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Adenstedt, Ingrid; Thür, Hilke [Hrsg.]; Rathmayr, Elisabeth [Hrsg.]; Kanitz, Ernst [Hrsg.]
Hanghaus 2 in Ephesos, die Wohneinheit 6: Baubefund, Ausstattung, Funde (Band 8,9: Textband 2): Textband 2 — Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.46291#0439
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XXIV Zusammenfassung / Summery / Özet
1 ZUSAMMENFASSUNG
Die Publikation der WE 6 erfolgt kontextuell. Es werden der Baubefund, die Wand-, Boden- und Deckendekorationen sowie die Archi-
tekturausstattung, die Brunnenanlagen und alle beweglichen Funde sowie die Steininschriften und Graffiti in einem Band gemeinsam
vorgelegt. Außerdem werden alle Strukturen und Funde, die bei archäologischen Nachuntersuchungen unter den jüngsten Böden freige-
legt wurden, berücksichtigt. Diese können einerseits einer auf der Fläche der WE 6 vorhandenen späthellenistischen Vorgängerbebauung
und andererseits älteren Inventaren der WE 6 zugewiesen werden. Die Chronologie der Mauern und Böden stützt sich auf stratigraphische
und technologische (Bauabfolge), sowie kunsthistorische Kriterien (betrifft die Mosaik- und Marmorböden sowie die Wandmalerei und
Stuckdekorationen), vor allem aber auf die zeitliche Stellung der Keramik-, Glas- und Münzfunde aus Schichten, die sich diesen Struk-
turen zuordnen lassen. Darüber hinaus wurden in der WE 6 im Zuge der in den letzten Jahren durchgeführten Arbeiten zur Restaurierung
der Marmorwandverkleidung des Marmorsaales 31 auf der Rückseite von einigen Platten Inschriften entdeckt (GR 255 und GR 284),
die eine präzise Datierung der Errichtung und Ausschmückung des Saales und damit der Bauphase II in der frühen Regierungsperiode
Hadrians erlauben. Auf einer der Platten (GR 283) steht der Name des C. Fl. Furius Aptus, der durch zwei weitere in der WE 6 in situ
an ihren originalen Standorten erhaltenen Inschriften als Besitzer dieses Hauses ausgewiesen wird. Furius Aptus und weitere Mitglieder
seiner Familie sind aus der Prosopographie von Ephesos gut bekannt. Sein hoher sozio-politischer Status ist durch die Ausübung der
Ämter eines Alytarchen und Dionysospriesters evident. Die herausragende Stellung der Familie erreichte mit der Aufnahme des Sohnes
des Furius Aptus, des T. Fl. Lollianus Aristobulus, in den ordo senatorius ihren Höhepunkt.
Die WE 6 stellt nicht die erste Bebauung im nordöstlichen Teil des H 2 dar. Wie vor allem durch archäologische Nachuntersuchungen
festgestellt werden konnte, befanden sich hier bereits in hellenistischer Zeit Mauern, Tiefbrunnen und Kanäle. Darüber hinaus können
Mosaikböden im Raum 31c und auf der Fläche des Peristylhofs 31a in den späten Hellenismus datiert werden. Ihre Lage und Orientierung
an angrenzende Mauern und Böden sowie die Existenz einer Wasserver- und -entsorgung, führten zur Rekonstruktion eines Hofhauses
im späteren 1. Jh. v. Chr. Ein solches war bisher im H 2 nicht nachzuweisen, kann aber sehr gut mit jenem späthellenistischen Peristyl-
haus verglichen werden, das sich in unmittelbarer Nachbarschaft auf dem nördlichen Areal des späteren H 1 befand. Zur Ausstattung des
Hofhauses auf der Fläche der WE 6 haben neben den genannten Böden wahrscheinlich auch die vielen aus einer Sondage im N-Umgang
von 31a stammenden Wandmalereien 1. und 2. Stils gehört. Die Funde aus dieser und weiteren Grabungen im Peristylhof 31a, die in
späthellenistische Zeit datiert werden, setzen sich aus Terrakottastatuetten, Tafelgeschirr und Kleinfunden zusammen. Sie weisen das für
Wohnhäuser typische Spektrum auf und haben wahrscheinlich einen Teil des Inventars des späthellenistisch-frühkaiserzeitlichen Hauses
gebildet. Dieses Gebäude dürfte einer Zerstörung im 1. Viertel des 1. Jhs. n. Chr., vermutlich dem Erdbeben von 23 n. Chr., zum Opfer
gefallen sein.
Nicht lange danach wurde im 2. Viertel des 1. Jhs. n. Chr. (Bauphase I) die WE 6 erbaut. Sie war als einzige der Wohneinheiten im H 2
von der im Norden vorbeiführenden Kuretenstrasse zugänglich; das Erdgeschoss, das sehr viel höher als die Strasse liegt, wird über das
Treppenhaus 3Id erschlossen. Das Grundriss- und Raumkonzept der ersten Bauphase liegt in der Tradition großer Peristylhäuser hel-
lenistischer Zeit. Auffallend ist das fast vollständige Fehlen von Räumen für private Nutzung, d. h. zum Wohnen und Schlafen für die
Mitglieder der Bewohner- / Besitzerfamilie und das Personal. Genauso auffällig ist das Fehlen von Küchen- und Wirtschaftsräumen. Eine
Latrine kann aber im Eingangsbereich gelegen haben und Serviceräume in dem an die WE 6 angrenzenden Bereich an der Kuretenstraße;
zu letzteren gehören die Gewölberäume T.II.G und T.III.G, zu ihm führte in Bauphase I eine Tür im Raum 42. Außerdem bestand über
den Raum 32b im OG eine Türverbindung zum OG der westlich angrenzenden WE 7. Hier waren im südlichen Bereich mit den Räu-
men 33, 34/34a, 34b und 35 mehrere Räume mit Service-Funktion und eine Latrine vorhanden. Neben der Tür in den Wirtschaftstrakt der
WE 7, besaß Raum 32b noch eine weite Türöffnung auf den kleinen Hof 32c/d, auf den sich auch die Räume 36c. 1 bis 36e.l, die über
EG-Räumen der WE 6 lagen, öffneten. Inwiefern dieser Bereich ausschließlich zur WE 7 und/oder auch zur WE 6 gehörte, ist aus dem
Baubefund allein nicht zu beantworten.
Die WE 6 hatte wie andere, vergleichbar große Wohnhäuser bereits ab ihrer Errichtung eine Wasserver- und -entsorgung: Erstere war
über zwei Schachtbrunnen gewährleistet, die Entsorgung erfolgte über die Kanalstränge K 2 und K 4, die in den Kanal unter der STG 1
mündeten.

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