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Scherrer, Peter; Trinkl, Elisabeth; Österreichisches Archäologisches Institut [Contr.]
Die Tetragonos Agora in Ephesos: Grabungsergebnisse von archaischer bis in byzantinische Zeit - ein Überblick; Befunde und Funde klassischer Zeit — Forschungen in Ephesos, Band 13,2: Wien: Verl. d. Österreich. Akad. d. Wiss., 2006

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.47150#0205
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III. Teil: Befunde und Funde klassischer Zeit aus Ephesos
im kulturellen Kontext

DIE FIGÜRLICH BEMALTE KERAMIK KORINTHISCHER, ATTISCHER UND LOKALER PROVENIENZ
AUS DEN AGORAGRABUNGEN

Bettina Kratzmüller - Elisabeth Trinkl
Die an dieser Stelle besprochenen Bruchstücke figürlich bemalter Keramik der archaischen und klassischen Zeit stammen aus der Nekropole und aus
dem Siedlungsbereich, zwei davon aus dem geschlossenen Brunnenkomplex AB1. Neben in diese Zeit datierten Funden werden auch Fragmente, die in
jüngeren Kontexten gefunden wurden, besprochen. Im Allgemeinen ist festzuhalten, dass das Gesamtaufkommen figürlich bemalter Keramik sehr
gering ist, die Gefäße sind nur in stark fragmentarischem Zustand erhalten, in den meisten Fällen ist ein Gefäß nur durch ein einziges Fragment belegt2.
Hauptsächlich handelt es sich um attische Fabrikate, Ausnahmen bilden die Fragmente zweier korinthischer Gefäße sowie eine Schale lokaler Herstellung.

Korinthische Gefäße (Kat.-Nr. 270-271)

Nur zwei Fragmente (Kat.-Nr. 270 und 271) sind einer Provenienz aus korinthischen Werkstätten zuzuschreiben, beide stammen vermutlich aus der
mittelkorinthischen Periode des ersten Viertels des 6. Jh.s.
Das Fragment Kat.-Nr. 270 könnte trotz der Tatsache, dass das Gefäß innen nicht gefirnisst war, auf Grund seiner Form und seiner Dekoration von einer
mittelkorinthischen henkellosen Pyxis mit konvexem Profil stammen. Vergleichbare Stücke, wie z.B. die des Bitalemi-Malers oder des Malers von
Tübingen 5585, weisen jedoch im Gegensatz zum ephesischen Stück unterhalb des einfachen Zungenmusters, das die Schulter bedeckt, ein Punktmuster
auf, unter dem der für diese Form typische Tierfries anschließt3.
Die Mündungsscheibe (Kat.-Nr. 271) lässt sich auf Grund ihrer Größe von 4,4 cm einem runden Aryballos zuweisen4. Verzierungen der Mündung durch
konzentrisch angebrachte Kreise kommen nur selten auf frühkorinthischen, vermehrt jedoch auf mittelkorinthischen schwarzfigurigen Aryballoi des
ersten Viertels des 6. Jh.s vor5.

Attische Gefäße (Kat.-Nr. 272-320)

Der Hauptanteil der hier besprochenen Stücke - die Fragmente von maximal 46 Gefäßen6 - stammt aus attischen Produktionen7, der Großteil ist
schwarzfigurig bemalt (Kat.-Nr. 272-309), der Rest rotfigurig (Kat.-Nr. 310-320).

Diskussion der Formen

Attisch schwarzfigurige Gefäße (Kat.-Nr. 272-309)
Die Fragmente Kat.-Nr. 272-275 stammen von Amphoren. Ein Fragment vom Hals-Schulterbereich einer Bauchamphora (Kat.-Nr. 272) fällt durch sein
auf einer liegenden Kette stehendes Lotosblüten-Palmettenband auf. Die Wahl eines halbierten Halsamphorenornamentes - wie z.B. gegenständige
Lotosknospen oder Lotosblüten-Palmettenfriese - als Halsdekoration für Bauchamphoren ist typisch für den Schaukelmaler, der sich speziell durch
seine für Bauchamphoren ganz individuelle Ornamentwahl auszeichnet8. Auch die Art der Zeichnung der am linken Bildrand stehenden männlichen

1 Siehe dazu oben S. 102. Wenige figürlich bemalte Fragmente aus den Fundament-
untersuchungen des Südtores der Tetragonos Agora wurden bereits an anderer Stelle
vorgelegt; FiE XIII/1/1, 37f.
2 Jene Fragmente, die ausschließlich schwarz gefirnisst sind, obgleich sie zu einem
figürlich dekorierten Gefäß gehören könnten, sind in den Katalog der Schwarz-
firnisware aufgenommen, z.B. die große Anzahl an Schalenfüßen; siehe dazu S. 183
und 225.
3 Siehe D. A. Amyx, Corinthian Vase-Painting of the Archaic Period (1988) 225f.
448f. Taf. 95, 2+4. Auch die beiden kurzen gekurvten Ritzungen, die auf dem Tier
- wohl dem hinteren Rückenteil oberhalb der Hintertatze eines Panthers - ange-
bracht sind, finden hier ihre Parallelen.
4 Siehe hierzu z.B. FiE XII/1, 34 zu Kat.-Nr. K94, einem runden Aryballos mit ei-
nem Mündungs-Dm von etwa 4 cm.
5 FiE XII/1, 34 zu Kat.-Nr. K97.

6 Unberücksicht bleibt hier, dass einige der nicht anpassenden Fragmente - besonders
die von Schalen - auch von ein und demselben Gefäß stammen können.
7 Festzuhalten ist an dieser Stelle, dass die attische Provenienz in den meisten Fällen
durch Vergleiche mit publiziertem Fundmaterial anderer Orte angenommen werden
kann. Eine Untersuchung aller Fragmente durch die Neutronenaktivierungsanalyse
war nicht möglich, einige relevante Stücke, die auf eine mögliche nicht-attische
Provenienz hindeuteten oder die aus anderen Gründen wichtig erschienen, wurden
durch H. Mommsen in Bonn untersucht; siehe S. 246-250.
8 Böhr, Schaukelmaler, 27 und 57. Ein genau vergleichbares Ornament mit dem
Wechsel von Lotosblüte und Palmette mit durch Ritzung getrennten Blättern auf
einer mit Punkten versehenen Kette ist bei Böhr, Schaukelmaler, nicht angeführt,
jedes der Details - die der Schaukelmaler insgesamt in unterschiedlicher Weise
miteinander kombiniert - findet seine Entsprechung aber auf unterschiedlichen
Gefäßen.

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