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Nr. it» Soirntag, den 5. März 1916

Zlns der „Mde tttt die Delttscben" von Friedrich dem Groszen.

(29. März I7ttO).

Schaut nach Flandern, seine Schanzen gilt's zu stiirnien, zu geivinnen;
Mit dein Ungarn Seit' an Seite legt in Asche Belgrads Zinnen!
Mutz beim Klange dieser Namen heißer nicht das Blut euch rollen?
Denkt ihr nicht der blutgetränkten Ehrenfclder, wo den vollen
Siegeskranz der edle Ritter Prinz Eugenius sich errungen,

Der Bewunderte, der jeden feiner Gegner hat bezivungen?

Al'es rust bei solchem Wagen
Eucem Mule zu: Glückauf!

Allc Herzen mit cuch schlagen,

Tie um Deutschland Sorge tragen,

Folgen eurem Sicgeslauf.

Seht die vielen Völker alle, die sich wider uns verschivoren,

Die vor dünkelhafter Ehrsucht völlig den Verstand verloren;
Unverzagt nur, meine Helden! Trefft sie mit dem Wetterschlage
Eures Zornes, eurer Hiebe, datz die Menschheit künft'ger Tage
Tiesem Sturmlauf ohnegleichcn, diesem Sieg der Minderzahl
Wider eine Welt von Neidern türm' ein bleibend Ehrenmal.
Rings von Not und Tod umgeben,

Dcnkt in eurem Rachefest,

Datz in diesem harten Leben
Ohne Kampf und Fährnis eben
Sich kein Ruhm gewinnen läht.

vsrbe»»«erkung: Das an der Spitze der
letzten Nummer stehende Gedicht, das cine
vor kurzem erfolgreich vollbrachte Waffentat
von Truppenteilen unserer Tivision kraftvoll
besingt, hat versehentlich eine unvollständige
und mihverständliche Uebcrschrift erhalten.
Es sollte nicht heihen „Niedersept," sondern
vielmehr: „Niederlarg—Obersep^. Wir
bitten die Kameraden. die das Gedicht als
Kriegserinnerung aufbewahrt haben, die Ueber-
schrift selbst nachträglich zu verbessern.

Die Schriftleitung.

!. unserei Vivirion »»i

Line Neise von Velfort nach Nasel
im ^akre 1675.

Diese Geschichte erzählt uns ein Franzose,
Herr de I'Hermite, ein lebendiger, sclbstge-
fälliger Sohn seines Volkes, dabei aber vvller
Lcbensart und geschickten Wesens, >vo es von
Nöten war. Er lebte als Beamter seines
Königs, der Majestät von Frankreich, vom
Jahrc 1674 an im neu gewonnenen Elsaß.

Geben wir ihm das Wort:

„Jch will mich nicht lange aufhalten bei
der Erzählung all der verschiedenen Reisen,
die ich während meines Aufenthalts im Elsaß
nach Basel gemacht habe, noch all der kleinen
Abenteuer, die mir auf meinen Wegen begegnet
sind. Aber um doch eine Jdce der alltäglichen
Gefahren, denen man auf der Reise in kriegs-
bewegtem Lande ausgesetzt ist, und der zahl-
reichen unruhigen Augenblicke. denen man auf
dem Lande beim ständigenAnblick marschierender
Truppen unterworfen ist, auch um Jhnen das
Leben der Soldaten näher zu bringen, wenn
ste in bestimmtem Auftrag irgendwohin mar-
schieren, so will ich mir cin Vergnügen daraus
machen, mir eine Rcise in Erinnerung zu
bringen, die ich einst im Dienst des Königs
nach Basel machte, an der Spitze einer Ab-
teilung von 60 Mann der Garnison Belfort.

Jm Monat September 1675 war ich in
Belfort, um einen jungcu Mann aufzusuchcn,
den ich von Paris hatle kommcn lassen; cr
sollte in den Befestigungen von Breisach an-
gestellt werden. Aber kaum waren wir in
Altkirch, einer kleinen Stadt im Sundgau wo
ich wohntr, angekommen, als ein Eilbote zu
Pferde mir den Befehl brachte wieder umzu-
kehren, allcs Geld, was ich in meinem Ge-
schäftszimmer gerade hätte, mit nach Belfort
zu nehmen, und das alles so schnell wie mög-
lich. Ter Brief dafür gab mir keinen Grund
an, der Bote konnte mich auch nicht besser
belchren. Lhne nun meincn Gcist besonders
damit anzustrengcn, was nur dcr Grund sein
könnte, steckle ich all mcin Geld ein, füllte
damit zwei kleine Koffcr, die wir auf unsere
Pferde luden. Die Schlüssel und die Sorge
um das Salzdepot überlicß ich meincm Freunde
i mit einer genaucn Belehrung, was er während
! meincr Abwesenheit zu tun hätte. Noch in
derselben Stunde reiste ich mit dem Boten zu-
sammen ab u. lieh die Stadt Altkirch alarmiert
und von Angstzuständen befallen zurück. Kein
Mensch zweifcltc natürlich daran, dah es ein
Zeichen für den Anmarsch der kaiserlichcn
Armce wäre, dah ich mich so überstürzt ent-
fernte. Jch hatle mcinerseits keine andere
llnruhe, als die der Neugier, den Grund i
mciner so eiligen Rückkchr zu erfahren, und
so war ich mit einer außcrgewöhnlichen
Schnelligkeit in Belfort. Als ich bei dem
Generaleinnehmer des Departements angr-
kommen war, ließ er mich wissen, das ganze
Geheimnis mciner Reise sei kein anderes, als
dah er mich nach Basel schicken wollte, Geld
zu holen, um den Truppen die Löhnung aus-
zaklen zu können. Man würde mir zur Be-
deckung eine Abteilung von 60 Mann der
Garnison Belfort mitgeben. Herr v. Aubigns,
ein Bruder der Frau von Maintenon, der
Gouverneur der Stadt befand sich deßhalb
gerade bei dem Einnehmer; er fragte mich
nach dem Wege nach Basel, ließ ihn auf-
j schreiben und gab dann seine Unterschrift

I dazu; das Schriftstück schickte er dann dem
Offizier, der meine Bedeckungsmannschafr be-
fehligen sollte. Am folgenden Morgen mar-
schierte ich mit der Jnfanterieabteilung ab.
Unser Hauptmann war ein Herr von Prouais,
ein junger, gut aussehender Mann; unter ihm
stand ein Leutnant, ein Unterleutnant, ein
Fähnrich und mehrcre Unteroffiziere. Wir
waren 6 Personen zu Pferde, denn Herr von
Prouais hatte noch einen Kammerdiener mit;
auherdem führten wir einen leeren kleinen
Wagen für das Gcld mit. Wir zogen aus
Belfort in guter Ordnung und unter Trommel.
schlag aus. Unterhalb der Stadt mußten wir
lange warten, weil gerade 200 Lebensmittel-
wagcn der Truppen den Weg den trockenen
Grabcn enllang zogen. Dann machten wir
nach 4 Mcilen halt in Dammerkirch, einem
grohen deutschen Dorfe, um uns ein wenig
zu erfrischen. Voller Schrecken entflohen alle
Bauern und versteckten sich beim Nahen unserer
Truppe. Das wurde noch schlimmer als man
uns von unserer lieben Stadt Altkirch aus
entdcckte; bei der Besorgnis, von der sie ja
schon vorher ergriffen waren, bckräftigte dieser
Anblick sie in ihrem Glauben, daß die Feinde
gar nicht weit wären. Da ich mir über ihre
Furcht nicht im Zweifel war, bat ich unsern
tzauptmann, seine Soldaten eine Viertel-Meile
vor dcr Stadt Halt machen zu lassen und zu
waiten, bis ich die Bürger von unserer An-
kuiift benachrichtigt hätte. Außerdem bat ich
die Soldaten in weiser Voraussicht, sie sollten
nachher keine llnordnung machen; dann gingen
der Herr von Prouais und ich auf Altkirch
zu. Jch kann die Unruhe nicht beschreiben,
in der die arme kleine Stadt sich befand. Ein
Teil der Einwohner stand auf einem Söller,
der sich vor der Barriere an der Hauptwache
befand, aber trotzdem sie ihre Waffen in der
Hand hielten, zitterten sie wie die Hasen.
Als sie mich erkannt hatten, wich ihre Furcht
sogleich der Neugierde. was wohl die bewaff-
nete Mannschaft bedeuten könne, Jch stieg
zu ihnen hinanf und kam ihren Fragen zuvor;
 
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