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Nr. 1

Meldereiter iin Slmdgau / s!riegszeitttnq der 8. Landwelir-Dlvision

Seite 3

Parteipresse- und Parlamentsmaschinerie als der
Außerungsform des französischen Gleichheitsideals und
von der unifizierenden großrnssischen Massenhaftigkeit,
die das Ubergreifen des Orients nach Europa bedeutet.
Unsere Weltaufgabe aber heißt: Gemeinschaftsaufbau,
der das Gesetz der lebendigen Jndividualität achtet und
die Eigenart als solche verwertet.

Mit schicksalsmäßigem Zusammentreffcn wird uns
überall die gleiche Aufgabe in verschiedenem Gewand
gestellt! Der mitteleuropäische Staatenbund, den wir
— ob wir wollen oder nicht — schaffen müffen —
wird er nicht aus diesen Wurzeln erwachsen? Die
wirtschaftliche Organisation: man siehe Kartelle und
Trusts! Der soziale Ausbau: was wir — zum Trotz
aller Theorie — wirklich ausbilden, sind es nicht zu-
sammengehörige Gruppen mit Führern, die eine Ein-
ordnung in ein übergeordnetes Staatliches erleichtern
und herbeiführen? Und im rein Geistigen: in dieser
tiefen Achtung der Vielfältigkeit des Lebens ist unser
Verständnis für Fremdes begründet, die uns ganz eigen-
tümliche Universalität des nicht vereinheitlichenden son-
dern dem andersartigen gerechtwerdenden Weltumfassens.
Warum ist uns der Engländer im Grund unerträglich?
Weil er ein „allein selig machendes Angelsachsentum"
hat, dos schematisierend — und nur als Unterworfene
die Fremden duldend — eine ertötende Atmosphäre
verbreitet.

Fühlt man uns richtig. dann ist es nicht mehr
Willkür, wenn wir von der Rettung der kleinen Nationen
durch uns, von der Zersprengung der alles gleich
machenden imperialistischen Gebilde, von der Erhaltung
des lebendigen Reichtums des Weltangesichtes sprechen —
sondern unser eigensles Wesen, das wir so vor Ver-
gewaltigung schützen und erst in Tuten nach außen
werden darstelleu lerucn, iudem wir diese Aufgabe
ersasseu.

Hauptmanu VV.

Einiges aus der Geschichte Serbiens.

Unsere Blicke sind gespannt nach Serbien gerichtet.
Zum Verständnis der Gegenwart wird es den Kameraden
von Wert sein, auf die Vergangenheit eiue kurze Rück-
schau zu halten.

Es war im Jahre 1690. Die Türken beherrschten
noch den ganzen Balkan. Da begab sich der serbische
Patriarch, ihr geistliches Oberhaupt, mit t 00 000 seiner
Stammesgenossen unter den Schutz des Kaisers Leopold I.,
des Habsburgers. Schon damals begann Rnßland unter
Peter dem Großen die Verbindung des serbischen Volkes
mit Osterreich zu unterwühlen und sich in der Rolle
eines Beschützers der Serben zu gefallen, und doch ver-
dankten die Serben nur den österreichischen Waffen ihre
Befreiung. Die österreichische Verwaltung des Paschaliks
Belgrad von 1718 bis 1739 legte den Grund zum
heutigen Serbien. Jm Belgrader Frieden kam dieses
Paschalik wieder an die Türkei. Jm Jahre 1804 erhoben
sich die Serben unter Karageorg gegen die türkische
Herrschast. Die Führer dieses Ausstandes erstrebten
wieder den Schutz Osterreichs. Sie stießen aber beim
Wiener Kabinett auf verschlossene Türen, weil man dort
auf gute Beziehungen zur Türkei hielt. Jn Petersburg
legte man sich weniger Zurückhaltung auf, trotz eines
noch bestehenden Bündnisvertrages mit der Pforte. Man
uuterstützte den Aufstand zuerst mit Geldmitteln und

schloß 1806 mit den Aufständischen eine Militärkonvention
ab. Diese forderte von den Serben große Opfer ohne
ihnen viel Hilfe zu bieten. Von Petersburg erschien ein
Staatsrat in Belgrad als Erstling und Vorbild der
vielen nachmaligen russischen Agenten. Er oertrat den
bis zum Ausbruch dieses Krieges von der russischen
Regierung festgehaltcnen Standpunkt: Nußlands Einfluß
in Serbien für alle Zukunft alleinherrschend, um durch
Serbien Osterreich in der Flanke zu fassen.

Aber zugleich wurde immer wieder Serbien selbst
von Rußland, so oft russische Jutereffen es wünschens-
wert erscheinen ließen, verraten und geopfert. So 1812
im Bukarester Frieden. Knrageorg, von Nußland preis-
gegeben, mußte vor der türkischen Rache fliehen. Drei
Jahre später entrollte Milos Obrenovic die Fahne der
nationalen Erhebung gegen die Türkei. Er erbat Oster-
reichs Hilfe. Toch ohne fremde Unterstützung erwehrte
er sich der Türken; das dankbare Volk rief seinen Führer
nnd Befreier zum erblichen Fürsten Serbiens aus. Sofort
erhob der russische Gesandte bei der Pforte dagegen
Einspruch. Rußland war entschieden gegen die Aufrich-
tung eines erblichen Fürsteutums in Serbien, meil sich
ein solches dem russischen Einfluß leichter entziehen konnte.
Da die erbliche Fürstenwürde nicht mehr rückgängig zu
machen war, verlegte sich die russische Politik in Serbien
darauf, im Gegensatz zu der absoluten Zarengewalt im
eigenen Reich die fürstliche Macht in Scrbien einzu-
schränken. Dies geschah durch die Einrichtung eines
Senates, dessen Mitglieder auf russischen Wunsch von
der Pforte in der Verfassung von 1830 als durch den
Fürsten unabsetzbar bezeichnet wurden. Mit Hülse dieses
Senates hat Rußland in Serbien stets seinen Willen
durchgesetzt. Die Stellung des Fürsten Milos wurde
unterhöhlt. Jntriguen spielten und der Rubel rollte.
Milos Obrenovic blieb nichts anderes übrig, als 1839 zu
Gunsten seines Sohnes Michail abzudanken. Rußland
rnhte nichl, bis die Dynastie Obrenovic ganz aus dem
Land vertrieben war. Die hierauf durch den serbischen
Senat erfolgte Wahl des Alexander Karageorgewic zum
Fürsteu hat Rußland nicht eher anerkannt, als bis sie in
Gegenwart des russischen Vertreters wiederholt wurde.
Als Serbien durch den Pariser Vertrag als türkischer
Vasallenstaat unter die gemeinsame Garantie der euro-
päischen Mächte gestellt wurde, wußte Rußland den
Fürsten Alexander Karageorgewic zu vertreiben. Die
serbische Nationalversammlung rief den Fürsten Milos aus
der Verbannung zurück und setzte ihn auf den Tron.
Nach seinem baldigen Tod trat sein Sohn Michail die
Negierung an, aber 1868 schrieb eine Petersburger
Zeitung: „Es gibt einen einzigen Kandidaten, der würdig
wäre den Thron Serbiens einzunehmen, und das ist Peter
Karageorgewic, der Sohn des Alerander. Jhn muß
man auf den Thron Serbiens erheben." — Sehr prompt,
eine Woche späler, ivurde Fürst Michail ermordet.
Aber dicsmal !am Nußland um die Frucht dieses Atten-
tates. Geg > meu Wunsch wurde der Neffe Michails,
der uoch luu^< i inhrige Milan Obrenovic von der serbischen
Statloualversaiiiliiluug zum Fürsten ausgerufen. Natürlich
halte er vom ersten Äugenblick seiner Regierung an mit
der Mißguiist Rußlnnds zu rechnen. Rußland knüpfte
die sortdauerud gebliebenen Beziehungen zu der serbischen
radilalen Partei an.

Durch den Berliner Kongreß 1878 wurde Osterreich
die Besetzung Bosniens und der Herzegowina ermöglicht.
 
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