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Deutsche Kriegszeitung — 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.3215#0171
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Nummer 22

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6crtenskiz;e zur Schlacht um 6eu Lhemin ües Dames,

grauen los. Die unoergleichliche Jnfante-
rie des Generals v. Boehn erzwang sich
zwischen Vauxaillon und Craonne den
Ubergang über die Ailette und brach
östlich zwischen Corbeny und der Aisne
in die englischen Linien ein. Die völlig
überraschten Engländer und Franzosen
leisteten in den ersten Linien kaurn
Widerstand, und schon in den frühen
Morgenstunden waren Orte und aus-
gebaute Werke in großer Zahl in un-
serer Hand. Pinon, Chavignon, ,Fort
Malmaison, Courtecon, Cerny, der Win-
terberg undCraonne, derViller-Bergund
die ausgebauten Werke nördlich Berry-
au-Bac waren mit stürmender chand ge-
nommen. — Zwischen Vailly und Berry-
au-Bac setzte sich der Feind kräftig zur
Wehr, aber unsere siegestrunkenen
Stürmer brachen jeden Widerstand. Jn
unaufhaltsamem Angriffsdrang wurde
Vailly genommen, das große gewaltige
Trichterseld überwunden und die Aisne
erreicht. Am Nachmittag standen unsere
Truppen nördlich des alten Forts Conde
und aus den Höhen von Neuville und
Lausfaux. Zwischen Vailly und Berry-au-
Bac aber drangen unsere unermüdlichen
Leute auch über die Aisne vor und
trugen damit den Sieg in Gelände, das
seit unserem großen Rückzug im Jahre
1914 keinen Feind mehr gesehen hatte.
Wohl schützten das Südufer des Flusses
befestigte Waldhöhen, aber der Ouror
teutonieus war entfesselt und der Feind
von diesen Festen hinuntergeschleudert
und zwischen Vailly und Beaurienne die
Höhen hart nördlich der Vesle erreicht,
jenes Flüßchen, an dem Reims liegt. —
Auf dem linken Flügel der siegreichen
Armee Boehn ging die Armee v. Below
(Fritz) zum Angriff vor. Sie warf den
Feind aus seinen stark ausgebauten
Stellungen auf dem Ostufer des Aisne-
Marne-Kanals zwischen Sapigneul und
Brimont und entriß ihm auf dem West-
ufer die Orte Cornivy, Cauroy und
Loivre. — Über 15 000 Gefangene
wurden als erste Beute gezählt. Aber
mit Zählen der Kriegsbeute hat sich - -
wir wissen das von srüher — der dercksche
Soldat nicht aufgehalten, solange es vor-
wärts geht und es noch zu tun gibt.
Die Nachricht über die Kriegsbeute
kommt immer noch srüh genug. Soweit
erzählte uns der Generalstabsbericht
über den herrlichen Sieg, aber aus einem
Jubeltelegramm des Kaisers an Fhre
Majestät die Kaiserin klang es froh
verheißend: „Morgen geht es weiter!"

Wie der Plan zu diesem Schlage reifle.

Um den Stoß, der den Feind uner-
wartet traf, voll würdigen zu können,
bedarf es einer Betrachtung der Lage,
die unsere Heeresleitung zur Pause in

der Gesamtoffensive und Wahl der

neuen Angriffsstelle veranlaßte.

Nach dem ersten Angriff, der sich in
der „Großen Schlacht" abspielte, und
dem zweiten Schlag, den wir in den

Kämpfen am Kemmel und an der Lys zu
erkennen haben, hatte die Entente alle

ihre verfügbaren Reserven nördlich

Amiens massiert, um sie auf den durch uns
bereits zum Teil unbrauchbar gemachten
Bahnlinien in zeitraubender Weise an die
bedrohten Stellen, besonders hinter den
linken Flügel der Gesamtfront zu wer-
fen. Sie rechnete dabei damit, daß wir
an den alten Angriffsstellen in unserer
Osfensive fortfahren würden, während
wir keine Veranlassung hatten, ihr diesen
Gefallen zu tun, sondern eine Stelle
wählten, auf der die Ablösung franzö-
sischer 'Divisionen zwecks Verwendung im
Norden durch bereits mehr oder weniger
abgekämpfte englische Divisionen um so
mehr Erfolg versprach, als die Zurück-
beförderung der Reserven an die neue
Angrisfsstelle bei der mangelhaften Ver-
bindung für den Feind außerordentlich
erschwert sein mußte. Die Entente be-
hauptete zwar, jede Frontstelle sei fest,
die Soldaten seien gut, und Foch sei ein
höchst genialer Führer, aber wir wußten,
wie es bei dem Feinde stand.

Südlich Laon bis östlich nach Reims
standen die englischen, nördlich bis Laf-

faux die französischen Divisionen. Un-
sere in der Offensivpause für den Sturm
über das von uns selbst und dem Feinde
in Trichtergelände verwandelte Kampf-
feld südlich der Ailette ausgebildet-m
Truppen bewährten sich hervorragend.
Überrajchend schnell war der feindliche
Widerstand gebrochen, wobei die Fran-
zosen sich noch etwas besser geschlagen
zu haben scheinen als die Engländer.
Bereits am Mittag war das 12 Kilo-
meter tiefe feindliche Stellungsystem
bis zur Aisne überrannt, und die Tat-
sache, daß auch der Fluß selbst über-
schritten werden konnte, spricht deutlich
genug sür den Zustand und die vollstän-
dige Niederlage des Feindes.

Natürlich steht zu erwarten, daß der
Feind die wenigen Divisionen, die er
noch bei Paris stehen hat, und auch
Truppen von anderen Stellen eiligst
heranführen wird, um zum Gegenstoß
zu schreiten. Unsererseits wird , er
Nachschub alles Notwendigen über das
vollkommen zerrissene Gelände, dessen
Wege wir selbst zerstörten, als wir den
Chemin des Dames im cherbst vorigen
Iahres dem Feinde überließen, zunächst
beschäftigen. Aber auf Gegenangriffe
sind wir vollständig vorbereitet und
freuen uns heute, ohne aus die Frage
einzugehen, ob weitere Ziele verfolgt
werden, einen neuen hervorragenden
Sieg ersochten zu haben, den wir als
Fortsetzung der Gesamtoffensive im
Westen betrachten können.

Das üaiserlelegramm zum Sieg am
Damenweg

hatte folgenden Wortlaut:

Jhrer Majestät Kaiserin, Neues Palais.

Wilhelm hat heute die Engländer und
Franzosen auf dem Chemin des Dames
angegriffen. Die stark ausgebaute
Höhenstellung ist nach gewaltigem Ar-
tilleriefeuer von unserer herrlichen In-
fanterie erstürmt worden. Wir haben
die Aisne überschritten und nähern uns
der Vesle. — Fritz mit der ersten Garde-
Jnfanterie-Division hat als einer der
ersten die Aisne erreicht, auch die
28. Division hat sich wiederum ausge-
zeichnet. Der Engländer wie der Fran-
zose sind vollständig überrascht worden.
Unsere Verluste sind gering. Morgen
geht es weiter! Gott hat uns einen
schönen Sieg beschert und wird uns
weiter helfen. Grllße. Wilhelm.

Zwischen TNaas und Mosel

und an der lothringischen Front war
nur am 27. Mai Gefechtstätigkeit zu

verzeichnen, die aber auch dort dem
Tatendrang unserer Jnfanterie zuzu-
schreiben war, die bei Vorstößen in die
feindlichen Linien über 150 Franzosen
und Amerikaner zu Gefangenen machte.
— Was die Amerikaner anbelangt,
so behauptete ein Schweizer Blatt, daß
deren Zahl auf dem westlichen Krieg-
schauplatz bereits so gewachsen sei, daß
sie die drittgrößte Armee des Vielver-
bandes an dieser Front darstellten.
Diese wahrscheinlich zur Beruhigung der
Gemüter in London und Paris ver-
breitete Nachricht will nun bei näherem
Zusehen, selbst wenn sie der Wahrheit
entspricht, nicht viel besagen, denn die
belgische Armee, die neben der franzö-
sischen und englischen dort noch mitzählt,^
ist nur klein, und die amerikanische Ar-
mee würde daher die dritte Stelle ein-
nehmen, wenn sie auch nur wenig über
100 000 Köpfe zählte, wobei natürlich
die Arbeiterbataillone mitgezählt sein
dürften. Kurz, mit der Rettung der En-
tente durch den Vruder Jonathan sieht
es nach wie vor saul aus.

Die Verheerungen in französischem
Lande

nehmen bei diesen Kämpfen einen Um-
sang an, der uns mit Schaudern bedenken
läßt, was aus unserem eigenen blühen-
den Lande geworden wäre, wenn es im
Jahre 1914 unseren tapferen Heeren nicht
gelungen wäre, den landverwüstenden
Krieg in Feindesland hineinzutragen und
unsere eigenen Gesilde vor einer Wieder-
holung des Elends des 30jährigen Krie-
ges zu bewahren. Unsere Flieger und die
Flieger der Gegner, unsere Granaten
und die feindlichen, sie richten täglich und
stündlich ihr Vernichtungswerk an fran-
zösischem Eigentum an, und trostlose Ver-
zweiflung muß die Bewohner der von
uns besetzten Gebiete ergreifen, wenn sie
sich dem Feuer der eigenen Landsleute
oder ihrer Verbündeten ausgesetzt sehen.
So gab denn auch die erregte Menge in
Valenciennes ihrem Mißfallen über das
Verhalten der englischen Flieger offenen
Ausdruck, die am ersten Pfingstfeiertag,
nachdem ihren Bomben bereits am Tage
vorher 26 französische Arbeiter zum Opfer
gefallen waren, zwölf Bomben auf die
Kathedrale warfen und diese dadurch in
Brand setzten. — Auch Laon hat bestän-
dig zu leiden, und zwar durch die Fran-
zosen selbst, die sich aus der Beschießung
dieser Stadt ganz merkwürdige VorteiLe
zu versprechen scheinen und viele ihver
Landsleute töten. Am 25. Mai erhielt
die unglückliche Stadt nicht weniger als

Line englische Maschinengewehr-Übteilung am llemmel, clie clucch Netze gegen Zliegersicht gefchützt ist. phot.Gchs
 
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