Zusammenfassung
Peter Scherrer - Elisabeth Trinkl, Die Tetragonos Agora in Ephesos. Grabungsergebnisse von archaischer bis in byzantinische Zeit - ein Über-
blick. Befunde und Funde klassischer Zeit, mit Beiträgen von Susanne Fabrizii-Reuer, Gerhard Forstenpointner, Alfred Galik, Anita Giuliani,
Hans Mommsen, Michael Kerschner, Bettina Kratzmüller, Mark La wall, Alexander Schwedt, Feristah Soykal-Alanyah, Hans Taeuber, Georg
Weissengruber (Forschungen in Ephesos XIH/2)
Das Buch setzt die im Rahmen der „Forschungen in Ephesos, Bd. XIII“, in sechs Teilbänden geplante ausführliche Publikation1 der von 1976 bis 2001
durchgeführten Ausgrabungen und Forschungen im Bereich der bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts teilweise freigelegten2 Tetragonos Agora in
Ephesos fort.
Entsprechend der fast zweitausendjährigen Befundabfolge vom 8. Jh. v.Chr. bis in die byzantinische Zeit und der von verschiedenen Forschern und
Arbeitsgruppen verantworteten Teilforschungen im Laufe eines Vierteljahrhunderts wird in Teil I durch P. Scherrer erstmals ein ausführlicher Überblick
über das bisher Geleistete (antike Zeugnisse zur Benennung des Platzes; Forschungsgeschichte; Bibliographie) und die Ergebnisse der Arbeiten an der
Agora aus derzeitiger Sicht in ganzheitlicher Weise vorgelegt.
Den Schwerpunkt bildet hierbei die Vorlage einer Baugeschichte der Agora ab ihrer Gründung im Zuge des Stadtneubaues ab und nach König Lysimachos
(3. Jh. v.Chr.), wobei die Ausgrabungen vor allem die in vier Bauphasen nach und nach monumentalisierten Hallen- und Toranlagen im Westen der
Agora betrafen und einen als Stadttor anzusprechenden Torbau im Norden anschnitten. Ein nach umfangreichen Terrasierungsmaßnahmen erweiterter
Neubau einer geschlossenen quadratischen Platzanlage von 154 m Außenlänge mit drei Torbauten und zweischiffigen und zweistöckigen Hallenanlagen
aus augusteischer Zeit fiel noch vor der Fertigstellung einem verheerenden Erdbeben zum Opfer. Außer den Fundamenten der Hallenanlagen blieb nur
das im Jahr 3 v.Chr. eingeweihte Südtor, konzeptionell ein gerade zuvor in Rom entwickelter Drei-Bogen-Bau, in wesentlichen Teilen bestehen. Der bis
in die Mitte des 1. Jahrhunderts n.Chr. andauernde Wiederaufbau nahm das augusteische Konzept mit einigen Veränderungen auf, wobei das noch in
hellenistischer Tradition stehende, gegenüber dem tieferliegenden Gelände im Westen auf Sicht gebaute Kellergeschoss der Westhalle weitgehend
aufgegeben, dafür aber eine im Oberstock der Agoraostseite eine langgestreckte Halle vom Typ der sog. zweischiffigen Basilika mit erhöhtem Kopfbau
(Gerichtshalle mit Tribunal?) errichtet wurde. Das Baukonzept lässt deutlich römisch-italische Einflüsse erkennen.
Seit der frühesten römischen Kaiserzeit waren in der Umgebung des Südtores Ehrengräber für die Sponsoren des Agoraneubaues eingeplant, die im
2. Jahrhundert n.Chr. durch die benachbarte Bibliothek des Celsus mit Grabkammer im Kellergeschoss und weiteren Bestattungen von Sophisten unter
den Stiegenaufgängen beim Südtor ergänzt wurden. Ergänzende Überlegungen zur vor- und innerstädtischen Topographie ergeben, dass das Südtor die
Stelle einer wohl seit der griechischen Einwanderung der Artemis-Hekate geheiligten Dreiweg-Kreuzung einnahm, in augusteischer Zeit ging von hier
die Neuvermessung der dem Meer abgewonnenen Stadtteile aus.
Nach einer weiteren Erdbebenzerstörung musste im ausgehenden 4. Jahrhundert die Agora über den alten Fundamenten neu errichtet werden, wobei vor
allem Spolien verschiedenster Provenienz aus aufgegebenen Bauten zum Einsatz kamen. Im mittleren 6. Jh. kam es zur kompletten Neugestaltung der Nordstoa
als zwei- oder dreistöckiger Arkadenhalle ohne dahinter angeordnete Kammern. Im frühen 7. Jahrhundert wurde die Agora schließlich aufgegeben, das Areal lag
nach dem Bau einer neuen Stadtmauer südlich vor der Stadt und diente in weiterer Folge möglicherweise als Kastell der thrakischen Legion.
Teil II ist der Vorstellung einer der Agora vorausgehenden dörflichen Siedlung archaischer Zeit, wahrscheinlich zu identifizieren mit dem literarisch
überlieferten Smyrna, und der umfassenden Vorlage der hierzu gehörenden Strukturen klassischer Zeit gewidmet. Dazu zählen ein in handwerklicher
oder gewerblicher Verwendung stehendes Ensemble von mehren in den Boden eingelassenen Becken mit wasserdichten Lehmböden und einem
Grundwasserbrunnen des späteren 5. und frühen 4. Jahrhunderts v.Chr. im Westen der Agora. Der 4 m tiefe Brunnenschacht erbrachte erstmals im
ephesischen Raum eine auch quantitativ aussagekräftige Fundvergesellschaftung der klassischen Epoche, vor allem Transportamphoren, Hydrien, Kan-
nen und Krüge, vermischt mit Tisch- und Feinkeramik. Im Ostteil der Agora wurden Ausschnitte eines von spätarchaischer bis spätklassischer Zeit
belegten Gräberfeldes erforscht. Hier sticht vor allem die Sarkophagbestattung eines vornehmen Jünglings mit beigegebener Lyra aus der zweiten Hälfte
des 5. Jahrhunderts hervor. Die ausführliche Vorstellung und Analyse des zeitlich sehr einheitlichen Fundmaterials und des Gesamtbefundes durch P.
Scherrer (Befund und Stratigraphie) und E. Trinkl (klassische Keramik) mit Beiträgen von M. Lawall (Amphoren), F. Soykal-Alanyah (Terrakotta-
Kourotrophos), M. Kerschner (archaische Keramik) und A. Giuliani (Öllampe), ergänzt durch zoologische (G. Forstenpointner, A. Galik, G. Weissengruber)
und anthropologische (S. Fabrizii-Reuer) Analysen, erlaubt einen ausschnitthaften Einblick in das Leben in Ephesos in klassischer Zeit und führt zu interessan-
ten Schlussfolgerungen über den für die Stadt so bedeutungsvollen historischen Prozess der Verlandung infolge des steigenden Meeresspiegels.
Teil III ist allgemeineren Fragestellungen zur klassischen Epoche in Ephesos gewidmet und versucht, die Erkenntnisse aus den Grabungen in einen
weiteren Rahmen zu stellen. Von B. Kratzmüller und E. Trinkl werden die korinthische und attische bemalte Importkeramik archaisch-klassischer Zeit
katalogmäßig erfasst und ausführlich analysiert sowie eine schwarzfigurige Schale aus lokaler Produktion vorgestellt. An die Besprechung der attischen
Schwarzfirnisware und ihrer lokalen Nachahmungsprodukte aus Ephesos schließt E. Trinkl einen Überblick über den Forschungsstand zu Import und
Produktion dieser Keramikgattung im westlichen Kleinasien an. H. Mommsen und A. Schwedt liefern wertvolle Analysen zur Keramikproduktion in
Ephesos, H. Taeuber stellt die Graffiti auf der Keramik der klassischen Zeit vor. M. Lawall zeigt die Bedeutung des nordägäischen Raumes als Handels-
partner von Ephesos im 5. und 4. Jahrhundert v.Chr. auf und G. Forstenpointner widmet sich in einer Spezialstudie der Entwicklung und Verbreitung der
aus Schildkrötenpanzern gefertigten Lyra im griechischen Kulturraum ab mykenischer Zeit.
Im Schlusswort versuchen P. Scherrer und E. Trinkl, den derzeitigen Kenntnisstand über Ephesos in klassischer Zeit zusammenzufassen und ziehen
Bilanz über das immer noch durch den recht willkürlichen Zufall des Finderglücks dominierte, im wesentlichen aus verschleppten Fragmenten langsam
sich abzeichnende Bild der Stadt, wobei auch konkret scheinende Ergebnisse der seit mehr als 100 Jahren dauernden Ephesosforschung weiter zu
hinterfragen sind.
Vgl. V. Gassner, Das Südtor der Tetragonos Agora. Keramik und Kleinfunde, 2 Vgl. dazu W. Wilberg - J. Keil, Die Agora, in: FiE III (1923) 1-168.
FiE XIII/1/1 (1997).
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Peter Scherrer - Elisabeth Trinkl, Die Tetragonos Agora in Ephesos. Grabungsergebnisse von archaischer bis in byzantinische Zeit - ein Über-
blick. Befunde und Funde klassischer Zeit, mit Beiträgen von Susanne Fabrizii-Reuer, Gerhard Forstenpointner, Alfred Galik, Anita Giuliani,
Hans Mommsen, Michael Kerschner, Bettina Kratzmüller, Mark La wall, Alexander Schwedt, Feristah Soykal-Alanyah, Hans Taeuber, Georg
Weissengruber (Forschungen in Ephesos XIH/2)
Das Buch setzt die im Rahmen der „Forschungen in Ephesos, Bd. XIII“, in sechs Teilbänden geplante ausführliche Publikation1 der von 1976 bis 2001
durchgeführten Ausgrabungen und Forschungen im Bereich der bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts teilweise freigelegten2 Tetragonos Agora in
Ephesos fort.
Entsprechend der fast zweitausendjährigen Befundabfolge vom 8. Jh. v.Chr. bis in die byzantinische Zeit und der von verschiedenen Forschern und
Arbeitsgruppen verantworteten Teilforschungen im Laufe eines Vierteljahrhunderts wird in Teil I durch P. Scherrer erstmals ein ausführlicher Überblick
über das bisher Geleistete (antike Zeugnisse zur Benennung des Platzes; Forschungsgeschichte; Bibliographie) und die Ergebnisse der Arbeiten an der
Agora aus derzeitiger Sicht in ganzheitlicher Weise vorgelegt.
Den Schwerpunkt bildet hierbei die Vorlage einer Baugeschichte der Agora ab ihrer Gründung im Zuge des Stadtneubaues ab und nach König Lysimachos
(3. Jh. v.Chr.), wobei die Ausgrabungen vor allem die in vier Bauphasen nach und nach monumentalisierten Hallen- und Toranlagen im Westen der
Agora betrafen und einen als Stadttor anzusprechenden Torbau im Norden anschnitten. Ein nach umfangreichen Terrasierungsmaßnahmen erweiterter
Neubau einer geschlossenen quadratischen Platzanlage von 154 m Außenlänge mit drei Torbauten und zweischiffigen und zweistöckigen Hallenanlagen
aus augusteischer Zeit fiel noch vor der Fertigstellung einem verheerenden Erdbeben zum Opfer. Außer den Fundamenten der Hallenanlagen blieb nur
das im Jahr 3 v.Chr. eingeweihte Südtor, konzeptionell ein gerade zuvor in Rom entwickelter Drei-Bogen-Bau, in wesentlichen Teilen bestehen. Der bis
in die Mitte des 1. Jahrhunderts n.Chr. andauernde Wiederaufbau nahm das augusteische Konzept mit einigen Veränderungen auf, wobei das noch in
hellenistischer Tradition stehende, gegenüber dem tieferliegenden Gelände im Westen auf Sicht gebaute Kellergeschoss der Westhalle weitgehend
aufgegeben, dafür aber eine im Oberstock der Agoraostseite eine langgestreckte Halle vom Typ der sog. zweischiffigen Basilika mit erhöhtem Kopfbau
(Gerichtshalle mit Tribunal?) errichtet wurde. Das Baukonzept lässt deutlich römisch-italische Einflüsse erkennen.
Seit der frühesten römischen Kaiserzeit waren in der Umgebung des Südtores Ehrengräber für die Sponsoren des Agoraneubaues eingeplant, die im
2. Jahrhundert n.Chr. durch die benachbarte Bibliothek des Celsus mit Grabkammer im Kellergeschoss und weiteren Bestattungen von Sophisten unter
den Stiegenaufgängen beim Südtor ergänzt wurden. Ergänzende Überlegungen zur vor- und innerstädtischen Topographie ergeben, dass das Südtor die
Stelle einer wohl seit der griechischen Einwanderung der Artemis-Hekate geheiligten Dreiweg-Kreuzung einnahm, in augusteischer Zeit ging von hier
die Neuvermessung der dem Meer abgewonnenen Stadtteile aus.
Nach einer weiteren Erdbebenzerstörung musste im ausgehenden 4. Jahrhundert die Agora über den alten Fundamenten neu errichtet werden, wobei vor
allem Spolien verschiedenster Provenienz aus aufgegebenen Bauten zum Einsatz kamen. Im mittleren 6. Jh. kam es zur kompletten Neugestaltung der Nordstoa
als zwei- oder dreistöckiger Arkadenhalle ohne dahinter angeordnete Kammern. Im frühen 7. Jahrhundert wurde die Agora schließlich aufgegeben, das Areal lag
nach dem Bau einer neuen Stadtmauer südlich vor der Stadt und diente in weiterer Folge möglicherweise als Kastell der thrakischen Legion.
Teil II ist der Vorstellung einer der Agora vorausgehenden dörflichen Siedlung archaischer Zeit, wahrscheinlich zu identifizieren mit dem literarisch
überlieferten Smyrna, und der umfassenden Vorlage der hierzu gehörenden Strukturen klassischer Zeit gewidmet. Dazu zählen ein in handwerklicher
oder gewerblicher Verwendung stehendes Ensemble von mehren in den Boden eingelassenen Becken mit wasserdichten Lehmböden und einem
Grundwasserbrunnen des späteren 5. und frühen 4. Jahrhunderts v.Chr. im Westen der Agora. Der 4 m tiefe Brunnenschacht erbrachte erstmals im
ephesischen Raum eine auch quantitativ aussagekräftige Fundvergesellschaftung der klassischen Epoche, vor allem Transportamphoren, Hydrien, Kan-
nen und Krüge, vermischt mit Tisch- und Feinkeramik. Im Ostteil der Agora wurden Ausschnitte eines von spätarchaischer bis spätklassischer Zeit
belegten Gräberfeldes erforscht. Hier sticht vor allem die Sarkophagbestattung eines vornehmen Jünglings mit beigegebener Lyra aus der zweiten Hälfte
des 5. Jahrhunderts hervor. Die ausführliche Vorstellung und Analyse des zeitlich sehr einheitlichen Fundmaterials und des Gesamtbefundes durch P.
Scherrer (Befund und Stratigraphie) und E. Trinkl (klassische Keramik) mit Beiträgen von M. Lawall (Amphoren), F. Soykal-Alanyah (Terrakotta-
Kourotrophos), M. Kerschner (archaische Keramik) und A. Giuliani (Öllampe), ergänzt durch zoologische (G. Forstenpointner, A. Galik, G. Weissengruber)
und anthropologische (S. Fabrizii-Reuer) Analysen, erlaubt einen ausschnitthaften Einblick in das Leben in Ephesos in klassischer Zeit und führt zu interessan-
ten Schlussfolgerungen über den für die Stadt so bedeutungsvollen historischen Prozess der Verlandung infolge des steigenden Meeresspiegels.
Teil III ist allgemeineren Fragestellungen zur klassischen Epoche in Ephesos gewidmet und versucht, die Erkenntnisse aus den Grabungen in einen
weiteren Rahmen zu stellen. Von B. Kratzmüller und E. Trinkl werden die korinthische und attische bemalte Importkeramik archaisch-klassischer Zeit
katalogmäßig erfasst und ausführlich analysiert sowie eine schwarzfigurige Schale aus lokaler Produktion vorgestellt. An die Besprechung der attischen
Schwarzfirnisware und ihrer lokalen Nachahmungsprodukte aus Ephesos schließt E. Trinkl einen Überblick über den Forschungsstand zu Import und
Produktion dieser Keramikgattung im westlichen Kleinasien an. H. Mommsen und A. Schwedt liefern wertvolle Analysen zur Keramikproduktion in
Ephesos, H. Taeuber stellt die Graffiti auf der Keramik der klassischen Zeit vor. M. Lawall zeigt die Bedeutung des nordägäischen Raumes als Handels-
partner von Ephesos im 5. und 4. Jahrhundert v.Chr. auf und G. Forstenpointner widmet sich in einer Spezialstudie der Entwicklung und Verbreitung der
aus Schildkrötenpanzern gefertigten Lyra im griechischen Kulturraum ab mykenischer Zeit.
Im Schlusswort versuchen P. Scherrer und E. Trinkl, den derzeitigen Kenntnisstand über Ephesos in klassischer Zeit zusammenzufassen und ziehen
Bilanz über das immer noch durch den recht willkürlichen Zufall des Finderglücks dominierte, im wesentlichen aus verschleppten Fragmenten langsam
sich abzeichnende Bild der Stadt, wobei auch konkret scheinende Ergebnisse der seit mehr als 100 Jahren dauernden Ephesosforschung weiter zu
hinterfragen sind.
Vgl. V. Gassner, Das Südtor der Tetragonos Agora. Keramik und Kleinfunde, 2 Vgl. dazu W. Wilberg - J. Keil, Die Agora, in: FiE III (1923) 1-168.
FiE XIII/1/1 (1997).
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