst
wenn natürlich der im Kriegsrat von
Versailles zur Lähmung unserer eigenen
vorausgesehenen Osfensive geplante An-
grisf sich nicht auf die am 20. Februar
angegriffene Stelle allein richten sollte,
so würe doch aus dem Munitionsauf-
wand des Feindes zwischen den Flüssen
Seille (oder Selle) und La Plaine selbst
ohne die nachfolgenden energischen An-
griffe in der nördlichen Hälfte des ge-
nannten Frontteiles deutlich genug zu
erkennen gewesen, daß er an diesem
Punkt einen Hauptstoß zu führen trach-
tste, der durch Stöße in der Champagne
und in Flandern unterstützt werden
sollte. Fn der Tat hat wahrscheinlich
nur die Witterung des 20. Februar ein
gleichzeitiges Vorgehen auf dem üußer-
sten linken Flügel des Feindes, das heißt
iin Artois und in Flandern verhindert.

Der von den Franzosen unter Feuer
genommene Frontabschnitt von der Selle
bis zur Plaine hat eine Länge von nahe-
zu 60 Kilometer. Die Angriffstelle des
20. Februar lag auf dem nördlichen Teil
dieser Front und miht von Moncel, dem
nördlichsten, bis nach Mouacourt, dem
südlichsten Angriffspunkt, 20 Kilometer-
Da dies für eine beabsichtigte Durch-
bruchsfront eine genügend große Aus-
dehnung sein würde, hab-en wir vielleicht
in der feindlichen Artillerietätigkeit auf
deni Abschnitt von Mouacourt bis zur
Plaine lediglich eine beabsichtigte Ab-
lenkung unserer Aufmerksamkeit von
der ausgesuch-ten Einbruchsstelle zu er-
kennen.

Der g-ewählte Punkt stellte dem An-
greifer zwar keine leichte Ausgabe, denn
das bergige Gelände gewährt gute Ab-
wehrgelegenheit, wenn es auch dem An-
greifer durch Wald und Gehölz gute
Deckung gegen Sicht bietet. Wir er-
wähnen den Wald von Parroy vor dem

Ort Mouacourt, das Gehökz auf Höhe
304 westlich Röchicourt und drei Wald-
parzellen, die sozusagen auf Moncel und
die Stellung zwiichen MoEl und Röchi-
court hinffihren.

Der Hauptgrund für den Angreiser
bei der Wahl dieser Angrifsstelle war
wohl in der Tatsache zu suchen, daß
Nancy, mit seinen ausgedehnten Werken
unmittelbar hinter der angegrifsenen

holung des Versuches keineswegs aus-
schließt.

Während sich der geschilderte Kampf
abspielte, holten weiter südlich, südwest-
lich Markirch, deutsche Sturmtrupps Ge-
fangene aus den sranzösischen Stellun-
gen. — Dah der abgeschlagene Angrisf
einigermaßen ernüchternd gewirkt hatte,
zeigte das Zurückgehen der Kampftätig-
keit an dieser Stelle zur Artillerietätig-

Lstlanck.



.L.—3^/



, o

O

w 1L0 Km.

v.e tt^raine.

Zum cleutschen vormarsch im Gsten.

Linie liegend, mit der Mosel zusammen
bei Fehlschlagen des Planes eine
Deckung bot, die dem etwa nachhauen-
den Gegner Halt bieten mußte, während
der Sanon-Fluß mit dem Rhein-Marne-
Kanal eine Umsassung des rechten Flü-
gels des Augreifers ausschloß.

Die Aussichten für einen sranzösischen
Erfolg überhaupt sind allerdings sehr
trübe. Dem Feind blieb selbst der ge-
ringe Geländegewinn versagt, der sonst
in der Regel mit Durchbruchsversuchen
verknüpft ist, die immer mit dem Faktor
der Uberraschung rechnen, der bei einer
Wiederholung des Versuches an dersel-
ben Stelle natürlich in Wegfall kommt. ^
Man kann daher die Offensive der Fran-
zosen auf diesem Teil der Front, ohne ^
sich eines allzu großen Optimismus schul-
üig zu machen, als von Anfang verfehlt
betrachten, was freilich eine Wieder-

keit. 2luch an der übrigen Front waren
nur kleinere Erkundungsgefechte zu ver-
zeichnen, und bei einer dieser Erkundun-
gen in Flandern, an der Bahn Upern—-
Noulers, wurde eine englische Feldwache
überrumpelt und gefangen abgeführt.

Neue Tätigkeit der Franzosen

brachte der 23. Februar wieder auf der
Front des Deutschen Kronprinzen und
des Herzogs Albrecht, ohne daß unsere
Erkunder sich dadurch hätten zur Un-
tätigkeit bringen lassen. Stärkere fran-
zösrche Abteilungen versuchten über das
Flüßchen Ailette in Chevreany einzu-
dringen, wurden aber vor dem Südrande
des Dorfes vom Gegenstoß gepackt und
geworsen. — Auf der Front des Her-
zogs Albrecht machten französische Ba-
taillone nach mehrstündigem Vorberei-
tunasfeuer westlich Mülhausen auf bei-

den Seiten des Doller Angriffe, die bei
Nieder-Aspach durch Gegenstoß, bei
Exbrücke und Nieder-Burnhaupt durch
das Feuer der Bayern gebrochen wur--
den.

Unsere eigenen Erkunder und Sturm-
trupps waren währenddessen aus dem
westlichen Maasuser und in den Vogesen
erfolgreich tätig und brachten Gesangene
ein. — Auch am nächsten Tage kam es
durch die Tätigkeit unserer Erkunder an-
verschiedenen Stellen der Westfront zu
Gesechten, die durchaus erfolgreich ab-
liesen und uns bei Armentidres Gefan-
gene und Maschinengewehre einbrachten.

Unser Vormarsch im Osten

sffeß, wie zu erwarten stand, aus sehr
gsringen Widerstand. Es zeigte sich
bald, daß der Zustand des russischen
Heeres keineswegs dem hochsahrenden
Ton entsprach, den Herr Trotzki in Brest-
Litowsk anzuschlagen sich erlaubt hatte,
sondern daß nicht nur die Truppen, ja
auch die höheren Stäbe sich in völliger
Dcsorganisation befanden.

Am 19. waren die deutschen Armeen
von Riga bis südlich Luck im beschleu-
nigten Vormarsch. An der Bahn Riga—
Petersburg, wo 20 Kilometer vor un-
serer Front die Stellungen der russischsn
Nvrdarmee lagen, hätte man Widerstand
erwarten können, da die Russen auf den
Ausbau dieses Frontteils viel Mühe
verwendet hatten. Aber nur bei dem
nördlich der Bahn gelegenen Jnzeem
zeigte der Feind Neigung, sich zu wider-
setzen, wurde aber spielend geworfen.
Weiter südlich stießen über Dünaburg
hinaus am gleichen Tage unsere Divisio-
nen irr nordöstlicher und östlicher Rich-
tung vor, während auf der Linie Düna-
burg—Luck der Vormarsch in breiten
Abschnitten vor sich ging. — Die in Luck
eingerückten Truppen hielten sich dort - ^
nicht lange auf, sondern marschierten so-
fort aus Rowno weiter, wobei ihnen
2500 Gefangene und mehrere Hundert
Geschütze sowie große Mengen rollendeu
Materials in die Hände sielen. — Am
20. Februar wurde dem Hilferufe der<
Estländer Folge gegeben. Das Eis zwi-
schen der Jnsel Moon und dem Festlande
bildete die Brücke, über die den geplag-
ten Einwohnern die Hilfe kam. Bald
war Leval besetzt und im Weitermarsch
nn der Küste des Rigaischen Meerbusens
cntlang Pernigel und Lemsal erreicht.

Nur bei letzterem kam es dabei zu kur-
zem Kampf, der dem Feinde wiederum
eine Einbuße von 500 Gesangenen und
20 Geschützen brachte. Außerdem passier-
ten an diesem Tage die Truppen der
Heeresgruppe Eichhorn die Stadt Wen-
den und gelangten bis vor Wolmar. —-
ttnaufhaltsam drangen währenddessen
unsere Kolonnen zwischen Dünaburg und
Pinsk vor, und die Heeresgruppe Lin-
singen, deren Hauptaufgabe die Befrei-
ung der ttkraine von dem Druck der
Bal'chewiki ist, bemächtigte sich in unauff
haltbarem Weitermarsch auf der ganzen
Front der sür unsere Handelsverbin-
dung mit der ttkraine so wichtigen Eisen-
bahnknotenpunkte. — Rowno wurde
dabei vom Feinde gesäubert,
und die Beute, die sich noch nicht an-
nähernd übersehen ließ, betrug bis da-
hin bereits an Gefangenen 1 kom -
mandierenden General, m e h-
rere Divisionskommandeure,

4 2 5 O f s iz i e r e und 8 700 Mann
und serner 1353 Geschütze,

1 2 0 M a s ch i n e n g e w e h r e, 4- b i s
5000 Fahrzeuge mit etwa
lOOOWagen, zum Teil mit
L e b e n s m i t t e l n, Flugzeugen
u s w. b e l a d e n.

Die Festung Rowno, eine Stadt von
24 000 Einwohnern, bildet mit dem fünf-
undftinfzig Kilometer weiter westlich ge-
legenen Luck und dem zweiundvierzig
Kilometer südwestlich gelegenen Dubno
das bekannte wolhynische Festungsdrei-
eck, von dem es als östlicher Pfeiler bis-
 
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