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Adenstedt, Ingrid; Thür, Hilke [Hrsg.]; Rathmayr, Elisabeth [Hrsg.]; Kanitz, Ernst [Hrsg.]
Hanghaus 2 in Ephesos, die Wohneinheit 6: Baubefund, Ausstattung, Funde (Band 8,9: Textband 2): Textband 2 — Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.46291#0020
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Archäologischer Befund und Funde

2 FUNDKOMPLEXE

2.1 Hellenismus / Vorhanghausbebauung
Eine vorkaiserzeitliche Nutzung des Areals der WE 6 ist aus dem Material, das bei Sondagen unter den Böden der späteren WE 6 gebor-
gen wurde, zu erschließen (Taf. 325; 384). Insgesamt sechs, jeweils nicht sehr große Fundkomplexe im N- und W-Umgang sowie im Peri-
stylhof 31a können mit einer Nutzung in hellenistischer Zeit in Verbindung gebracht werden10. Bauliche Strukturen aus dieser Zeit, denen
zumindest ein Teil der Fundkomplexe zugeordnet werden kann, finden sich in Form eines Mauerrestes und eines Kanals im N-Umgang
und eines Mauerfundaments im W-Umgang11.
Fundkomplex H/l - Nordumgang, Lehmschicht über Mauer (SE 480, SE 478)12
In einer kompakten lehmigen Schicht mit Holzkohle, die über dem Rest eines Mauerstücks liegt, das bei der Grabung 2004 im W-Teil des
N-Umgangs angeschnitten wurde13, befanden sich zwei Reliefbecherfragmente (K 1-2). Beide weisen jeweils Reste von Rosettenbordü-
ren auf und können in das ausgehende 2. und 1. Jh. v. Chr. datiert werden14. Diese Funde geben demnach einen terminus ante quem für die
Mauer, für deren Datierung ansonsten lediglich über die Stratigraphie relativchronologische Anhaltspunkte gewonnen werden können,
zumal ein zugehöriges Gehniveau fehlt und die Mauer nur auf einer sehr kleinen Fläche angeschnitten werden konnte. Aus einer Schicht
an der Oberkante der Mauer (SE 478) stammt ein großer flacher Deckel eines großen Vorratsgefäßes/Pithos (K 3, Textabb. 1), der zwar
ebenfalls einen terminus ante quem für das Mauerstück gibt, allerdings zeitlich nicht genau einzuordnen ist15.
Fundkomplex H/2 - Nordumgang, Kanal K 1b (SE 490/491)16
Nördlich des Hauptkanals K 2 im N-Umgang wurde ein weiterer Kanal (K 1b) angetroffen, der offensichtlich bei der Errichtung des
großen Sammelkanals K 2 aufgegeben und abgemauert wurde. Aus einem Niveau, das vermutlich der Nutzungszeit des älteren Kanals
zuzurechnen ist (SE 490/491), stammen nur spärliche Funde. Darunter befinden sich allerdings zwei Randfragmente von Reliefbechern
ohne erhaltenen Dekor (K 4-K 5) und ein Bodenfragment eines geschlossenen Firnisware-Gefäßes (K 6). Ein gebrauchskeramischer
Krug (K 7) und ein Deckel eines Kochtopfes (K 8) runden den kleinen Fundkomplex ab. Die Funde erlauben es, die Nutzung des Kanals
ganz generell in die zweite Hälfte des 2. und die erste Hälfte des 1. Jhs. v. Chr. zu setzen. Der Kanal K 1b gehört demnach zur Vorgänger-
bebauung des Areals, während der jüngere Hauptkanal K 2 erst im Rahmen der Anlage der WE 6 in Bauphase I eingebaut wurde.
Fundkomplex H/3 - Nordumgang, F8/6 unter Boden ab -0.8 m17
In der im westlichen Teil der N-Mauer des Peristyls 31a durchgeführten Punktfundamentsondage des Jahres 1988 (F8/6) wurde in einer
Tiefe ab -0.8 m unter dem Stylobat bis zum Fels ein späthellenistischer Fundkomplex geborgen. Er umfasst ein Wandfragment der ESA,
das der Form Atlante 2A zuzurechnen ist und in das 1. Jh. v. Chr. datiert (K 9). Ferner sind ein Randfragment eines Reliefbechers mit
Rosettenbordüre (K 10), sowie zwei Teller der Firnisware mit beidseitig verdicktem Rand (K 11-K 12) und ein gebrauchskeramisches
Pendant dieser Tellerform vorhanden (K 15). Ein Schälchen oder Becher mit Wandknick (K 13) sowie ein Fragment eines Skyphos
(K 14) runden das Spektrum der Firnis wäre ab. Zwei Fragmente gehören zur Bodeninnenseite einer runden grauen Platte mit schwarzem
Überzug18. Außerdem wurde ein Rand einer Amphore mit überhängender Lippe (Mushroom-rim) geborgen (K 16)19. Drei fragmentarisch
erhaltene Ephesoslampen mit hohem Kragen vom Typ Howland 49A (K 17-K 19) schließen den Fundkomplex ab. Insgesamt ist dieser
in das 1. Jh. v. Chr. zu setzen, die Fragmente der grauen Platte mit schwarzem Überzug lassen auf eine Datierung in die zweite Hälfte des
1. Jhs. v. Chr. schließen. Die Keramikfragmente aus diesem Bereich waren mit Fragmenten von Wandmalerei vergesellschaftet20.
Fundkomplex H/4 - Westumgang, F7/6 Erde-Schuttschicht21
In einer Erde-Schuttschicht, die im westlichen Bereich der Schwefle zu Raum 42 in einer Tiefe von -2.00 bis -3.00 m ab dem Peri-
stylniveau angetroffen wurde, kam ein kleiner, daher nur begrenzt aussagekräftiger Fundkomplex zum Vorschein. Es wurden darin ein
Reliefbecher mit einer Mäanderbordüre mit Sternfüllung im Quadrat geborgen (K 20), außerdem ein Teller der Firnis wäre mit eingeroll-

10 Vier Funde archaisch-klassischer Zeitstellung wurden in der Hinterfüllung der
hellenistischen Terrassenmauer in Raum 32b geborgen (SE 205, s. Sokolicek,
Kap. XIII.5). Da sie mit Sicherheit umgelagert wurden und nicht mehr mit ihrem
Originalkontext in Zusammenhang gebracht werden können, wird auf eine Dis-
kussion der Stücke verzichtet.
11 Zur hellenistischen Bebauung des Areals der WE 6 s. Rathmayr u. a., Kap.
XXIII. 1.
12 Zum Befund s. Waldner, Kap. XIII.2; Ladstätter u. a., Grabungen 2004, 269.
13 Waldner, Kap. XIII.2; Ladstätter u. a., Grabungen 2004, 269.
14 Zu den ephesischen Reliefbechern s. Rogl, Monogramm-Werkstätte; Ladstätter,
Brunnen, 26-28.
15 Vergleichsbeispiele aus Fundkontexten des 2. und 1. Jhs. v. Chr. von der Athener

Agora bieten Rotroff, Hellenistic Pottery, Taf. 48, 369-375 (ähnlich, allerdings
jeweils mit vier bis fünf kleinen Löchern versehen).
16 Zum Befund s. Ladstätter u. a. 2005, 269; s. auch Waldner, Kap. XIII.2.
17 zum Befund s. Thür, Kap. XIII. 1.5.
18 Die beiden Fragmente wurden aufgrund ihrer Kleinteiligkeit nicht in den Katalog
aufgenommen
19 Local Aegean II, Bezeczky, Food Import, 95 Abb. 38.
20 s. Tober, Kap. XX.
21 zum Befund s. Thür, Kap. XIII. 1.4.

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