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Österreichisches Archäologisches Institut [Mitarb.]
Die Marienkirche in Ephesos — Forschungen in Ephesos, Band 4,1: Wien, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.45625#0022
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die Grabungen klargestellt haben, zur Gänze verbaut war. Dieser Baukomplex war durch
die Türen in der Ostwand der neben der Apsis gelegenen Kammern (S. 33) in Verbindung
mit der Kirche.
Verschiedene Umstände verwehrten leider bislang eine vollständige Freilegung dieses
Teiles des Trümmerfeldes, doch konnte immerhin festgestellt werden, daß vor der Ost-
apsis des Profanbaues, die ähnlich der westlichen einst erhöht war (s. S. 10), mehrere
Zimmer, die zu einer Einheit zusammengeschlossen erscheinen, um einen Peristylhof an-
geordnet waren; sie werden durch die hier gemachten Einzelfunde an Lampen, Marmor-
büsten, Steintischen als ziemlich reich ausgestattete Wohnräume erwiesen19).
In der westlichen Hälfte des Palastes, von der nur die unmittelbar an die Ostfassade
der Kirche anschließenden Sale bisher teilweise ausgegraben wurden, wird man die Re-
präsentationsräume des Bischofs und die Beratungssale zu erkennen haben. Wir wissen
aus den Konzilsakten, daß die zweite und die sechste Sitzung des Konzils von 431 im
Bischofspalaste20) abgehalten wurden; da es sich dabei um fast 200 Versammlungsteilnehmer
handelte, so kann dafür nur ein Raum von bedeutenden Abmessungen in Betracht kommen.
Der erste ausgegrabene Saal wird als ein Atrium des ganzen Palastes aufzufassen sein,
den Sitzungssaal dürfen wir vielleicht in dem noch nicht aufgedeckten Kuppelsaal (s. S. 77 f.)
erkennen; die reiche Ausstattung auch dieser Räume läßt sich aus aufgefundenen Architektur-
stücken erschließen.
Man wird wohl annehmen dürfen, daß die Bischofswohnung ungefähr gleichzeitig
mit der Säulenbasilika erbaut wurde. Die Veränderungen, die daran im Laufe der .Zeiten
erfolgten, können wir heute nicht im einzelnen nachweisen. In der Zeit der Pfeilerbasilika
dürfte der Palast vom Bischof schon verlassen gewesen sein, wenn die oben S. 9 t. dar-
gelegten Erwägungen zutreffen. Ob die Brandkatastrophe, von der Spuren nachweisbar
sind, in dieser oder schon in einer früheren oder späteren Epoche erfolgte, wird sich kaum
feststellen lassen. Bei einer vollständigen Durchforschung der Ruine dürften — abgesehen
davon, daß auch die noch offen gebliebenen Probleme des unter dem Wohnhaus liegenden
Profanbaues nebenher geklärt werden könnten -— für die Entwicklung und Einrichtungen
der ephesischen Kirche im 4. bis 7. Jahrhundert wichtige Zeugnisse in Bildwerk und In-
schrift gefunden werden. Zur Vervollständigung des Bildes, das wir aus dem Ruinenkomplex
der Marienkirche bisher gewonnen haben, wäre es daher dringend zu wünschen, daß
möglichst bald die Mittel für die völlige Ausschöpfung der Ruine des Bischofspalastes ge-
wonnen würden.
19) Vgl. J. Keil, Österr. Jahresh. XXVI 1930 Beibl. 38 f. Schwartz a. a. Ο. 1, 1, 3, Coll. Vat. 106, 1 und I, 1, 7, Coll.
2«) Mansi a. a. Ο. IV 1279, 1342; V 602, 686 = Ath. 73.

EMIL REISCH
 
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