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Adenstedt, Ingrid; Thür, Hilke [Hrsg.]; Rathmayr, Elisabeth [Hrsg.]; Kanitz, Ernst [Hrsg.]
Hanghaus 2 in Ephesos, die Wohneinheit 6: Baubefund, Ausstattung, Funde (Band 8,9: Textband 2): Textband 2 — Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.46291#0440
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Auswertung

Von der Dekoration der Wand- und Bodenflächen der Bauphase I blieben nur die Mosaikböden in den Umgängen des Peristylhofes 31a
und die Marmorböden der Hofinnenfläche und im Raum 31 erhalten. Der Wandschmuck dieser Periode wurde durch nachfolgende Wand-
ausstattungen zu einem Großteil zerstört. Erwähnenswert sind aber Reste von weißen Flächen mit roter Rahmung an der O-Wand des
Marmorsaals 31 sowie eine Architekturmalerei an der Oberzone der S-Wand des Raums 36b.
Zum beweglichen Inventar der ersten Wohnperiode im 1. und frühen 2. Jh. n. Chr. können zwei Marmorstatuetten (S 19, S 52), mehrere
Terrakottafiguren (TK 1-24 und TK 35-49), Kleinfunde wie ein Silberlöffel und zwei bronzene Fingerringe (B 1-B 5 und B 25-46),
Schalen und eine Vierkantflasche aus Glas (G 5, G 256, G 257) sowie Keramikgefäße (K 578-865) gehört haben. Insgesamt gesehen,
fügen sich diese Objekte gut ins Bild von Wohnhäusern ab spätklassischer Zeit.
In Bauphase II, die durch Inschriften um 120 n. Chr. datiert werden kann, fanden in der WE 6 umfangreiche Umbauten und eine grundle-
gende Neuausstattung statt. Die Umbauten betreffen vor allem eine Vergrößerung des Marmorsaales 31 nach Süden, die eine wesentliche
Verkleinerung der im Norden an die WE 6 angrenzenden WE 4 zur Folge hatte. Der stark vergrößerte und komplett neu ausgestattete,
hohe Bankettsaal 31 ragte über der Schrankenarchitektur und dem Dach des S-Umgangs mit einem Fensterband und einem Giebel hervor,
zu der auf der nächst höheren Terrasse liegenden WE 4 kommunizierte er durch Fenster. Neben dem Marmorsaal wurde in dieser Phase
ein mehrräumiges, prächtig ausgestattetes Bad (Räume Ml bis M3) in den O-Umgang des Peristyls 31a eingebaut. Seine Existenz wurde
durch die aus den Thermen geläufigen großen Bogenfenster angezeigt. Durch diesen Einbau wurde eine Verlegung des Zugangs vom
Treppenhaus 3Id in die Wohnebene des EG notwendig: Die Treppe führte nun nicht mehr in den O-Umgang, sondern ins Vestibül 31c,
das durch die Abtrennung vom Raum 31b in dieser Phase entstanden war. Von hier betrat man die N-Halle des Hofes 31a und bekam die
weiträumige Anlage des Hauses und seine prächtige Ausstattung vorgeführt. In der Blickachse lag ein vor der südlichen Säulenstellung
installierter Laufbrunnen, der eine Büste des Hausherrn trug. Der S-Umgang und die von diesem zugänglichen Räume waren vom vorde-
ren Bereich des Peristyls abgetrennt worden, indem auf der Rückwand des eben genannten Brunnens eine Abschrankung installiert und
in der Flucht der Säulenstellung im O- und W-Umgang hohe Marmortüren errichtet wurden. Vom S-Umgang waren das im O-Umgang
errichtete Bad, die ebenfalls neu hinzugekommene, mit Marmor vertäfelte Latrine 36bL und die repräsentativsten Bereiche des Hauses
- die Räume 31, 36, 36a, 8 - zu erreichen, bei denen es sich funktionell um Empfangs- und Bankettsäle handelte. Obwohl der Marmor-
saal 31 bereits in Bauphase I ein sehr großer Raum gewesen war, wurde seine Größe durch die Versetzung der südlichen Terrassenmauer
um ca. 7.5 m nach Süden nunmehr verdoppelt. Im OG blieb die seit Bauphase I nachzuweisende räumliche Verbindung zur WE 7 beste-
hen, wobei südlich von Raum 32b nun ein Peristylhof auf der Fläche von 32c/d, 38a. 1 und 32e.l auch aus dem Baubefund zu belegen ist.
War die Wasserversorgung in der Errichtungszeit über hausinterne Schachtbrunnen gegeben, führte die Anbindung an eine Frischwasser-
leitung in Bauphase II zu neuen Möglichkeiten: Diese betrafen den Einbau eines großen Bades und die Installierung von Überlaufbrun-
nen in Repräsentationsräumen. So hatte man im Peristylhof 31a einen statuengeschmückten Brunnen vor der südlichen Säulenstellung
errichtet, und im Zentrum der südlichen Terrassenmauer des Marmorsaales 31 befand sich ein großer Nischenbrunnen, dessen Apsis mit
einem Glasmosaik geschmückt war. Dieser Brunnen wurde von einem Wasserkanal gespeist, der im Zuge des Umbaus des Saales nach
Süden verlegt worden war und sein Wasser vermutlich von dem in traianischer Zeit an der Kuretenstrasse erbauten Traiansnymphaeum
bezog. Die hausinterne Wasserableitung erfolgte wie bereits in der vorangehenden Bauphase über die Kanäle K 2 und K 4, ein weiterer
Kanal kam mit K 5 hinzu, der Abwasser aus der in dieser Periode im EG eingerichteten Latrine 36bL und dem Bad entsorgte.
Während sich die Wand- und Bodenbeläge der repräsentativen Wohnräume in Bauphase I vorwiegend aus Malereien und Mosaikböden
zusammengesetzt hatten, ist nun eine überreiche Verwendung von Marmor auch für Wandflächen zu konstatieren. Der zu einem riesigen
Saal umgebaute Marmorsaal 31 wurde fast zur Gänze mit Marmor ausgeschmückt: Am Boden war ein Trikliniumboden verlegt, der sich
aus Mosaikstreifen entlang der S-, O- und W-Mauer und einem zentralen T-förmigen Marmorpaviment zusammensetzt. Die Wände tru-
gen bis auf die vermutlich mit Stuck und Marmorimitation dekorierte Oberzone Marmorplatten, die in drei Zonen gegliedert waren. Eine
hohe Sockel- und Orthostatenzone war mit lebhaft gemustertem, farbenfrohen Cipollino verde getäfelt. Die durch Pilaster und Kapitelle
gegliederte Hauptzone bestand vollständig aus Feldern in Pavonazzetto, der durch seine Herkunft aus dem kaiserlichen Steinbruch in
Dokimeion einen hohen finanziellen und ideellen Wert darstellt. In der Oberzone setzten runde und quadratische Felder aus Buntge-
steinen farbige Akzente. Die Holzbalken der Decke waren mit vergoldeten Reliefs verziert, die einen Meeresthiasos Wiedergaben. Die
prachtvolle Ausstattung wurde durch eine Reihe hoch gelegener Fenster ergänzt, welche die Wand-, Boden- und Deckendekoration gut
beleuchtete und als Übernahme eines Elementes von einem öffentlichen Bauwerk einen weiteren, besonderen Akzent setzte. Vergleichbar
luxuriös wurden in dieser Periode auch die Räume 36, 36a, 36c und die Latrine 36bL ausgestattet. Neue Mosaikböden wurden in den
Räumen 31b, 36b, 36c, 36e und 42 verlegt, bei denen sich im Zuge von Umbauten in Bauphase II die ursprünglichen Grundrisse verän-
dert hatten. Ferner dürfen Fragmente eines Mosaikbodens aus dem Zerstörungsschutt, die in Bauphase II datiert werden, aufgrund ihrer
Fundorte dem OG-Raum 36b. 1 zugeordnet werden. Der Wandmalerei dieser Periode wird die Felder-Lisenen-Malerei mit Landschafts-
bildchen in der Hauptzone von Raum 42, die ihre nächsten Parallelen in Italien hat, zugewiesen; außerdem dürften mit dieser Bauphase
auch Reste einer weißgrundigen Felder-Malerei in Raum 36e, Fragmente einer Architekturmalerei auf weißem Grund auf der Oberzone
der S-Wand von Raum 36d und im OG eine rotgrundige Feldermalerei mit einem niedrigen gesprenkelten Sockel an der S-Wand von
Raum 36c. 1 zu verbinden sein.
Ab Bauphase II wurden vermehrt Marmorskulpturen ins Ausstattungsprogramm integriert. Von besonderer Bedeutung ist in diesem
Zusammenhang eine Inschrift auf der Vorderseite der rückwärtigen Brüstung des Laufbrunnens vor der südlichen Säulenstellung des

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