XVII Glas
4 BAUPHASE IV
Die Bauphase IV (Taf. 332-333) ist im Peristylhof 31a durch einen signifikanten Fundkomplex dokumentiert: Gemeinsam mit mehre-
ren Keramikfragmenten, darunter ein komplett erhaltenes Gefäß, wurden unter der südlichen Türschwelle des Westumgangs Fragmente
von insgesamt vier qualitativ hochwertig geschliffenen Facettenbechern (G 32-35) sowie von zwei weiteren, unverzierten Bechern
(G 36-37) geborgen (Taf. 201; 220.1).
Die Auswertung der Keramik erbrachte eine Datierung um 230 n. Chr.39 Sowohl die Größe der erhaltenen Glasfragmente als auch die
Qualität des Facettenschliffs lassen den Schluss zu, dass es sich hier mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht um eine zufällige Deponierung,
sondern möglicherweise um ein Bauopfer handelt40. Zwar wurden im gesamten Kanalbereich des Peristylumgangs, auch im Norden und
Osten, weitere Fragmente von Gefäßen mit Facetten- oder Schliffverzierungen gefunden (G 42-43, G 49-51, G 63-64), allerdings nicht
in derselben Größe und Häufung (Taf. 220.3-5).
Nahezu alle Facettenfragmente lassen sich der Form AR 60.1 - I 96b 1 zuordnen41: Schalen dieser Art sind in Ephesos insbesondere in
den Hanghäusern mehrfach belegt42. Einzelne Reihen kleiner, stehender Ovalfacetten im Schulterbereich wie sie die Schalen G 32-33
und G 43 zeigen, sind beispielsweise aus dem Schwarzmeergebiet43, dem Kleinasiatischen Raum44 und Ägypten45 bekannt; Schalen mit
stäbchenförmigen und kreisrunden Facetten wie G 50 und G 64 sind zudem auch in Pannonien zahlreich vertreten46.
Als besonders aufwändig geschliffenes Exemplar präsentiert sich die Schale G 34 (Taf. 220.1; 404): Gefäßbauch und -boden zeigen
jeweils schräg angeordnete Lanzett-Blätter, und dazwischen jeweils eine Reihe liegender Oval-Facetten. Ähnliche Schalen sind bei-
spielsweise aus Ägypten47 bekannt, aber auch aus Apulum48 oder Sardes49; ein nahezu identisches Stück ist in Dura Europos belegt50.
In den Verfüllungen des Kanals fand sich auch ein kleines Wandfragment (G 49) mit runden, ineinander eingeschriebenen Facetten, ähn-
lich wie sie auch die Schale G 227 zeigt, die in einer Zerstörungsschicht im Marmorsaal zutage kam (Taf. 224.3); ein weiteres Exemplar
ist bereits für die WE 2 belegt51.
Da es sich bei den in Ephesos erhaltenen Facettenschalen dieser Art fast immer um Fragmente von Einzelstücken handelt, die alle unter-
schiedliche Formen und Muster aufweisen, ist eine lokale Produktion mit einiger Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Ein Vergleich der
Stücke lässt darauf schließen, dass die Herkunft der meisten ephesischen Exemplare wohl am ehesten im syrischen Raum zu suchen ist52.
Ihre Datierung kann in die 1. H. des 3. Jhs. gesetzt werden.
5 ZERSTÖRUNG UND AUFGABE
Mehrere Glasobjekte wurden auf dem letzten Nutzungsniveau im Peristylhof 31a geborgen (Taf. 221.1-2), sie standen somit unmit-
telbar vor der Zerstörung der Wohneinheit im 3. V. 3. Jh. in Gebrauch53: Ein Ringstein aus bernsteinfarbenem Glas (G 66)54, ein Spiel-
stein aus weißem Glas (G 68)55 (Taf. 221.1), als besonderes Einzelstück zudem der reliefverzierte Boden einer Vierkantflasche (G 67)
(Taf. 221.2.); das Fragment besteht aus hellgrünem, formgeblasenem Glas und besitzt eine Seitenlänge von 7 cm. Die Bodenunterseite
zeigt in erhabenem Relief einen Kreisring, darin eingeschrieben, spiegelverkehrt und linksläufig, die Inschrift AXIAAEOC. In den Ecken
jeweils eine kleine, kreisrunde Nuppe, drei davon blieben erhalten.
Buchstaben und Inschriften auf Glasböden sind ab flavischer Zeit bekannt, häufiger jedoch im 2. und 3. Jh. belegt; meist handelt es sich
um einzelne Buchstaben und Abkürzungen, die Ortsangaben oder Handwerker bezeichnen56. Namen sind weit seltener zu finden, im
Nominativ bezeichnen sie den Glasmacher (Handwerker oder Hersteller), im Genetiv meist den Werkstattbesitzer57. So ist beispielsweise
ein syrischer Glasmacher Paulinos Antiocheus belegt58, oder in neronischer Zeit ein Chresimus auf Flaschen in Usk59.
In den Hanghäusern von Ephesos blieben mehrere Flaschenböden mit Namen erhalten, die meisten jedoch erst aus spätantiken Kontex-
ten60. Vergleichbare Exemplare mit Namen im Genetiv finden sich beispielsweise in der Sammlung Kocaba§: Mehrere Böden, darunter
auch ein steinernes Model, zeigen in ähnlicher Weise u. a. die Namen Lysimachos und Archestratos6i. Die Seitenlänge dieser Flaschen
39 s. Waldner, Kap. XV.2.4, BIV/2.
40 Vgl. Thür, Kap. IV; Waldner, Kap. XV.2.4.
41 Bei G 35 und G 51 dürfte es sich um Flaschen handeln.
42 s. Czurda-Ruth, Hl, Kap. 11; Schätzschock, WE 1, Kap. A.XII.3.2; Schätz-
schock, Glasschale, 305-308.
43 Vgl. Foy - Nenna, Productions, Abb. 182 (Olbia); Shepherd, Nicopolis, Nr. 12.
44 Lightfoot, Tigris, Abb. 1,15.
45 Harden, Karanis, Nr. 317. 322.
46 Barköczi, Pann. Glasfunde, Nr. 43; Barköczi, Geschliffene Gläser, Abb. 4,2.
10,5-6; Saranovic-Svetek, Pannonia Inferior, Taf. 1,4.
47 Harden, Karanis, Taf. 13 Nr. 180; Meyer, Quseir, Nr. 339.
48 Höpken - Fiedler, Apulum, Abb. 3,5.
49 Saldern, Sardis, Taf. 20,69.
50 Clairmont, Dura-Europos, Nr. 277.
51 s. Schätzschock, WE 1, Kap. A.XII.3.2; Schätzschock, WE 2, B-G 52.
52 Vgl. auch Schätzschock, Glasschale, 305-308.
53 s. Ladstätter, Kap. XV.2.5.
54 Vgl. z. B. Gill, Amorium, Nr. 576-577; Schätzschock, WE 3, A-G 118.
55 Vgl. Schätzschock, WE 1, Kap. A.XII.4.4.
56 s. Schätzschock, WE 1, Kap. A.XII.2.6.1.
57 Vgl. Rottloff, Vierkantkrüge, 42-47.
58 Barag, Glassmaking, 109-111 Abb. 1-3.
59 Price, Usk, Abb. 14; weitere Beispiele: vgl. G. Lehrer Jacobson, Greek names on
prismatic jugs, JGS 34, 1992, 35-43.
60 Czurda-Ruth, Ephesos, 138 Abb. 7, 87-90; Czurda-Ruth, Hanghaus 1, 209 f.
Nr. 939-940.
61 Kocaba§, Collection, Nr. 90 Abb. 40, Nr. 92 Abb. 42, Nr. 96 Abb. 45.
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4 BAUPHASE IV
Die Bauphase IV (Taf. 332-333) ist im Peristylhof 31a durch einen signifikanten Fundkomplex dokumentiert: Gemeinsam mit mehre-
ren Keramikfragmenten, darunter ein komplett erhaltenes Gefäß, wurden unter der südlichen Türschwelle des Westumgangs Fragmente
von insgesamt vier qualitativ hochwertig geschliffenen Facettenbechern (G 32-35) sowie von zwei weiteren, unverzierten Bechern
(G 36-37) geborgen (Taf. 201; 220.1).
Die Auswertung der Keramik erbrachte eine Datierung um 230 n. Chr.39 Sowohl die Größe der erhaltenen Glasfragmente als auch die
Qualität des Facettenschliffs lassen den Schluss zu, dass es sich hier mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht um eine zufällige Deponierung,
sondern möglicherweise um ein Bauopfer handelt40. Zwar wurden im gesamten Kanalbereich des Peristylumgangs, auch im Norden und
Osten, weitere Fragmente von Gefäßen mit Facetten- oder Schliffverzierungen gefunden (G 42-43, G 49-51, G 63-64), allerdings nicht
in derselben Größe und Häufung (Taf. 220.3-5).
Nahezu alle Facettenfragmente lassen sich der Form AR 60.1 - I 96b 1 zuordnen41: Schalen dieser Art sind in Ephesos insbesondere in
den Hanghäusern mehrfach belegt42. Einzelne Reihen kleiner, stehender Ovalfacetten im Schulterbereich wie sie die Schalen G 32-33
und G 43 zeigen, sind beispielsweise aus dem Schwarzmeergebiet43, dem Kleinasiatischen Raum44 und Ägypten45 bekannt; Schalen mit
stäbchenförmigen und kreisrunden Facetten wie G 50 und G 64 sind zudem auch in Pannonien zahlreich vertreten46.
Als besonders aufwändig geschliffenes Exemplar präsentiert sich die Schale G 34 (Taf. 220.1; 404): Gefäßbauch und -boden zeigen
jeweils schräg angeordnete Lanzett-Blätter, und dazwischen jeweils eine Reihe liegender Oval-Facetten. Ähnliche Schalen sind bei-
spielsweise aus Ägypten47 bekannt, aber auch aus Apulum48 oder Sardes49; ein nahezu identisches Stück ist in Dura Europos belegt50.
In den Verfüllungen des Kanals fand sich auch ein kleines Wandfragment (G 49) mit runden, ineinander eingeschriebenen Facetten, ähn-
lich wie sie auch die Schale G 227 zeigt, die in einer Zerstörungsschicht im Marmorsaal zutage kam (Taf. 224.3); ein weiteres Exemplar
ist bereits für die WE 2 belegt51.
Da es sich bei den in Ephesos erhaltenen Facettenschalen dieser Art fast immer um Fragmente von Einzelstücken handelt, die alle unter-
schiedliche Formen und Muster aufweisen, ist eine lokale Produktion mit einiger Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Ein Vergleich der
Stücke lässt darauf schließen, dass die Herkunft der meisten ephesischen Exemplare wohl am ehesten im syrischen Raum zu suchen ist52.
Ihre Datierung kann in die 1. H. des 3. Jhs. gesetzt werden.
5 ZERSTÖRUNG UND AUFGABE
Mehrere Glasobjekte wurden auf dem letzten Nutzungsniveau im Peristylhof 31a geborgen (Taf. 221.1-2), sie standen somit unmit-
telbar vor der Zerstörung der Wohneinheit im 3. V. 3. Jh. in Gebrauch53: Ein Ringstein aus bernsteinfarbenem Glas (G 66)54, ein Spiel-
stein aus weißem Glas (G 68)55 (Taf. 221.1), als besonderes Einzelstück zudem der reliefverzierte Boden einer Vierkantflasche (G 67)
(Taf. 221.2.); das Fragment besteht aus hellgrünem, formgeblasenem Glas und besitzt eine Seitenlänge von 7 cm. Die Bodenunterseite
zeigt in erhabenem Relief einen Kreisring, darin eingeschrieben, spiegelverkehrt und linksläufig, die Inschrift AXIAAEOC. In den Ecken
jeweils eine kleine, kreisrunde Nuppe, drei davon blieben erhalten.
Buchstaben und Inschriften auf Glasböden sind ab flavischer Zeit bekannt, häufiger jedoch im 2. und 3. Jh. belegt; meist handelt es sich
um einzelne Buchstaben und Abkürzungen, die Ortsangaben oder Handwerker bezeichnen56. Namen sind weit seltener zu finden, im
Nominativ bezeichnen sie den Glasmacher (Handwerker oder Hersteller), im Genetiv meist den Werkstattbesitzer57. So ist beispielsweise
ein syrischer Glasmacher Paulinos Antiocheus belegt58, oder in neronischer Zeit ein Chresimus auf Flaschen in Usk59.
In den Hanghäusern von Ephesos blieben mehrere Flaschenböden mit Namen erhalten, die meisten jedoch erst aus spätantiken Kontex-
ten60. Vergleichbare Exemplare mit Namen im Genetiv finden sich beispielsweise in der Sammlung Kocaba§: Mehrere Böden, darunter
auch ein steinernes Model, zeigen in ähnlicher Weise u. a. die Namen Lysimachos und Archestratos6i. Die Seitenlänge dieser Flaschen
39 s. Waldner, Kap. XV.2.4, BIV/2.
40 Vgl. Thür, Kap. IV; Waldner, Kap. XV.2.4.
41 Bei G 35 und G 51 dürfte es sich um Flaschen handeln.
42 s. Czurda-Ruth, Hl, Kap. 11; Schätzschock, WE 1, Kap. A.XII.3.2; Schätz-
schock, Glasschale, 305-308.
43 Vgl. Foy - Nenna, Productions, Abb. 182 (Olbia); Shepherd, Nicopolis, Nr. 12.
44 Lightfoot, Tigris, Abb. 1,15.
45 Harden, Karanis, Nr. 317. 322.
46 Barköczi, Pann. Glasfunde, Nr. 43; Barköczi, Geschliffene Gläser, Abb. 4,2.
10,5-6; Saranovic-Svetek, Pannonia Inferior, Taf. 1,4.
47 Harden, Karanis, Taf. 13 Nr. 180; Meyer, Quseir, Nr. 339.
48 Höpken - Fiedler, Apulum, Abb. 3,5.
49 Saldern, Sardis, Taf. 20,69.
50 Clairmont, Dura-Europos, Nr. 277.
51 s. Schätzschock, WE 1, Kap. A.XII.3.2; Schätzschock, WE 2, B-G 52.
52 Vgl. auch Schätzschock, Glasschale, 305-308.
53 s. Ladstätter, Kap. XV.2.5.
54 Vgl. z. B. Gill, Amorium, Nr. 576-577; Schätzschock, WE 3, A-G 118.
55 Vgl. Schätzschock, WE 1, Kap. A.XII.4.4.
56 s. Schätzschock, WE 1, Kap. A.XII.2.6.1.
57 Vgl. Rottloff, Vierkantkrüge, 42-47.
58 Barag, Glassmaking, 109-111 Abb. 1-3.
59 Price, Usk, Abb. 14; weitere Beispiele: vgl. G. Lehrer Jacobson, Greek names on
prismatic jugs, JGS 34, 1992, 35-43.
60 Czurda-Ruth, Ephesos, 138 Abb. 7, 87-90; Czurda-Ruth, Hanghaus 1, 209 f.
Nr. 939-940.
61 Kocaba§, Collection, Nr. 90 Abb. 40, Nr. 92 Abb. 42, Nr. 96 Abb. 45.
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