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Adenstedt, Ingrid; Thür, Hilke [Hrsg.]; Rathmayr, Elisabeth [Hrsg.]; Kanitz, Ernst [Hrsg.]
Hanghaus 2 in Ephesos, die Wohneinheit 6: Baubefund, Ausstattung, Funde (Band 8,9: Textband 2): Textband 2 — Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.46291#0389
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XXII Restaurierung im Maarmorsaal 31

3 VORGEHENSWEISE BEI DER RESTAURIERUNG
Bei den bisherigen Restaurierungen wurde in drei Schritten vorgegangen, die kurz vorgestellt werden:
3.1 Reinigung der Marmorplattenfragmente sowie Kategorisierung nach Marmorarten
Für die Katalogisierung und das spätere Zusammenkleben wurden in einem ersten Schritt die seit 30 Jahren in Kisten liegenden Marmor-
fragmente von Staub und Mörtelresten gereinigt. Daraufhin konnten Fragmente aus insgesamt 800 Fundkisten aussortiert und gereinigt
werden, um sie nach Farben und Arten des Gesteins zu kategorisieren. Dabei wurde die erste, bereits bei den Ausgrabungen erfolgte
Bestimmung übernommen, bei der die Gruppierungen anhand der Fundorte vorgenommen worden waren. Das Ziel der neuerlichen Kate-
gorisierung war die Gesamtzahl der vorkommenden Marmorgattungen herauszufinden und diese für die Puzzle arbeiten vorzubereiten.
Dabei wurden die Fragmente zunächst mit Wasser und Bürsten von grobem Schmutz befreit, dann hartnäckige Mörtelreste mit Skalpell
und Spachtel beseitigt. Diese Arbeiten dauerten mit acht Mitarbeitern vier Monate. Im Zuge der Arbeiten wurden 80 Kisten (ca. 40.000
Stücke) als zu opus sectile-Feldern gehörend, 620 Kisten (ca. 65.000-70.000 Stücke) zur zweiten Zone gehörend, 10.000 zur ersten Zone
gehörende Marmorfragmente festgestellt und gruppiert. Der Gesamtbestand des im 3. Viertel des 3. Jhs. n. Chr. durch Erdbeben zerstör-
ten Saals beläuft sich auf 120.000 Fragmente seiner Marmorverkleidung (Taf. 429.1-2).
3.2 Zusammensuchen der Marmorplatten aus den vorliegenden (erhaltenen) Marmorfragmenten
Während der dreijährigen Puzzlearbeiten wurden insgesamt 17 unterschiedliche Marmorarten identifiziert. Zunächst wurden die zur
Sockelzone gehörenden “Cipollino verde”-Fragmente sowie die Fragmente für die direkt darüber liegende Sockelabschlusszone heraus-
gesucht. Darüber hinaus wurden die “Rosso antico”-Marmorfragmente für die Rahmen der opus sectile-Felder zusammengesucht. Im
März 2010 wurde die Suche nach weiteren Fragmenten der opus seetile-Felder fortgesetzt. Jedes dieser Felder hatte eine andere Kompo-
sition, in der Mitte gab es immer quadratische, rechteckige oder runde Platten. Es wurde versucht, diese zentralen Platten zusammenzu-
suchen, damit die Gesamtzahl der opus sectile-Felder bestimmt werden kann. Bei den bis März 2010 durchgeführten Arbeiten konnten
insgesamt 9 zentrale Platten zusammengestellt werden. Jedoch zeigte sich bei diesen Arbeiten auch, dass gleich mehrere Stücke, darunter
auch größere Teile, der opus sectile-Felder verlorengegangen waren.
Mit dem Zusammensuchen der Pavonazzetto-Platten, die zur Pilasterzone gehören, wurde im Mai 2010 begonnen. Parallel dazu wurden
die 8 Pilaster zusammengestellt. Der Ausgrabungsdokumentation zufolge gab es zwei opus sectile-Felder mit figürlichen Darstellungen:
ein Löwenfell und darüber eine Keule, um die sich eine Schlange windet sowie ein Kantharos. Eines davon ist sehr gut erhalten, und
war bereits vor diesem Projekt restauriert worden. Die Fragmente des anderen Feldes wurden erst bei den neuen Arbeiten gefunden,
wobei auch hier festzustellen war, dass viele Fragmente fehlen. Die Farbunterschiede der Marmorfragmente waren beim Puzzeln äußerst
hilfreich. Dagegen erschwerten die teilweise verbrannten Marmorfragmente die Arbeiten. Außerdem sind die Schnitte vieler Stücke
handgearbeitet und dadurch unregelmäßig, was das Zusammensetzen erschwerte. Deswegen erwies sich die Gruppierung der Fragmente
nach ihrer Stärke als nicht sehr hilfreich (Taf. 429.3-4).
3.3 Zusammenkleben der Marmorfragmente und Anbringung der fertigen Platten an der Wand
Nach der detaillierten Untersuchung der restaurierten Marmorplatten wurde festgestellt, dass diese unterschiedlich stark sind. An den,
von einem Marmorblock abgeschnittenen Marmorplatten sind die Sägespuren noch deutlich zu erkennen. Bei den modernen Restaurie-
rungsarbeiten wurde wie in der Antike das Wiederversetzen der Platten an den Wänden von unten begonnen. Für die Versatzarbeiten
wurden in der Antike gleichzeitig, parallel zu den Kanten der Platten an den Wänden, die im Saal größtenteils aus Bruchsteinen und nur
an der W-Seite zur Hälfte aus Ziegelmauerwerk bestehen, Dübellöcher gebohrt. In diesen Löchern wurden je nach Gegebenheiten Eisen
oder Bronzeklammern eingefügt und mit Blei befestigt. Parallel dazu wurden an den Rändern der Marmorplatten mit Bohrern Löcher
gebohrt, und die Platten dann an die Eisen- oder Bronzedübel der Wand angehängt. Anschließend wurde mit Hilfe von Kalkmörtel der
Zwischenraum zwischen Wand und Platten gefüllt. Nach der Untersuchung der Dübeltechnik stellte sich heraus, dass sich an jeder Platte,
an jeweils zwei Seiten, 2 bis 4 Dübellöcher, die nicht symmetrisch angebracht sind, befinden. In manchen Fällen hat ein Dübel an der
Platte kein Gegenstück, also kein Dübelloch an der Wand, in anderen Fällen gibt es wiederum an den Marmorplatten Dübellöcher, die
nicht benutzt wurden. Anzumerken ist, dass die Befestigungen an der Wand nicht stark genug waren, um die Erschütterungen eines Erd-
bebens zu überdauern. Die Cipollino-Platten der ersten Zone hatten ein Gewicht von ca. 70 bis 100 kg, die der zweiten Zone ca. 140 bis
160 kg. Die Anaylse des antiken Kalkmörtels zwischen Wand und Platten ergab, dass dieser auch nicht sonderlich stabil war. Dem Mörtel
waren unter anderem Freskenfragmente, tesserae und Scherben beigemischt. Dies lässt den Schluss zu, dass der Kalkmörtel nicht zum
Befestigen, sondern eher zum Auffüllen benutzt wurde. Einzelne Scherben im Mörtel konnten ins 2. Jh. v. Chr. datiert werden.

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