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Seite 2

Meldereiter im Sundgau / Krieas-Zeitung der 8. Landrvehr-Division

Nr. 1

haus aufgestellt und so zugleich dein Verderbeu durch
Rost odec Feind eirtrisscn. Selten wied woht eine Drueker-
presse eine so abenteuerliche Kriegsfahrt geinacht haben,
in tiefer Nacht, weil dicht am Feind. Nachdem dann
noch die erforderlicheu Reparatureu an der Presse vor-
genommen, die bei der Bcschicßuug Donneubergs übel
durcheinauder gerüttelteu Setzerküsteu geordnet, Leiter
und Seher für die Druckerei aus Manuschaften der
Division gesnudcu wareu, kounte schließlich dieses Kriegs-
zeitungskiud das Licht der Welt erblickeu nud die Schrift-
leitung erleichkert anfatmen: soivcit wäreu wir uun!

Aber was soll aus dem Kindlein iverden? Was
will diese Kriegszeitung? Sagen wir zunächst, was sie
jedeusalls nicht will und soll: Weder ein Ersatz uoch
eine Konkurrenz für Tageszeituugen uud Wochenblätter
politischen, religiösen oder sonstigeu Jnhalts, wie sie aus
der Heimat zu uns ins Feld kommen. Der bescheidene
„Meldereiter" will nichts davon verdrängen und sich
niemandem aufdrängen. Er hat keinerlei Hintergedan-
ken und vertritt keine Sondermeinungen. Er soll aber
nicht etwa lediglich ein Witzblatt sein, kein bloßer Zeit-
vertreib. Dazu ist er zu sehr Kri egszeitung; dazu
steht das, was wir fast täglich erleben und worauf wir
uns stets bereit halten müssen, zu hoch und groß vor
uns, die wir hier in blutigem Ernst, in heiligem Dienst
mit unserm Leib die Heimat schützen und so Gott will
uns noch dafür einsetzen, den Feind vollends hinauszu-
schmeißeu aus dem Sundgau, der deutsches Land ist und
deutsches Land bleibt. Vou all dem aber, was uns dln-
gehörigen der 8. Landwehrdivision in gemeinsamem Er-
leben dieser großen Zeit hier das Herz bewegt und
den Geist beschüftigt, soll unsere Kriegszeitung etwas
melden so gut sie's vermag, soll dies uud jenes bcingen,
sei's in Ernst oder Scherz, was bei uns passiert ist und
uns gerade interessiert, was sonst iu keiner Zeitung steht
und wovon wir bedaueru müßten, wenu es der Ver-
gessenheit anheimfiele. Auf diese Weise kann sogar die-
ser unser kleiner Meldereiter ein Stückchen Uckunde
des großen Weltkriegtz werden, und wenn wir, Kame-
raden die einzelnen Nummern nacheinander sammeln
oder, noch besser, nach Hause schicken, damit die Unsern
daheim auch darin lesen uud daraus sehen, wie wir's
hier treiben und die Kriegszeituug danu für uns geord-
net aufbewahren, so können wir später, weun uns die
Heimkehr beschieden ist, im Frieden an der Hand dieser
Blätter mancherlei Bilder wieder in der Erinnerung auf-
srischen, die sonst verblassen würden.

Die hier angedeutete Aufgabe verinag freilich unsere
Kriegszeitung nur dann zu erfülleu, wenu sie — nicht
etwa müßige Kritiker, sondern tütige Mitarbeiter findet
in unserer Division. Also schafft ein wenig mit und
regt im Kameradenkreise dazu an. Zum Beispiel: Wer
etwas Merkwürdiges oder Drolliges erlebt hat, sei es
auf Patrouille, in der Stellung oder im Quartier (aber
ausgeschnitten wird nicht bei uns!) — wer etwas Be-
sonderes beobachtet, etwas Schönes geschaut hat in Got-
tes freier Natur draußen, mit der viele von uns wieder
auf vertrauterem Fuß gekommen sind — wer etwas
entdeckt und erforscht hat aus der langeu reicheu Ge-
schichte dieses Sundgaus mit seinen alteu Römerstraßen
und Ritterburgen — wer eineu feinen Gedanken aufge-
schnappt oder einen guten Witz gemacht hat (derb kann
er schon sein, aber nicht — dreckig) — wer über die
Gabe der Dichtkunst verfügt (die Schriftleitung hat aber
auch einen Papierkorb, nichls sür ungut!) — kurz, wer

etwas weiß zum allgemeinen besten: heraus damit und
hinein damit iu dic L-atteltasche des Meldereiters: Osfi-
zier oder Arzt, Jurist oder Lehrer, Künstler oder Kauf-
mann, Pfarrer, Soldnt und was noch uuter uus ver-
treten sein mag von denkendeu Köpfen, schaffeudeu Häu-
den uud für alles Gute und Edle erglüheudeu Herzen,
wie das nun einmal so ist bei uns deutscheu „Barbaren."
Wie vielerlei Kräfte siud doch in einer Division vereint
und mögen sich regen im langen Stellungskrieg, au lan-
gen Winterabeuden. Es brauchen ja keine großartigen
und geistsprühenden Aufsätze zu sein. Wir sind auch für
kleine Beiträge, kurze Mitteilungen, flüchtige Bleistift-
notizen empfänglich und können alles irgendwie einmal
verwerten. Wer etwas hat, wovou er deukt, es sei
brauchbar, stecke es in einen Briefumschlag und adressiere:
An die S ch r i ftl e i t u n g des „M el d e r e i t ers"
beim Stab der 8. L a u d w e h r d i v i s i o n.

Wir haben uns darauf geeiuigt, die Originalbeiträge
nur mit Anfangsbuchstaben zu zeichnen. Dadurch ist
sowohl der schriftstellerischen Schüchternheit wie ihrem
Gegenteil der Boden entzogeu. Jn dieser Zeit, in der
wir Einzelnen alle mehr denn je uus nur als kleine
Glieder eines großen Ganzen fühleu, wird ja keiner des-
halb seine Mitarbeit versagen, weil er dann seiuen Namen
nicht breit gedruckt sieht.

Noch eius: Der „Meldereiter" steht völlig mittel-
los da. Er muß aber für seinen Lebensunterhalt: Pa-
pier und Druck selber auskommen. Deshalb wird monat-
lich der möglichst niedrig bemessene Betrag von 20 Pfg.
erhoben für Mannschaften, Offiziere 50 Pfg. Die Trup-
penteile werden ersucht, die gewünschte Anzahl bei der
Division zu bestellen und dann jeweils auf deu 20. des
Monats die Beträge für die bezogenen Exemplare eben-
falls an die Division einzusenden.

Die Schriftleitung.

Aus unserer Division.

(Originalbeitrüge).

Gedanken zur deutschen Aufgabe.

Wir alle haben in diesem Kriegsjahr ein ent-
scheidendes Erlebnis gehabt: wir haben das Wesen und
die geschichtliche Aufgabe unseres Volkes einsehen gelernt.

Jmmer hat man uns als Jndividualisten bezeichnet
und wir sind es auch, aber zugleich vermögen wir,
wie kein anderes Volk, das Einzelne zu einem Neuen
gestaltend zusammen zu fassen. Nirgends ist der Sinn
für das Einmalige der Lebenserscheinung so tief ge-
wurzelt, so die innere Stellung zum Dasein bedingend
wie bei uns, wie ja auch unsere neueste Philosophie
gerade die historische Einmaligkeit, die Unersetzbarkeit und
Unauflösbarkeit der individuellen Erscheinuug heraus-
gestellt hat. Aber zugleich vereinheitlichen wir und
bilden um zur Gemeinschaft. Gerade diese eigentümliche
Verbindung ist das Wesen der Lebensformung, die von
uns ausgeht. Das deutsche Reich z. B., ist unver-
gleichlich mit allen anderen Staatskörpern — es ist eine
Zusammenfassung einzelner Staatswesen und doch in
welchem Grade ein Ganzes, das ist unsere Art!

Die Welt stand jetzt vor der Gefahr, von einer
Reihe großer mechanisierender und ertötender Gebilde
verschlungen zu werden: von der kapitalistischen Ma-
schinerie, die das Gegenbild des rationalisierenden eng-
lischen Geistes ist, oou der angeblich demokratischen
 
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